Retro der Woche 24/2017

Die italienische Schachzeitung Sinfonie Scacchistiche feierte ihren 50. Geburtstag mit einem Jubiläumsturnier in acht Kategorien; in einer von ihnen waren Beweispartien gefordert.

Preisrichter Marco Bonavoglia setzte das folgende Stück auf den ersten Platz, es folgten Aufgaben von Roberto Osorio & Jorge J. Lois (2. Preis) sowie Antonio Garofalo & Enzo Minerva (Ehrende Erwähnung).

Michel Caillaud
Sinfonie Scacchistiche JT50 2016, 1. Preis
Beweispartie in 23 Zügen (14+14)

 

Sowohl bei Weiß als auch bei Schwarz fehlen jeweils zwei Bauern. Die beiden weißen Doppelbauern auf dem Königsflügel können aber die fehlenden schwarzen Bauern nicht direkt geschlagen haben. Daraus können wir sofort schließen, dass die beiden schwarzen Bauern sich umgewandelt haben, um sich anschließend selbst im Osten zu opfern oder schwarze Opfersteine zu ersetzen.

Dies müssen wir berücksichtigen, wenn wir die sichtbaren Züge zählen wollen. Beginnen wir mit den schwarzen.

Wegen der weißen Doppelbauern kann [Ta8] nicht zu Hause geschlagen worden sein, er muss also sein Nest verlassen haben, und das geht am schnellsten mit der langen Rochade. Dann haben wir (unter der Annahme, dass sDb5 die Originaldame ist), 2+2+2+2+2+0=10 Züge, wobei wir für [Sb8] und [Lc8] je eine Rückkehr eingerechnet haben. Dazu kommen noch zehn Bauernzüge für die Umwandlungen sowie je mindestens zwei Züge, um sich im Osten zu opfern (bzw. [Ta8] zu ersetzen, der sich ja auch in zwei Zügen geopfert haben könnte.

Das macht zusammen 24 schwarze Züge – einen zu viel! Wie können wir den einsparen? Nur dadurch, dass wir sdb5 als Umwandlungsdame ansehen: Dann kann sie in einem Zug von b1 gekommen sein.

Damit kennen wir auch schon die Umwandlungen [Bc7] hat sich auf b1, [Bd7] auf c1 umgewandelt, womit auch die beiden fehlenden weißen Bauern erklärt sind.

Zählen wir nun die weißen Züge, wobei wir davon ausgehen, dass [Ke1] ohne Rochade nach a1 gewandert ist, da dies, wie ihr leicht nachrechnen könnt, mehr Züge erfordert hätte. Also kommen wir auf 5+0+5+4+2+4=20 sichtbare Züge. Allerdings wissen wir, dass Schwarz auf b1 seine Dame erwandelt hat. Also muss auch für [Sb1] eine Rückkehr eingerechnet werden.

Somit bleibt nur noch ein weißer Zug übrig, woraus wir sofort schließen können, dass mindestens einer der beiden fehlenden weißen Bauern zu Hause geschlagen wurde.

Nun haben wir schon eine Menge über die Lösung herausgefunden, aber dennoch ist es, so mein Eindruck, nicht ganz einfach, die genaue Zugfolge zu finden. Aber es lohnt sich!!

1.a4 d5 2.Ta3 d4 3.Th3 Dd5 4.Sa3 Df3 5.exf3 c5 6.La6 c4 7.Ke2 c3 8.Kd3 cxb2 9.Se2 b1=D 10.Te1 Db5+ 11.c4 dxc3ep+ 12.Kc2 Le6 13.Lb2 Sd7 14.Kb1 c2+ 15.Ka1 c1=D+ 16.Sb1 Dc7 17.Sc1 OOO 18.Te4 Sb8 19.Teh4 Td4 20.g4 Dg3 21.fxg3 Tf4 22.Ld4 Kc7 23.Lg1 Lc8.

Umwandlungen und lange Rochade hatten wir ja schon direkt aus dem Diagramm abgeleitet. Überraschend ist aber, dass der noch offene weiße Zug genutzt wird, um noch einen ep-Schlag in die Lösung einzubinden, womit wir das Valadao-Thema (alle drei „Sonderzüge“ kommen in der Lösung vor) vorliegen haben. Darüber hinaus noch eine Ceriani-Frolkin– und eine Phönix-Dame sowie drei Rückkehren – und noch einen Platztausch [Sg1] <> [Lc1].

Reichlich Inhalt, finde ich!

3 thoughts on “Retro der Woche 24/2017

  1. Forgot to mention the tiny typo, repeated from the preceeding Retro der Woche; please check your 1-key, Thomas.
    (The missing right parenthesis in the second paragraph is too tiny to mention, I guess.

  2. Another beautiful proof game by the French master.
    Although it is difficult to solve by hand, it is very easy to test: C+ by Euclide 1.01 in half a minute (for an example of the opposite situation see P1334771 in the PDB).

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