Schwalbe und Problemist

Heute hat sich bei mir der Blick in den Briefkasten mal wieder gelohnt: Keine Rechnung, dafür das August-Heft der Schwalbe und das Septemberheft des Problemist.

Jede Menge Lesestoff, auch wenn dieses Mal die Schwalbe keinen eigenen Retro-Artikel enthält (zwei Preisberichte liegen schon wieder vor und auch noch ein größerer Artikel). aber so habt ihr vielleicht ein wenig mehr Zeit zum lösen und kommentieren? Das wäre klasse!

Und wenn ihr mir, also der Schwalbe, auch noch den einen oder anderen guten Urdruck schickt, ist das noch besser: In meiner Mappe herrscht nämlich zur Zeit ein wenig Ebbe…

Nachtrag:
Silvio Baier machte mich darauf aufmerksam, dass ich vergessen hatte, auf das in der Schwalbe ausgeschriebene Konstruktionsturnier (gleichzeitig 213. Thematurnier der Schwalbe) Matt durch einen Stein/eine Steinart, ausgeschrieben von Silvio Baier und Bernd Schwarzkopf, hinzuweisen.

Konstruiere eine orthodoxe, legale Stellung, in der Weiß (am Zug) nur Mattzüge hat. Alle werden von A) demselben Stein, B) derselben Steinart ausgeführt. Der weiße König steht in der Diagrammstellung nicht im Schach. Umwandlungsfiguren sind a) nicht zulässig, b) zulässig. In jeder Untergruppe (Aa, Ab, Ba, Bb) wird je eine möglichst ökonomische Stelltung zu K, D, T, L, S, B gesucht. Bauernumwandlungen sind erlaubt, jede Umwandlung zählt.

Einsendungen bis zum 28. Februar 2014 möglichst per Mail an Silvio Baier (hilfsmatts(at)dieschwalbe.de); weitere Details finden sich im Artikel im Augustheft der Schwalbe, Seite 180f.

Retro der Woche 36/2013

Bei “Vorwärts-Aufgaben” wird oft großer Wert auf einen Schlüsselzug gelegt, der möglichst versteckt ist: Klar, bei einem Zweizüger bleiben nicht viele weitere Möglichkeiten, dem Löser Schwierigkeiten zu bereiten (“Probleme zu schaffen”) bei seinem Versuch, sich selbst die Aufgabe zu erschließen.

Anders schaut dies häufig bei Retros aus: Bei Auflöse-Aufgaben ist ein offensichtlicher letzter Zug nicht unbedingt ein Makel, sondern häufig als technisches Mittel erforderlich, um die Partei zu definieren, die in der Stellung am Zug ist. Die Schwierigkeit und auch der eigentliche Inhalt der Aufgabe ergibt sich halt nicht aus der ersten Zugrücknahme, sondern aus der weiteren Auflösung.

So auch bei dem Stück, das ich euch heute vorstellen möchte: Der letzte Zug ist sehr leicht, quasi sofort zu sehen, aber das ist nicht schlimm.

Michel Caillaud
Die Schwalbe 2006, 2. Preis (Werner Keym gewidmet)
Löse die Stellung auf (16+7)

 

Dass Schwarz zuletzt gezogen hat, ist durch das Schach gegen den weißen König offensichtlich, das Schachgebot ist nur durch 1.– Lc3-h8+ zu erklären. Dabei kann der Läufer auf h8 nicht geschlagen haben, da Weiß noch über all seine 16 Steine verfügt.

Wenn wir diesen Zug zurücknehmen, sehen wir allerdings schnell, dass Schwarz nun über keine Retrozüge mehr verfügt, Weiß muss also Schwarz Züge ermöglichen, um das drohende  Retropatt des Schwarzen zu vermeiden, erst dann kann er sich konkrete Gedanken um die Auflösung des Käfigs im Süden machen.

Zur Auflösung muss Weiß den fehlenden schwarzen Springer auf b2 entschlagen, damit der auf d1 Schachschutz geben kann für die Rücknahme von De1-e2.
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Elsässisches Circe

Vor in paar Tagen begann im Forum von MatPlus.net eine Diskussion über Elsässisches Circe. Diese Bedingung ist ziemlich genau ein Drittel Jahrhundert alt; sie wurde von Jean Zeller (er stammte aus dem Elsaß, daher auf Vorschlag von Michel Caillaud der Name der Bedingung) in 49 feenschach Januar-März 1980 (S.298-303) eingeführt.

Die Regel ist eigentlich ganz einfach, hat aber dann gelegentlich verblüffende Konsequenzen:

Nach jedem Circe-Zug muss die Stellung unter orthodoxen Gesichtspunkten legal bleiben. Auch muss das Diagramm selbst sowohl nach den Circe- als auch nach den orthodoxen Regeln legal sein.

Mit anderen Worten: Zur Diagrammstellung und nach jedem Zug muss es eine orthodoxe und eine circensische Beweispartie (die natürlich nicht eindeutig sein muss) geben, die zu dieser Stellung führt.

Das ist also eine Märchenbedingung, die für uns Retro-Freunde sehr interessant ist — und ich bin mir sicher, auf diesem Gebiet sind noch sehr viele interessante Sachen möglich!

Ein kleines und einfaches Beispiel aus dem oben zitierten Artikel möchte ich hier vorstellen:

Jean Zeller
feenschach 1980
Hilfsmatt in 3 Zügen, Elsässisches Circe (7+3)

Die Stellung ist orthodox legal (wLa6 ist ein Umwandlungsläufer), und es gibt auch keine Zweifel an der circensischen Legalität der Stellung. Wäre die sDh1 ein Turm, löste sich die Aufgabe auch ohne Circe in zwei Zügen (1.Th8 Ta1 2.Tb8 Lc8#), aber die schwarze Dame ist ein denkbar schlechter Block.

Aber irgendwie muss ja die neue Bedingung zum Tragen kommen — und dann finden wir ein Mattbild mit schwarzen Blocks auf a7 und b8 und Lb7#, wenn denn das Schlagen des Läufers aus irgendwelchen Gründen nicht möglich wäre. Das kann natürlich nur elsässisch begründet werden, und dann ergibt sich die Lösung

1.Dh2 f3 2.La7 Tf2! 3.Db8 Lb7#, denn nun entstünde nach einem Schlag des Läufers und dessen circensischer Wiedergeburt auf f1 eine illegale Stellung, da der wTf2 niemals orthodox in diesen Käfig hätte gelangen können — also Matt.

Übrigens lässt sich die elsässiche Bedingung auch mit anderen Bedingungen (z.B. Madrasi, Anticirce, etc.) verknüpfen, und da lassen sich bestimmt noch interessante Sachen entdecken!

Nachtrag 31.8.13:
Beim Blick in WinChloe fand ich die Nebenlösung 1.Lxf2 Ld3 2.La7 Tf7 3.Lb8 Le4# — ganz ohne Circe, von “elsässisch” ganz zu schweigen… Das lässt sich natürlich leicht reparieren, z.B. +wBf5 oder +sBe7.

Retro der Woche 35/2013

Nicht so ganz einfach zu lösen erscheint mir die heutige Beweispartie. Warum? Weil sie sehr gut offensichtliche Löse-Hinweise zu verbergen mag. Und so ganz kurz ist sie auch nicht, was vielleicht subjektiv die Hemmschwelle noch einmal erhöht.

Aber einen gründlichen Blick verdient diese Aufgabe des finnischen Komponisten Unto Heinonen, der sich nicht nur auf Retros beschränkt, sondern auch ein bekannter und erfolgreicher Märchenschach- und Hilfsmattkomponist ist.

Unto Heinonen
P0341 StrateGems 2012
Beweispartie in 28 Zügen (13+14)

 

Zählen wir die offensichtlichen Schlagfälle, nämlich solche, die eindeutig und sichtbar von Bauern durchgeführt worden sind, kommen wir auf zwei schwarze (dxe und gxh) und einen weißen (dxe3). Bei beiden Seiten bleibt also noch ein Schlag offen.

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113

Heute gehen herzliche Glückwünsche zum 113. Geburtstag an bernd ellinghoven und Hans Gruber. Nein, natürlich wird nicht jeder von ihnen 113, aber zusammen schaffen sie es. Und da bernd genau sieben Jahre älter ist als Hans, könnt ihr euch ja ausrechnen, wer von beiden welchen runden Geburtstag feiert…

Beide sind ja bekanntlich nicht nur hoch geschätzte Retro-Experten, sondern problemschachlich breit interessiert und engagiert. So hat bernd als einer der entscheidenden Protagonisten die “Hilfsmatt-Revolution” eingeleitet und Hans kürzlich in der Schwalbe die Dreizüger-Sachbearbeitung übernommen. Darüber hinaus sind beide ja auch im Vorstand der Vereinigung engagiert.

Und ohne beide wären weder feenschach noch viele andere problemschachliche Aktivitäten und Veröffentlichungen vorstellbar!

Zur Feier des Tages habe ich eine sehr elegante Kleinigkeit herausgesucht, die beide zusammen komponiert haben.

bernd ellinghoven & Hans Gruber
Phenix 1991, 1. Preis
Hilfsmatt in 4 Zügen (2+3)

Stünde der sK auf h3 und würde der sBh2 nicht g1 decken, wäre es bereits Matt. Damit haben wir eigentlich schon die schwarzen Züge — und Weiß muss vier Züge lang eigentlich gar nichts tun, außer den sK durchzulassen. Das führt dann zu eleganten Dualvermeidungen bei Weiß:

1.h1=T Ke3 (Ke2??) 2. Kg4 Se2 (Sf3??) 3. Kh3 Kf3 4. Th2 Sg1#.

Euch beiden alles Gute für die neuen Lebensjahre und heute schönes Feiern!

FIDE Album Index

Habt ihr schon einmal versucht, die Aufgaben eines Autors in den FIDE-Alben zu suchen?Da wäre doch eine Zusammenstellung über sämtliche Alben ganz hilfreich…

Die gibt es nun in einer übersichtlichen Form, die Hannu Harkola veröffentlicht hat: Der FIDE Album Index 2006 enthält eine Übersicht über alle 21.457 Aufgaben, die bis einschließlich 2006 veröffentlicht worden sind, sortiert nach den mehr als 2.100 Komponisten.

Sehr nützlich, finde ich! Die 175 Seiten starke Broschüre im DIN A5 Format kann als pdf-Datei von der Website der WFCC herunter geladen werden.

Retro der Woche 34/2013

Das ukrainisch-spanische Tandem Frolkin und Crusats hat in den letzten Jahren häufig und fruchtbar bei der Komposition klassischer Retros zusammengearbeitet. Eines der jüngsten Ergebnisse wurde im letzten feenschach-Heft des Jahres 2012 veröffentlicht und hat mir sehr gut gefallen, weil es nämlich so herrlich paradox ist.

Andrej Frolkin & Joaquim Crusats
10610 feenschach XI-XII 2012
Löse auf (13+9)

Sofort fällt ins Auge, dass Weiß über (mindestens) drei Umwandlungsfiguren verfügt, da sich bereits vier weiße Türme und drei weiße Springer auf dem Brett befinden. Ebenso bemerken wir schnell, dass Weiß mit der Rücknahme beginnen und dabei einen schwarzen Stein entschlagen muss, denn anders ist das Schach auf g6 nicht aufzuheben.
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Ins Russische

Ich hatte hier im September 2012 über meinen kleinen Artikel zur Geschichte Popeyes berichtet, der im Blog von Julia Vysotska erschienen ist.

Nun erhielt ich heute von Dmitri Turewski die Anfrage, ob der diesen Artikel ins Russische übersetzen und in Schachmatnaja Komposizia veröffentlichen dürfe?! Natürlich habe ich nichts dagegen, genau so wenig wie Julia.

Da sieht man mal wieder, wie international Problemschach ist: Da wird der englische Artikel eines Deutschen für einen Blog in Lettland ins Russische übersetzt …