Retro der Woche 10/2016

Einer meiner Lieblings-Autoren klassischer Auflöse-Retros ist Sergej Leonidowitsch Wolobujew: Hier hatte ich bereits in zwei Retros der Woche, nämlich 05/2013 sowie 12/2014, Aufgaben von ihm vorgestellt. Darüber hinaus hatte ich nach meinem Vortrag in Andernach 2011 in feenschach 187 (Juni 2911), S. 109 ff. einige Aufgaben von ihm vorgeführt.

Nach fast zwei Jahren scheint es mir an der Zeit, hier eine weitere Aufgabe von Sergej Wolobujew vorzustellen.

Sergej Wolobujew
Schachmatnaja komposizija 1992, 4. Preis
Ist die Mattstellung legal? (13+11)

 

Betrachten wir zunächst wie üblich die Schlagbilanz: Weiß hat beide schwarzen Läufer zu Hause geschlagen, ferner sieht man die Schläge axXb3 und fxYg3. Das Schach des Lf2 gegen den sK kann ebenfalls nur durch einen Schlagzug (Lg1xZf2+) erfolgt sein – damit sind alle fehlenden schwarzen Steine erklärt.

Schwarz hat [Lf1] zu Hause geschlagen. sBc2 kann nur mittels zweier Schlagfälle auf sein Diagrammfeld gelangt sein. Damit kann er [Ba7] oder [Bc7] sein; können wir das bereits entscheiden?

Ja, denn wäre er [Ba7], so müsste [Bc7] noch geschlagen worden sein; das aber ist nicht möglich. Also kommt sBc2 von c7, während sich [Ba7] und auch [Bf7] schlagfrei umgewandelt haben. Deswegen dürfen wir auch die weißen Bauernschläge nicht zu früh zurücknehmen, sondern erst nach der Entwandlung auf a1 bzw. f1.

Nun stellt sich die Frage, wie denn der Retroknoten im kompletten Süden aufgelöst werden kann? Meist geschieht das ja durch die Rücknahme eines Bauernschlages, aber das kann hier nicht funktionieren: Der mögliche schwarze Schläger auf c2 kann nicht freigespielt werden, und Weiß darf, wie wir gesehen haben, seine Bauernschläge erst zurücknehmen, wenn die schwarzen Umwandlungen auf a1 bzw. f1 zurückgenommen worden sind.

So bleibt überraschender Weise nur der schwarze König, der nach d2 zurückzieht, dadurch den wK via f2 herauslässt, so dass dann die erste Reihe von Schwarz geräumt werden kann.

Dafür muss aber zunächst sTd1-d2 zurückgenommen werden. Dafür muss aber [wKe1] eine Ausweichmöglichkeit nach f1 bekommen. Dies ließe sich leicht realisieren, wenn Weiß ein Tempo zur Verfügung hätte: 1.Lg1xSf2# Dh1-h2 2.?? Sh2-f1! 3.Kf1-e1 usw.

Dieses Tempo muss nun in konsequentem Zusammenspiel von wSc1 und dem auf f2 zu entschlagenden sS erarbeitet werden: Diese beiden Springer tauschen im Verlauf der Rücknahme ihre Rollen, bevor wSc1schließlich auf sein Diagrammfeld zurückkehrt.

R: 1.Lg1\x Sf2# Dh1-h2 2.Lh2-g1 Weiss muss das freie Feld h2 selbst zustellen. 2.– Sd1-f2 Nun ist Sc1 entfesselt 3.Sa2-c1 Tc1-b1 4.Sb4-a2 ~ 5.Sa6-b4 ~ 6.Sc5-a6 ~ 7.Se4-c5 ~ 8.Sf2-e4 Tb1-c1 9.Lg1-h2 Sh2-f1 Endlich kann der wK das Feld f1 betreten. 10.Kf1-e1 Sf3-h2+ 11.Lh2-g1 Sg1-f3+ Nun kann das Pendel wieder zurückschwingen. 12.Se4-f2 Tc1-b1 13.Sc5-e4 ~ 14.Sa6-c5 ~ 15.Sb4-a6 ~ 16.Sa2-b4 ~ 17.Ke1-f1 Tb1-c1 18.Sc1-a2 Jetzt ist der schwarze Springer wieder frei. Sf2-d1 19.Kf1-e1 Se4-f2 20.Ke1-f1 Sg5-e4 21.Kf1-e1 Sf3-g5 22.Sa2-c1 Se1-f3+ 23.Sb4-a2 Td1-d2 nebst 24.– Kd2-e3 25.Kf2-f1, und die erste Reihe kann nun freigeräumt werden, d.h. die schwarze Dame sowie die schwarzen Türme können nun einfach wieder in den Norden geholt werden.

Die Mattstellung ist also legal.

Wie ich finde schon optisch eine sehr elegante Aufgabe: Schon durch die Stellung der sBB auf der 7. Reihe, das leere Mittelfeld und den sehr großen, raffiniert gebauten Käfig im Süden des Brettes.

2 thoughts on “Retro der Woche 10/2016

  1. Two white retractions can be switched in the early retroplay, as -2.Sa2 Sd1 -3.Lh2 is also possible. But this does not matter much, since the point of the problem is not exact retroplay.

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