Eine im ersten Moment ulkig erscheinende Frage findet sich unter dem heutigen Retro der Woche: „Natürlich steht der schwarze König im Matt, denn der weiße Turm bietet ihm Schach, und dem Schachgebot kann er nicht ausweichen – also Matt.“ Und damit ist die Aufgabe gelöst?
Nein, natürlich nicht – es gilt herauszufinden, ob die Stellung legal ist, ob das Diagramm also ein partiemögliches Matt zeigt.
Uralski Problemist 2004, 1. Preis
Matt? (13+11)
Und diese Frage beantwortet sich nicht ganz von selbst, denn der Retroknoten im Nordosten scheint nicht so leicht aufzulösen zu sein: Innerhalb des Knotens sind nur zwei Steine direkt (retro-)beweglich, nämlich der schwarze König und die weiße Dame. Aber das hilft noch nicht weiter, da nach einer Rücknahme eines Königszuges Weiß das Schach nicht aufheben könnte, und eine Zugrücknahme der weißen Dame führte zu einem illegalen Retro-Schach.
Betrachten wir aber, bevor wir uns konkret um die Auflösung des Retrokäfigs kümmern, schwarze und weiße Schlagfälle durch Bauern:
Schwarz hat zweimal geschlagen (hxg und gxf), Weiß viermal (bxc3, gxf, fxe und e6x7). Damit bleibt für Weiß und für Schwarz jeweils noch ein Schlag übrig. Wie können wir die sinnvoll nutzen?
Wenn wir im Käfig einen Stein nach g8 bringen könnten, dann könnte wirklich, wie wir es eben schon angedacht hatten, der Knoten aufgelöst werden. R: Dh8-h7, Lh7-g6, Tg7-g5, g5xf6 und so weiter.
Was könnte das denn für ein Stein sein – und wie kann er nach g8 kommen? Hier kommen nun die beiden noch freien Schlagfälle ins Spiel, die wir eben festgestellt hatten: So wäre es toll, wenn wir wSe8xTg7 zurücknehmen könnten: Dann hätten wir genau den Stein, den wir brauchten, um die weiße Dame beweglich zu machen, und beide noch freien Schläge sind damit ausgenutzt, denn der weiße Springer müsste selbst genau auf e8 entschlagen werden – doch durch wen? Hierzu steht kein schwarzer Stein zur Verfügung – der muss also selbst zunächst entschlagen werden.
Das kann nur auf c3 geschehen – nichts leichter als das? Noch nicht ganz; dazu müssen zunächst wLa5 und wTa8 nach Hause gebracht werden, um sie nicht illegal von ihren Partieausgangsfeldern auszuschließen.
In dieser Zeit kann Schwarz ja nur Züge seiner a- und b-Bauern zurücknehmen, Weiß muss sich also beeilen, um ein Retropatt zu verhindern.
Das geht aber noch genau auf, erfordert dazu aber genaues Manövrieren – und aufgrund der dann vorhandenen schwarzen Bauernformation ist dann auch noch eindeutig, welcher Stein auf c3 entschlagen werden muss: ein schwarzer Turm käme, solange der Retroknoten noch nicht aufgelöst ist, nicht auf die 8.Reihe auf dem Damenflügel, um den lebensnotwendigen Entschlag vorzunehmen. Also müssen wir auf c3 eine schwarze Dame entschlagen.
Und damit ist die Auflösung der Stellung auch nicht mehr allzu schwer:
R: 1.Ta6-a8# b3-b2 2.Lb6-a5 b4-b3 3.Lc5-b6 b5-b4 4.La3-c5 b6-b5 5.Lc1-a3 b7-b6 6.Tb6-a6 a5-a4 7.Tb1-b6 a6-a5 8.b2xDc3 Dc5-c3 9.Ta1-b1 Da7-c5 10.Tb1-a1 Da8-a7 11.Ta1-b1 De8-a8 12.Tb1-a1 Da8xSe8 13.Sg7-e8 Db8-a8 14.Se8xTg7 Tg8-g7 15.Dh8-h7 Da8-b8 16.Lh7-g6 Tg7-g5 17.g5xLf6 etc.
Die Diagrammstellung (und damit das Matt) ist also legal.
Nun überlasse ich euch herauszufinden, wieso die ersten 15 Halbzüge eindeutig sind, obgleich Weiß ja seinen La5 bereits in drei Zügen nach Hause bringen könnte; r selbst und auch der weiße Turm könnten hierzu doch ein Tempo verlieren?