Am 23. November letzten Jahres ist wenige Tage nach seinem 52. Geburtstag der amerikanische Problemist Dan Meinking plötzlich verstorben.
Dan war einer der Mitbegründer und ersten Mitarbeiter von StrateGems und ein bedeutender Komponist auf beinahe allen Feldern des Problemschachs; unter anderem hat er erst kürzlich den Paradenserienzüger erfunden, siehe dazu den Übrsichtsartikel von Arno Tüngler in feenschach Heft 181.
Der Nachruf von Mike Prcic im Januar-März Heft 2013 von StrateGems enthält eine Auswahl von 24 Problemen — und den Hinweis auf eine Zusammenstellung seiner besten Aufgaben im Internet, die ich euch wärmstens ans Herz lege.
Darin finden sich auch 17 Beweispartien; die kürzeste davon möchte ich heute vorstellen.
Donati-50 Jubiläumsturnier 2002, ehrende Erwähnung
Beweispartie in 9,5 Zügen (14+15) C+
Dem Schwarzen fehlt aus der Partieanfangsstellung nur der c-Bauer, den Weiß irgendwie geschlagen haben muss. Unter Berücksichtigung der Rochade benötigt Weiß bereits neun Züge, um seine Steine auf die Diagrammposition zu bringen; die beiden fehlenden weißen Steine, nämlich der B-Bauer und die Dame, können also zusammen maximal einmal gezogen haben.
Damit ist auch klar, dass der b-Bauer zu Hause geschlagen wurde und die Dame sich aktiv auf a1 oder c1 opfern musste, dass also der fehlende schwarze Bauer umwandeln musste, bevor er sterben durfte. Warum scheidet a1 als mögliches Opferfeld aus?
Daraus folgt direkt, dass c4 erst nach dem schwarzen c3xb2 erfolgen kann, und auch der Weg des weißen Springers ist damit fest vorgegeben. Nun bleibt “nur noch” das Problem, den umgewandelten schwarzen Bauern auch noch nebenbei beseitigen zu müssen — und dies genau macht den Clou der Aufgabe aus.
Hier gibt es eine weitere Lösehilfe, die bei Thematurnieren häufig angewendet werden kann: Irgendwie muss die Aufgabe ja auch “thematisch” sein — und das Thema dieses Geburtstagsturniers lautete “Ein Umwandlungsstein verlässt das Umwandlungsfeld und kehrt dorthin zurück.”
Nun bekommt man vielleicht den zündenden Gedanken, was passiert — schließlich darf der Umwandlungsstein die noch folgenden weißen Züge nicht stören.
Und das führt dann zu der tollen Zugfolge 1.d4 c5 2.Sd2 c4 3.Sb3 c3 4.Ld2 cxb2 5.Dc1 bxc1=L 6.c4 La3 7.Lc3 Ld6 8.OOO Lf4+ 9.Kb2 Lc1+ 10.Sxc1. Schwarz vollführt nach der Umwandlung einen schlagfreien Rundlauf, um dann auf seinem Anfangs- und Zielfeld geschlagen zu werden — und das in toller Zeitökonomie!
Nun müssen wir noch nachtragen, weswegen das “nach Hashimoto” angegeben ist. Spielt dazu einfach mal folgende Partie nach (Satoshi Hashimoto, Problemesis 2000, Beweispartie in 11,5 Zügen): 1.Sc3 d5 2.Se4 d4 3.c3 d3 4.Dc2 dxc2 5.d4 g5 6.Ld2 c1=L 7.b3 La3 8.h4 Ld6 9.OOO Lf4 10.Kb2 e5 11.Le1 Lc1+ 12.Txc1.
Das gleiche Thema also wie in Dans Aufgabe, selbst der Rundlauf ist identisch, aber halt mit den zwei unthematischen Stopfzügen g5 und e5. Und damit ist aus meiner Sicht auch die hohe Auszeichnung von Dans Aufgabe gerechtfertigt — was meint ihr?
Danke für eure ausführlichen Kommentare, Thomas und Mario!
Obwohl ich auch hier einmal mehr nicht durchkam mit dem Lösen (mildernder Umstand: Der Zusammenhang, d.h. das Thema, war mir nicht bekannt; ich hatte nur die “nackte” Stellung…), finde ich diese Aufgabe echt toll, u.a. auch deswegen, weil die Zügeanzahl relativ kurz und das Ganze deshalb leichter überblickbar ist. Als besonders eindrücklich erlebe ich die GRÖSSE des Rundlaufs des sUWL!
Ein paar Anmerkungen:
1. Das Thema “Ein Umwandlungsstein verlässt das Umwandlungsfeld und kehrt dorthin zurück.” hat – einer teilweise etwas unpraktischen Tradition folgend – den Namen “Donati-Thema” bekommen.
2. Nicht nur das Thema der BP, sondern auch das C+-Label ist natürlich eine Lösehilfe: es erlaubt einen Lösestil, den man als “C+-induziertes Lösen” bezeichnen könnte. Hier könnte sich Thomas also nach Finden der AL beruhigt zurücklehnen und bräuchte sich keine Gedanken über meine Anmerkung 3 machen …
3. Im Sinne der Vollständigkeit muß Thomas’ Aussage “klar, dass … die Dame sich aktiv auf a1 oder c1 opfern musste, dass also der fehlende schwarze Bauer umwandeln musste” etwas korrigiert und präzisiert werden:
Man kann leicht feststellen, daß die wD ziehen mußte, aber wo sie geschlagen wurde, ist zunächst nicht klar und erschließt sich erst bei näherer Betrachtung.
Hier muß man konkret die Alternative: “wD wurde auf d2 oder d3 geschlagen, der sBc7 zog nur bis b2 und wurde dort vom wLc1 geschlagen (oder sBc7 schlug auf d2 die wD und wurde dort vom wL geschlagen)” zumindest betrachten, um sie als NL-Kandidat auschließen zu können. Man wird dann finden, daß dies genau nur einen schwarzen Einzelzug zu lange dauert, z.B.
1.d4 c5 2.Sd2 c4 3.Sb3 c3 4.Dd2 cxb2 5.Lxb2 Sf6 6.0-0-0 Se4 7.c4 Sxd2 8.Lc3 Se4 9.Kb2 Sf6 10.Sc1 Sg8.
4. Last but not least: Ja, Dans Version ist klar die ästhetisch ansprechendere und eine klare Verbesserung gegenüber dem Hashimoto-Stück, die Auszeichnung ist m.E. also o.k.