Diese Woche gehen herzliche Glückwünsche nach Mülheim an der Ruhr: Dort feiert am heutigen Sonntag Bernd Gräfrath Geburtstag. Alles Gute für dein neues Lebensjahr wünsche ich dir auch im Namen aller Leser des Retroblogs!
Bernd ist (problem)schachlich breit interessiert und engagiert: Viele kennen seine schachgeschichtlichen und schachphilosophischen (da trifft sich Beruf und Hobby!) Artikel, die er in letzter Zeit beispielsweise in feenschach veröffentlicht hat, er ist ein ausgezeichneter Literaturkenner und natürlich, deshalb beschäftige ich mich hier mit ihm, ein hervorragender Retro-Spezialist.
Viele kennen sicher seine Rubrik in The Problemist, wo er in jeder Ausgabe drei Retros vorstellt und diskutiert – für jeden Retrofreund ein MUSS und ein Genuss. In diesem Jahr ist er Preisrichter für die Retro-Urdrucke der Schwalbe und seit 2010 Internationaler Preisrichter der FIDE für Retros.
Sein kompositorisches Spezialgebiet sind Beweispartien mit Märchenbedingungen, die die Realisierung von Themen ermöglichen, die orthodox nicht darstellbar sind; ein Beispiel habe ich herausgesucht.
Die Schwalbe 2008, Günter Lauinger gewidmet
Beweispartie in 8 Zügen, Schlagschach (10+12)
Beim Schlagschach (die genauen Regeln finden sich hier im Blog-Lexikon) muss bekanntlich ein möglicher Schlag immer ausgeführt werden; Könige verlieren ihre königliche Eigenschaft und dürfen geschlagen und erwandelt werden.
Gewöhnlich finde ich Schlagschach-Beweispartien recht schwer zu lösen: gerade wegen der häufig vielen Schläge, die natürlich leicht Spuren auf dem Brett verwischen. Diese Aufgabe erscheint mir aber recht leicht zu sein.
Bei Weiß fehlen sechs Steine, die in den acht Zügen geschlagen worden sein müssen. Als Täterin kommt nur die schwarze Dame in Frage, die dann ab dem dritten Zug sich durch das weiße Lager gefressen haben muss – und dann auch auf h8 noch geschlagen hat, nämlich im Endeffekt den ebenfalls fehlenden [wBh2].
Der wiederum hat dann im Nordosten aktiv aufgeräumt: Schwarz hat keine anderen Züge mehr übrig.
Mit diesen Überlegungen ist auch klar, dass die schwarze Dame nach 2.– Db6 im dritten Zug auf f2 und nicht auf b2 geschlagen hat: Nur so kann sie in ihrem achten Zug, dann von g2 aus, nach h8 gelangen.
Nun zum weißen Helden [wBh2]: Da Schwarz keine Züge übrig hat, muss er allein den Nordosten leergeräumt haben: nach 4.hxg7 und 5.gxh8=X muss diese Figur nun noch h7 und g8 geschlagen haben – und dann schlagfrei nach h8 zurückgekehrt sein, um dort geschlagen zu werden.
Damit wissen wir schon, dass hier das Donati-50 Thema realisiert ist (ein Umwandlungsstein kehrt auf sein Umwandlungsfeld zurück), und der Themastein wird dann auch noch geschlagen, Wir wissen nur noch nicht, welcher Art der Themastein ist.
Eine weiße Dame kann es nicht gewesen sein: Sie hätte, egal, ob sie nach ihrem 7. Zug auf g8 oder h7 gestanden hätte, schlagen müssen, hätte also nicht nach h8 ziehen dürfen. Andere Offiziere kommen wegen der erforderlichen Wege nicht in Frage, also muss X der König gewesen sein! Das ist natürlich orthodox keinesfalls darstellbar.
Die letzte Feinheit ist die Schlagreihenfolge im 6. und 7. weißen Zug: Zuerst muss auf g8, erst dann auf h7 geschlagen werden: Anderenfalls wäre 8.Kh8 illegal gewesen; er hätte auf f8 oder f7 schlagen müssen.
Damit steht die Lösung fest:
1.h4 c6 2.h5 Db6 3.h6 Dxf2 4.hxg7 Dxe1 5.gxh8=K Dxd1 6.Kxg8 Dxc1 7.Kxh7 Dxb2 8.Kh8 Dxh8.
An Bernd
Danke für dieses nette Stück
und zum Geburtstag recht viel Glück!