Schon lange, bevor ich die Schwalbe-Sachbearbeitung für Retros übernommen hatte, habe ich dort immer wieder intensiv hingeschaut – besonders intensiv im Jahr 2002, da ich dort die Urdrucke richten durfte.
Eine der Aufgaben möchte ich euch heute vorstellen; sie hat für mich nicht unerwartet den Sprung ins FIDE-Album geschafft, und ich finde sie auch heute noch faszinierend.
11587 Die Schwalbe 2002, 2. Preis
Beweispartie in 23 Zügen (14+16)
Dass die schwarzen Läufer so auffällig auf dem Brett stehen, ist kein Zufall: sie bilden die Hauptfiguren dieser Beweispartie.
Die beiden [wLc1] und [sLf8] kommen, so sollte man meinen, leicht aneinander vorbei: sLf8-g7-a1, dann wLc1-b2-g7-f8, und ähnlich kann sich auch die weiße Dame auf ihr Zielfeld schleichen. Aber ihr vermutet es sicherlich schon: Soo leicht ist die Sache nun auch nicht!
Und auch der [sLc8] scheint ja sehr einfach nach h1 gekommen zu sein: Irgendwann ist er auf die lange Diagonale marschiert, nachdem der weiße König g2 und f3 bereits wieder verlassen hatte?! Aber soo leicht ist auch diese Sache nicht!
Wenn man nämlich einmal die erforderlichen weißen Züge nachzählt, stellt man schnell fest, dass alle 23 weißen Züge im Diagramm sichtbar sind. Das heißt auch, dass die beiden fehlenden Bauern auf b2 und g2 zu Hause geschlagen worden sind.
Das wiederum macht die oben skizzierten Wege etwa von [wLc1] und [wDd1] nicht ganz so einfach, denn die Dame muss über a1 gezogen haben. Habt ihr nun schon eine Vermutung, was [sLf8] also gemacht haben könnte, um das zu ermöglichen?
Und auch auf der anderen Seite ist das nicht so einfach, wie es im ersten Moment ausschaut – und dann stellt sich heraus, dass es „ähnlich“ funktioniert wie auf der langen schwarzen Diagonale.
Nun solltet ihr aber die Details –- und damit den Knüller der Aufgabe selbst herausfinden…
1.a4 g6 2.Ta3 Lg7 3.Tf3 Lxb2 4.Sa3 La1 5.Lb2 h5 6.Lg7 Th6 7.Lf8 Lh8 8.Da1 b5 9.Dg7 Lb7 10.Dh7 La1 11.Tf6 Lxg2 12.Sf3 Sa6 13.Tg1 Lh1 14.Lh3 Db8 15.Lf5 Db6 16.h3 OOO 17.Sh2 La8 18.Kf1 Kb7 19.Kg2 Sc5 20.Kf3 Ka6+ 21.Ke3 Lh1 22.Tg3 Ta8 23.Tf3 Sb7+.
Ich habe damals im Preisbericht geschrieben:
Faszinierende Läufermanöver auf den langen Diagonalen mit optimalen, weil maximalen Pendeln – und für mich die beste, überzeugendste Beweispartie des Jahrgangs, vielleicht gerade weil diese Aufgabe nicht dem aktuellen Mainstream der Umwandlungen folgt!? Völlig verblüffend, wenn man sich die Diagrammstellung anschaut, sind vor allen Dingen die Pendelbewegungen des Läufers auf h1 zum Schachschutz: Großartig!
Und wenn man dann noch auf weitere Feinheiten achtet, sieht man etwa die Rückkehr des [sTa8] nach der Rochade auf sein Ursprungsfeld: Dass das gerade „zufällig“ auch ein Eckfeld ist wie die beiden Felder der schwarzen Läufer, passt sehr gut zum Rest des Geschehens.
Nun ja, das ist wirklich maximal und mit den von TB ja schon gerühmten langen Läuferzügen (könnte man sie vielleicht als “schwalbenartig” bezeichnen?) sehr elegant und schön, insbesondere weil diese im “Doppelpack” auftreten!