Retro der Woche 02/2014

Im Laufe des Dezembers sind die (vorläufigen) Ergebnisse der acht Rubriken des 3. FIDE World Cup (analog zu denen der FIDE-Alben) veröffentlicht worden; sie können z.B. von der WFCC-Seite herunter geladen werden.

Selbstverständlich interessiert hier am meisten der Retro-Bericht, den Silvio Baier sehr kompetent erstellt hat. Ich möchte heute die zweit-platzierte Aufgabe vorstellen – es ist einfach mal wieder ein klassisches Retro an der Reihe, aber auf die erstplatzierte Beweispartie werde ich auch noch zurückkommen.

Andrej Frolkin
3. FIDE World Cup 2013, 2. Preis
Ergänze auf e8 und löse auf. Minimale Anzahl Züge seit dem letzten Zug des sK? (10+14)

 

Ich folge bei der Lösungsbesprechung der von Silvio, die ich im Wesentlichen nur ins Deutsche übersetzt habe.

Geht man nur nach den direkt sichtbaren Schlagfällen, könnte auf e8 sowohl ein weißer als auch ein schwarzer Stein eingefügt werden, aber bei Schwarz fehlen nur ein Bauer und [sLc8]; letzterer kann im letzten Zug Tc6:c7+ nicht geschlagen worden sein, aber auch nicht auf e8 stehen, deshalb muss auf e8 ein weißer (umgewandelter) Läufer oder ein Springer eingesetzt werden; wT und wD scheiden wegen Doppelschachs aus.

Wäre der letzte Zug Tc6:Bc7+ gewesen, dann hätten wir die schwarzen Schläge a:b, b:c, e7:d6 und h:g; [wBe2] und [wBf2] hätten, da nicht anders schlagbar (wLc1 wurde zu Hause geschlagen, auf e8 steht noch ein weißes Stein!) auf e8 umwandeln müssen, [wBh2] schlagfrei auf h8. Der Nordwest-Käfig kann nur mittels e7:d6 aufgelöst werden – dies erst nach den beiden Entwandlungen auf e8. Bis dahin aber ist Schwarz retropatt.

Also wurde ein Offizier auf c7 geschlagen.

Damit haben wir folgende Bauernschläge durch Schwarz: a:b, b:a2/c2 mit Umwandlung, e7:d6 und h:g; die andere Möglichkeit a:b, b:c, c7:d6, h:g mit [sBe7] wandelt auf e1 um funktioniert nicht, da nun für Weiß zu wenige Schlagobjekte übrig bleiben.

Setzten wir einen wL auf e8 ein, würde wiederum das weiße Spiel zu lange dauern, bis e7:d6 zurück genommen werden könnte, also müssen wir wSe8 einsetzen, der eine alternative Auflösung erlaubt:
 

Zurück 1.Tc6:Sc7+ Se6-c7 2.Sc7-e8+ Sf4-e6 3.h7-h8=S Sd3-f4 4.h6-h7 Sc1-d3 5.h5-h6 Sd3-c1 6.Kf8-e7 Sc1-d3 7.a2-a3 c2-c1=S 8.Ta3-a4 b3:Sc2 9.Sd4-c2 a4:Sb3! 10.Se6-d4 g3-g2 11.Sg7-e6 g4-g3 12.Se8-g7 g5-g4 13.e7-e8=S h6:Bg5 14.e6-e7 h7-h6 15.f5:Le6 L~-e6 … 19.Se8-g7 L~ 20.e7-e8=S L~ 21.e6-e7 e7:Dd6 22.D~-d6 Kd8-c8 23.Sd6-b7+ — mindestens also 43 Halbzüge seit dem letzten Zug des sK.
 

Es geht übrigens nicht 9.– a4:Db3? 10.Se6-d4 g3-g2 11.Sd8-e6 g4-g3 12.De6-b3 g5-g4 13.De8-e6 h6:Bg5 14.e7-e8=D h7-h6 15.e6-e7 mit Retropatt für Schwarz.

Silvio schreibt weiter:
„Der ergänzte Springer auf e8 ist in Anti-Pronkin-Stein (Originalstein auf dem Umwandlungsfeld eines geschlagenen Umwandlungssteins gleicher Art); vorher sind die beiden auf e8 umgewandelten Springer geschlagen worden. Weiterhin gibt es einen Ceriani-Frolkun-Springer bei Schwarz und eine weiter Springer-Umwandlung auf h8. Dies ist ein außergewöhnlicher Inhalt für ein klassisches Retro und verdient daher eine sehr hohe Platzierung. Die Verführung 9.– a4:Db3, die zum Retropatt führt, ist eine hübsche Zugabe. Die Zusatzfrage betrachte ich nicht als relevant, aber dies ist ohne Einfluss auf die Platzierung.“

Stimmt: retroanalytisch ist die Frage völlig ohne Bedeutung, aber sie verdeutlicht genau die endgültige Auflösung des Retroknotens im Nordwesten. Auch für mich eine klasse Aufgabe, die mir beim Studieren viel Spaß bereitet hat!

2 thoughts on “Retro der Woche 02/2014

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