Retro der Woche 51/2015

Hinweis 25.5.2020: Nikolai Beluchow fand hierzu eine Nebenlösung (siehe P1312968) — und hat die gleich zu einem neuen Stück veredelt (siehe P1376210).

In seinem Aufsatz zum Kisljak-Thema hatte Andrej Frolkin einen der beiden geteilten Sieger des 1. Chesproblem.net Kompositionsturniers vorgestellt, in dem Retros mir mindestens einer komplett unbesetzten Linie gefordert waren. Das andere, das für den Kisljak-Aufsatz unthematisch war, möchte ich euch heute vorstellen.

Andrej Frolkin & Joaquim Crusats
1. ChessProblem.net Kompositionsturnier 2015, 1-2. Preis
Löse auf! (13+12)

 

Thematisch ist hier selbstverständlich die f-Linie – und wir werden sehen, dass im Zusammenhang mit der f-Linie auch das wesentliche Rückspiel stattfindet.

Aber zunächst betrachten wir die Schlagbilanzen: Wir sehen drei offensichtliche Bauernschläge von Schwarz: axbxc und fxe6; damit sind ale fehlenden weißen Steine erklärt. Bei Weiß sieht man sofort die Schläge axb und cxd. Da alle schwarzen Schläge bereits verbraucht sind, müssen [Bg2] und Bh2] über Kreuz geschlagen haben, damit die Bauern im Osten ihre Diagrammstellung erreichen konnten. Damit sind auch alle vier fehlenden schwarzen Steine durch Bauernschläge erklärt.

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Schwalbe 276

Haten die letzten feenschach-Hefte den Weg von Aachen nach Bornheim noch in vier Tagen geschafft, brauchte das Dezemberheft der Schwalbe bereits eine ganze Woche für diese Strecke…

Dafür bietet das Heft wieder jede Menge Löse- und Lesefreude; speziell auch für uns Retrofreunde. Neben zwölf Urdrucken (!! hauptsächlich der Einsende-Periode für das FIDE-ALBUM geschuldet) gibt es u.a. einen VRZ-Proca-take&make Artikel von Eric Huber, Vlaicu Crisan und Andreas Thoma. Ich selbst stelle “Retrograde Analysis” von T. R. Dawson und W. Hundsdorfer vor; dieses Buch erschien vor 100 Jahren in der White‘schen Christmas-Serie.

Viel Spaß beim Lesen, Lösen und Kommentieren!

Retro der Woche 50/2015

Heute möchte ich euch den ersten Preis des The Problemist Retro-Turniers 1989-1990 zeigen; den dritten und zweiten Preis kennt ihr ja schon aus den letzten beiden Beiträgen dieser Rubrik.

Heute sehen wir eine der seltenen Beweispartien mit mehr als einer Lösung. Ein Grund für die Seltenheit ist sicher die schwierige Konstruktion: Kann man bei einem Hilfsmatt, einer direkten Aufgabe meist noch zur Not irgendeinen „Cookstopper“ aufstellen, ist dies bei Retros ungleich schwerer, da ja für jeden einzelnen Stein Rechenschaft abgelegt werden muss — ein Grund, weshalb Wolfgang Dittmann beispielsweise in Zweifel zog, dass es in Retros (sieht man von einigen Hilfsrückzügern der Art „Weiß nimmt einen Zug zurück, dann matt in zwei Zügen“ ab) überhaupt Nachtwächter geben könne.

Peter Wong
The Problemist 1990, 1. Preis (1998-1990)
Beweispartie in 17 Zügen, zwei Lösungen (13+14)

 

Bei Weiß fehlen, um mit der Inventur zu beginnen, [Dd1], [Bh2] sowie ein weiterer Bauer (das muss nicht unbedingt [Bc2] gewesen sein, da der auch geschlagen haben könnte). Bei Schwarz fehlen [Dd8] sowie ein Turm. Nur ein einziger fehlender weißer Stein ist durch die Bauernstruktur erklärt.

Zählen wir nun die sichtbaren Züge bei Weiß: 4+0+2+3+3+2=14; bei Schwarz: 2+0+2+2+2+5=13. Aber für das Zählen sollte man auch bei den vielen Königszügen mögliche Rochaden im Auge behalten.

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Kisljak-Thema

Andrej Frolkin hat für diesen Blog einen Aufsatz geschrieben, der sich mit der Weiterentwicklung des Kisljak-Themas in klassischen Retros beschäftigt: Ein weißer und ein schwarzer Stein entwandeln auf benachbarten Linien, und anschließend entschlägt einer der Bauern einen Stein, sodass die Bauern dann auf einer Linie stehen — der schwarze „über“ dem weißen. (Korrektur 4.12.15: im ursprünglichen Diagramm auf S. 7 gehört sBd7 nach c7; dies ist nun in der pdf-Datei korrigiert.)

Der Ukrainer Alexander Kisljak (27.12.1938–5.5.2010) hatte hierzu 1987 und 1990 zwei bedeutende Aufsätze in Die Schwalbe veröffentlicht. Andrej stellt in seinem heutigen Aufsatz die Weiterentwicklung des Themas anhand von sieben Aufgaben, darunter drei Urdrucken (!) dar.

Ganz herzlichen Dank an Andrej, dass ich hier im Blog diesen unglaublich interessanten Beitrag veröffentlichen darf — und euch viel Spaß beim Studium der Aufgaben!

Nachtrag 9.12.15: Die russische Fassung dieses Artikels ist nun auf der Seite des Ukrainers Waleri Kopil erschienen.

FIDE-Album 2013–2015

Am Sonntag ist die Ausschreibung für das FIDE-Album 2013-2015 erschienen; die genauen Bedingungen könnt ihr auf der WFCC-Seite finden.

Ein paar wichtige, aber unvollständige Punkte dazu:

Alle Einsendungen müssen pro Abteilung (2#, 3#, n#, Studien, H#, S#, Märchenschach, Retros) jeweils in einer pdf-Datei an den jeweiligen Direktor geschickt werden, jede Aufgabe auf einer eigenen Seite. Die Quelle soll möglichst genau angegeben werden, ebenso Anschrift und Mail-Adresse des Einsenders.

Es dürfen von jedem Einsender bis zu 30 eigene Aufgaben (die Ausnahme ist im Originaltext beschrieben), auch Koproduktionen pro Abteilung eingesandt werden, die in den Jahren 2013–2015 veröffentlicht worden sind: Für Informalturniere gilt das offizielle (= aufgedruckte) Erscheinungsdatum der Publikation, für Formalturniere das Erscheinungsdatum des Preisberichts, nicht des Einsendeschlusses für das Turnier!

Einsendeschluss ist der 1. Juni 2016.

Der offiziellen Ausschreibung könnt ihr die Direktoren und Richter aller Gruppen entnehmen. Direktor für die Retros ist ein gewisser Thomas Brand (t.brand(at)gmx.net); ihm steht ein hochklassiges Richter-Trio mit Dmitri Baibikow, Nicolas Dupont und Andrej Frolkin zur Seite.

Ich freue mich also schon auf eure guten Einsendungen für die Retro-Abteilung.

 

Retro der Woche 49/2015

An den letztwöchigen Beitrag anknüpfend möchte ich nun den zweiten Preis dieses Informalturniers vorstellen, ein ganz „klassisches“ Retro von Alexander Kisljak. Wie so oft in dieser Gattung sind nicht alle Züge eindeutig bestimmt; wenn allerdings die erforderlichen Manöver eindeutig sind, wird dies nicht als Mangel angesehen.

Alexander Kisljak
The Problemist 1990, 2. Preis (1998-1990)
Löse auf! (14+12)

 

Betrachten wir zunächst einmal die Schagfälle: Bei Weiß sieht man drei (a2xb3xc4 sowie f(h)xg), bei Schwarz keinen. Somit besteht also noch die Möglichkeit, dass [Bg7] umgewandelt wurde.

Die entscheidende Frage ist allerdings, wie der Retrokäfig im Westen geöffnet werden kann. Das klappt nur, wenn Schwarz Ka6-b6 zurücknehmen kann — dafür allerdings muss ihm irgendjemand auf a5 Schachschutz geben, denn die wD kann nicht wegziehen. Wie können wir diesen Schachschutz realisieren?

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Geburtstage

Der 28. November ist ein bedeutender Geburts-Tag für das Problemschach: Nicht nur feiert heute Hans Peter Rehm, einer der bedeutendsten Problemkomponisten und -autoren der letzten 50 Jahre, seinen Jubeltag — von hier aus ganz herzliche Glückwünsche ins Badische, lieber Pit — sondern heute jährt sich auch der Geburtstag von Thomas Rayner Dawson (28.11.1889–16.12.1951).

Er war nicht nur ein extrem produktiver Märchenschächer und vielseitiger Publizist, sondern auch einer derjenigen, die die Retroanalyse zum Beginn des vorigen Jahrhunderts vorangebracht haben, sie in der Problemschachwelt etabliert haben.

Von ihm möchte ich heute eine recht einfache Aufgabe vorstellen, die mir aber immer im Gedächtnis bleiben wird, da sie wohl die erste Retro-Aufgabe war, die ich 1981 selbst gelöst hatte: Ich könnt euch kaum vorstellen, wie stolz ich damals war! 🙂

Thomas Rayner Dawson
Falkirk Herald 1914
Matt in 2 Zügen (11+6)

 

Dass Schwarz zuletzt einen Bauerndoppelschritt gespielt haben muss, habe auch ich damals fix gesehen, nachdem ich erst überhaupt keine Lösung gefunden hatte. Also kann man einen e.p.-Schlag versuchen — aber haben wir dann nicht zwei Lösungen? Das hat dann eine Weile gedauert, bis bei mir der Groschen fiel, warum nur einer der beiden scheinbar möglichen e.p.-Schläge löst.

Übrigens gehe ich auf TRD in einem Aufsatz, der im Dezemberheft der Schwalbe erscheinen wird, noch näher ein.

feenschach erschienen!

Vier Tage hat die feenschach-Lieferung per Post von Aachen nach Bornheim gebraucht — das entspricht ziemlich genau einem Schnitt von einem Kilometer pro Stunde. Aber nun ist sie angekommen — ein toller Start in den Advent.

Entschädigt werdet ihr für die lange Wartezeit (nicht nur wegen der Post) durch drei tolle Hefte sowie das beiliegende Inhaltsverzeichnis für Band XXXIII (2013-2014), das wie immer Bernd Schwarzkopf sorgfältig erstellt hat.

Die 148 Seiten der Hefte 212 bis 214 bieten jede Menge tollen Lese- und Lösestoff; für uns Retro-Freunde möchte ich unter vielen Beiträgen nur “New Fairy Types Based on a Twinning Form” von Chris Tylor und Andrej Frolkin (f-212, S.54-77 — in Andernach war ich schon kurz auf diesen Artikel eingegangen) und sofort anschließend “Tea, biscuits, and help retractors. Mrs W. J. Baird is having company” von Adrian Storisteanu hervorheben. Darüber hinaus gibt es noch jede Menge kurze und längere Beiträge, Preisberichte, Urdrucke, Fotos zu genießen: Viel Spaß dabei!

Nachtrag 28.11.15:

Zwischenzeitlich wurde der Einsendeschluss für die Lösungen zu Heft f-213 auf den 29. Februar 2016 festgelegt!