Retro der Woche 31/2017

Preisrichter Thierry Le Gleuher war von der durchschnittlichen Qualität der Nicht-Beweispartien im Jahrgang 2015 von StrateGems weniger überzeugt als von der der Beweispartien. Daher vergab er nur einen Preis; der allerdings ist, wie ich meine, sehr sehenswert.

Andrej Frolkin
StrateGems 2015, Preis
Ergänze wS auf der 1. Reihe. Letztes notwendiges Schachgebot? (13+12)

 

Wenn wir nun die Analyse möglicher Schläge vornehmen, müssen wir berücksichtigen,dass Schwarz nur zwei Steine hat schlagen können – im diagramm fehlt ja noch der zu ergänzende weiße Springer.

Offensichtlich ist, dass Schwarz exd gespielt hat. Da Schwarz ja nur zwei Mal schlagen konnte, stammen alle anderen schwarzen Bauern von ihrer Reihe – nur bei sBg3 ist nicht klar, ob er von der g- oder der h-Linie stammt.

Nehmen wir an, er stammt von g7. In diesem Fall wurden alle fehlenden schwarzen Steine von weißen Bauern geschlagen (d2xc3, c3xd4, hxg, gxh). Allerdings muss ja auch [Ba7] verschwinden. Der musste sich schlagfrei umwandeln, nachdem [Ba2] auf der a-Linie geschlagen wurde.

Nach R 1.– Df3-g2# 2.Te1-f1 b6-b5 3.Kf1-g1 Kh2-h3 geht es nicht weiter: Der Käfig im Süden kann wegen fehlender schwarzen Tempi nicht geöffnet werden (z.B. kann Schwarz nicht b7-b6 zurücknehmen, da dies [Lc8] aussperren würde), weil kein zusätzlicher Stein innerhalb des Käfigs entschlagen werden kann, wie uns die Schlaganalyse gezeigt hat. Die einzige denkbare Auflösung, nämlich die Rücknahme der weißen Rochade, erfordert jedoch ein Schild auf h2. Das lässt sich aber nicht finden.

Also muss der sBg3 von der h-Linie kommen.

In diesem Fall schlugen die schwarzen Bauern alle fehlenden weißen Steine, auch [Ba2]. Der wandelte also um, was einen Schlag erfordert: Entweder wurde [Ba7] auf seiner Linie geschlagen nebst Umwandlung auf a8, oder es erfolgte axb nebst Umwandlung auf b8. [Bg7] wurde ebenfalls auf seiner Linie geschlagen. Also kann nie ein Schild auf h2 entschlagen werden. Die weiße Rochade kann also nur zurückgenommen werden, nachdem ein Schild nach h2 zog, um ein Schachgebot gegen den sK abzuschirmen.

Wie kann denn nun der Springer nach h2 gelangen? Nur via d2 und f1. Um aber Schwarz schnell Züge zu ermöglichen (das ist de facto nur das Pendeln des sK: sKh2-h3, sKh3-h2 etc.), Muss Weiß seinen König nach f1 wegziehen. Um das anschließend Rückgängig zu machen, muss Weiß dem Schwarzen Tempi für die Schlussphase ermöglichen.

Und dies funktioniert nur durch Entschlagen der schwarzen Bauern [Bg7] und [Ba7]. Dabei muss natürlich auch die noch fehlende weiße Entwandlung auf a8 (bzw. b8) berücksichtigt werden.

Wo muss nun der fehlende wS eingefügt werden? Auf b1, was bei der kritischen Temposituation des Schwarzen nicht so sehr überrascht: b1 ist das einzige weiße Feld, das zur Verfügung steht, und wSa1 steht bereits auf einem schwarzen Feld. Und wSb1 muss auch die Entschläge vornehmen, damit am Ende des sK auf dem richtigen Feld steht, denn die Springer können ja keine Tempi verlieren.

Mit diesen Hinweisen solltet ihr einmal selbst die Auflösung versuchen:

R~1.– Df3-g2# 2.Te1-f1 b6-b5 3.Kf1-g1 Kh2-h3 4.-9.Sb1>g6 10.Sf8xBg6 11.-13.Sf8>a8 14.a7-a8=S 15.-18.a7>a3 19.-21.Sa1>a4 22.Sc5xBa4 23.Sb3-c5 24.Sd2-b3 Kh3-h2 25.Kg1-f1 g7-g6 26.Sf1-d2 a5-a4 27.Sh2-f1 a6-a5 28.Tf1-e1 a7-a6 29.0-0 Dg2-f3 30.a2-a3 Tf3-e3 31.Lf1-e2 Le3-f4+ (letztes Schachgebot) usw. Nun kann Weiß mit dem Läufer pendeln, während Schwarz die Schwerfiguren aus dem Käfig zieht – beachtet, dass nach der Rücknahme der Rochade [Ke1] und [Th1] nicht mehr ziehen dürfen.

Diese Aufgabe scheint neuer Längenrekord für die Auflösung eines Käfigs durch Rochade zu sein. Sie ist hübsch angereichert mit Retropatt- und Retrooppositions-Verführungen sowie einigen trickreichen Manövern, besonders gut gefällt mir das zum Entschlag des sBa4.

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