Nachdem ich in der letzten Woche eine Beweispartie aus dem FIDE-Album 2010-2012 quasi als „Appetithäppchen“ für das Album vorgestellt hatte, soll heute nun ein klassisches Retro folgen.
Nikolai Beluchow ist mit 15 (!) klassischen Retros (davon vier Koproduktionen) im Album vertreten, und bei seinen Aufgaben kann man immer von hoher Qualität ausgehen. So auch bei dem Stück, das ich für heute ausgewählt habe.
StrateGems 2011
Letzte 40 Einzelzüge? (14+12)
Ein paar Fragen lassen sich aus dem Diagramm rasch klären: So hat Schwarz offensichtlich zweimal mit seinen Bauern geschlagen (fxe und hxg); damit sind die fehlenden weißen Steine erklärt.
Die weißen Schläge ergeben sich nicht ganz so offensichtlich durch Doppelbauern: Damit sBc3 und sBd2 ihre Position schlagfrei erreichen konnten, müssen [Bc2] und [Bd2] überkreuz geschlagen haben. Irgendwie muss auch [Ba7] verschwunden sein. Er kann nicht selbst geschlagen haben, muss also auf der a-Linie selbst geschlagen worden sein.
Und dann muss Weiß auf f3 geschlagen haben, denn eine schlagfreie Rücknahme von Tf2-f3+ ist nicht möglich, da dann der sK durch wDe3 im Schach gestanden hätte; das geht offensichtlich nicht. Damit sind auch alle fehlenden schwarzen Steine erklärt.
Der fehlende [sBb7] kann nur durch Umwandlung auf b1 erklärt werden. Um die b-Linie frei zu machen, muss dann [Ba7] von [Bb2] geschlagen worden sein.
Bei Weiß fehlen [Bb2] und [Bh2], die aber von Schwarz nicht direkt geschlagen worden sein können. Also haben beide umgewandelt: wie wir eben schon gesehen haben, [Bb2] auf a8 in einen Läufer und [Bh2], da er kein Schlagobjekt zur Verfügung hat, auf h8.
Deswegen können wir zur Auflösung des Käfigs auch noch nicht das notwendige schwarze hxXg zurücknehmen.
Auf f3 muss Weiß einen Springer entschlagen – warum geht kein anderer Entschlag?
Versuchen wir also einmal R 1.Tf2xsf3+ b2-b1=L 2.Sc7-a6 b3-b2 3.Se8-c7 b4-b3 4.Sd6-e8 b5-b4 5.Sf7-d6 b6-b5 6.Sh8-f7 b7-b6 7.h7-h8=S, und Schwarz ist retropatt, da ihm ein Tempo fehlt.
Also versuchen wir es mit frühzeitiger Entwandlung des wLc2 auf a8. Gleichzeitig müssen wir wieder schwarzes Retropatt vermeiden, dazu müssen wir sSf3 beweglich machen, dafür brauchen wir wSa6. Und anschließend müssen wir „nur noch“ wSf4 beweglich machen, damit der sich auf h8 entwandeln kann.
Damit haben wir folgende Lösung:
R 1.Tf2xsf3+ b2-b1=L 2.La4-c2 b3-b2 3.Lc6-a4 b4-b3 4.La8-c6 b5-b4 5.Sb4-a6 b6-b5 6.Sc2-b4 b7-b6 7.Se1-c2 Sg1-f3! 8.Sf3-e1+ Sh3-g1 9.a7-a8=L Sg1-h3 10.a6-a7 Sh3-g1 11.a5-a6 Sg1-h3 12.a4-a5 Sh3-g1 13.a3-a4 Sg1-h3 14.b2xBa3 Sh3-g1 15.Se6-f4 Sf4-h3+ 16.Sd8-e6 a4-a317.Sf7-d8 a5-a4 18.Sh8-f7 a6-a5 19.h7-h8=S a7-a6 20.h6-h7 h7xSg6 usw.
Interessantes Spiel, wie ich finde, mit Tempozügen, Pendel, Excelsiores, Phoenix-Thema – und das alles bei 40 eindeutigen letzten Zügen.
Yet another delightful resolution retro by the author. The two light-squared white bishops in the diagram are a slight blemish.
Unfortunately, Nikolai seems to have stopped his composing for now, but we hope that he will return some time soon.