Für den vierten Advent habe ich eine Aufgabe ausgesucht, die ihr vielleicht selbst lösen wollt?! So lang ist sie nicht: Für jede Kerze am Adventkalender vier Züge. Und vor allen Dingen: Sie lässt sich ziemlich logisch lösen!
Also ein Glas Glühwein, ein paar Spekulatius, und dann geht es ans Brett!
Messigny 1995, 1. Preis
Beweispartie in 16 Zügen (16+13)
Keine Umwandlungen, Weiß hat noch alle Mann an Bord, und so können wir sogar sehr schnell die drei Schlagfälle bestimmen: [Lf8] starb zu Hause, auf d3 wurde [Bd7] geschlagen (der konnte ja nicht geschlagen haben) und [Dd8] auf f3.
Nun schauen wir wie üblich, ob uns das Zügezählen weiterhilft?
Beginnen wir mit Schwarz: Hier sehen wir im Diagramm 3+0+1+0+0+1=5 – das ist nicht viel! Andererseits wissen wir, dass [Bd7] dreimal und [Dd8] zweimal gezogen haben müssen. Damit sind wir schon bei 10 Zügen. Ferner braucht es drei Züge, [Th8] nach d8 zu bringen: Entweder muss der Turm „außen herum“ um [Sg8] gegangen sein, oder eben dieser Springer hat zwei Züge gemacht.
Damit haben wir bei Schwarz 12 Züge; vier sind noch frei.
Bei Weiß sehen wir 0+2+0+3+2+4=11 Züge. In maximal fünf weiteren Zügen muss dann noch [Lf8] verschwunden sein. Das geht schon in vier zusätzlichen mit Dd1-g4-c8xf8-c8-g4-g2. Damit ist ein weißer Zug noch übrig. Andererseits: Mit einem weißen Springer (geschweige denn einem Turm) lässt sich [Lf8] nicht in der erlaubten Zügezahl abräumen.
Aber wir sehen hier schon ein Problem: Weiß muss mindestens einmal über c8 gegangen sein – [sLc8] muss also mindestens einmal Platz geschaffen haben.
Wir können sogar schon herausfinden, wie die Partie eröffnet wurde: Weiß konnte erst nach exd3 mit Dame und Springer losmarschieren, erst nach gxf3 mit dem Läufer. Also bleibt nur, mit [Ba2] zu starten und so lange mit dem zu ziehen, bis exd3 erfolgen kann. Und da sehen wir schon den ersten Zug der Partie: 1.a3! Denn bei 1.a4? hätte Weiß keinen dritten Zug; erst im vierten kann exd3 erfolgen.
Und damit sind dann auch alle weißen Züge erklärt und determiniert; wir müssen sie jetzt „nur noch“ in die richtige Reihenfolge bringen.
Und dann sieht man, dass weißes und schwarzes Spiel sehr subtil miteinander verwoben sind, dass die Zugreihenfolge sehr fein determiniert ist. So muss Weiß beispielsweise zunächst [Ke8] nach draußen laufen lassen, um zu vermeiden, dass ihn [Dd1] stört.
Vor allen Dingen sieht man dann, dass [Lc8] gleich dreimal die Diagonale c8-h3 freimachen muss: Zunächst für [Dd1], dann für [Lf1], anschließend wieder für [Dd1] auf ihrem Rückweg von f8, um dann schlussendlich wieder nach Hause zurück zu kehren.
1.a3! d5 2.a4 d4 3.a5 d3 4.exd3 Lh3! 5.Se2 Kd7 6.Sec3 Ke6 7.Dg4+ Kf6 8.Dc8 Dd5 9.Dxf8 Df3 10.gxf3 Lc8! 11.Lh3 h5 12.Ld7 Sh6 13.La4 Lh31 14.Dc8 Td8 15.Dg4 Sg8 16.Dg2 Lc8!
Hochelegante Züge des [Lc8]; die nicht thematische Rückkehr des [Sg8] passt nett dazu, und der Tempozug in der Eröffnung ist ein kleines Sahnehäubchen. Eine Aufgabe, die ich in mein Herz geschlossen habe.
Nice to see a semi-long proof game that is relatively easy to solve. As usual, Thomas’s excellent analysis is very helpful. The double switch-back by Lc8 is marvellously constructed by Michel.
Diese tolle Stück ist anscheinend auch für Partieschachspieler attraktiv: Es wurde von Jonathan Levitt & David Friedgood in die 2. Auflage von “Secrets of Spectacular Chess” (mit dem farbigen Schachbrett auf dem Umschlag) aufgenommen! Wenn Ihr also zu Weihnachten einen Partieschachspieler zum Problemschach verführen wollt, ist das wohl ein passendes Geschenk. Weitere passende Bücher für diesen Zweck: “Solving in Style” von John Nunn; “Schach für Nußknacker” von Friedrich Chlubna. Letzteres Buch ist anscheinend im normalen Buchhandel vergriffen, aber noch verlagsfrisch bei Schach Niggemann erhältlich (wo ich für diesen Hinweis übrigens keine Prozente bekomme). 🙂