Sehr viele Züge sieht man in der heutigen Diagrammstellung nicht direkt, dennoch ist die Aufgabe zumindest prinzipiell nicht allzu schwer zu lösen, wie ich meine.
Dass das noch nicht bedeutet, dass wir hier auch „leichten, seichten Inhalt“ vorfinden, wird vielleicht schon daran erkennbar, dass das Stück seinen Weg ins FIDE-Album 1998-1991 (dort H15) gefunden hat.
Die Schwalbe 1991, 4. Ehrende Erwähnung
Beweispartie in 21,0 Zügen (16+14)
Zählen wir die im Diagramm sichtbaren weißen Züge, so kommen wir auf 13: 5+0+0+2+6; damit sind also noch acht Züge übrig. Schauen wir uns das Diagramm ein wenig genauer an, so fällt sofort auf, dass [sLf8] fehlt: Der muss zu Hause geschlagen worden sein, da er sich nicht hat bewegen können.
Als Schlagtäter gerät natürlich sofort [wSg1] unter Verdacht: in vier Zügen kann er auf f8 schlagen, in vier Zügen wieder zurück sein: Das macht 21 Züge – passt!
Doch Vorsicht!
Ist euch aufgefallen, dass nicht nur [sLf8] fehlt, sondern auch [sBa7]? Da Weiß alle Mann an Bord hat, kann der nicht selbst geschlagen, sich nicht irgendwo umgewandelt haben, um dann unterwegs etwa vom wS geschlagen zu werden, er muss also auf der a-Linie verschwunden sein. Ihn im Rahmen unseres bisherigen Lösungsansatzes dort zu schlagen, funktioniert aber nicht, da dort kein weißer Stein passend vorbeikommt und wir auch keine zusätzlichen Züge übrig haben – also ist leider unsere bisherige Lösungsidee falsch, d.h. der [wSg1] kann nicht auf f8 geschlagen haben, wir müssen einen neuen Verdächtigen finden.
Dafür kommen nur noch [wDd1] oder [wTh1] in Frage: beide können in vier Zügen nach f8 gelangen (Dd2xa6-a/c8xf8 bzw. Th4/5xa-a8xf8) und jeweils auf gleichem Wege wieder nach Hause zurückkehren.
Das aber bedeutet, dass Schwarz Platz schaffen muss, im Fall der wD zumindest LDK herausspielen muss, damit die wD nach f8 gelangen kann. Noch mehr ist Schwarz gefordert, falls [wTh1] der Schlagtäter ist: Dann muss Schwarz komplett die Figuren von a8 bis e8 wegziehen und anschließend wieder nach Hause bringen.
Mit etwas Probieren stellt man fest, dass es mit der wD via a6 nicht funktionieren kann, da der sK keinen sicheren Warteplatz im Westflügel seines Reiches finden kann. Also muss [wTh1] zur Tat schreiten – und das beschäftigt Schwarz nun vollständig mit Platz schaffen und Wiederaufbau seiner Partieanfangsstellung auf der achten Reihe.
Damit steht der Lösungsverlauf im Prinzip fest; die Königswanderung und der Ausflug des [wLc1] dienen dem weißen Zeitvertreib, während er darauf wartet, dass Schwarz den Weg für den weißen Turm jeweils freischaufelt.
1.h4 a5 2.h5 Ta6 3.h6 Te6 4.Th5 Sc6 5.Txa5 b5 6.Ta8 La6 7.e3 Db8 8.Ke2 Kd8 9.Kd3 Kc8 10.Kc3 Kb7 11.Kb3 Da7 12.Txf8! b4 13.Ta8 Db8 14.a3 Kc8 15.Ka2 Kd8 16.b3 Ke8 17.Lb2 Dd8 18.Lf6 Lc8 19.Ta5 Sb8 20.Th5 Ta6 21.Th1 Ta8.
Trotz der Klarheit der Idee stecken dann in der konkreten Lösung noch einige bemerkenswerte Feinheiten: Besonders toll finde ich 3.– Te6!! Dass [sTa8] Platz schaffen muss, dass er dazu die a-Linie räumen muss, ist klar, aber warum kann er nur nach e6 gehen? Nun, auf f6 oder g6 würde er 18.Lf6 unmöglich machen bzw. sich selbst den Rückweg abschneiden, auf d6 würde er 9.Kd3 unmöglich machen, auf c6 stünde er seinem Nachbarn von b8 im Wege – und auf b6 würde er 5.– b5 blockieren.
Und damit sind die Läufer- und Königswege des Weißen nicht beliebige Manöver, um sich die Zeit zu vertreiben, sondern legen das Wartefeld des [sTa8] fest und sind gleichzeitig mit dem schwarzen Spiel (14.– b4!) verknüpft: Zu diesem Zeitpunkt muss der König schon auf b3 stehen, so dass a3 nicht früher gespielt werden kann.
Eine raffinierte und attraktive Aufgabe!
Yes, an attractive proof game by the Finnish master.
ja, hier war die grundidee wirklich gut zu erkennen. zusammenbasteln konnte ich die geschichte dann doch nicht, da ich mich auf den wK-weg e1-e2-d3-b2-a2 fixierte (statt an den den weg über b3 zu denken. ist eben immer alles doch voller tücken…