Für heute habe ich eine recht kurze Beweispartie herausgesucht: nur 16 Züge. Das liest sich zuerst beinahe wie eine Aufgabe „für zwischendurch“, aber ganz so einfach erscheint mir das Stück nun doch nicht zu lösen zu sein — speziell, wenn man das Thema in dem Turnier nicht kennt.
Champagne-Turnier 2013, Preis
Beweispartie in 16 Zügen (14+13)
Champagne-Turnier: Da macht es sicher bei dem Einen oder Anderen von euch „klick“?! Richtig, das sind die schon seit vielen Jahren von Michel Caillaud ausgerichteten Retro-Turniere bei den Weltkongressen für Schachkomposition (WCCC) — die Ergebnisse des diesjährigen Champagne-Turnier aus Dresden hatte ich in den Retros der Woche 33/2017 und 34/2017 vorgestellt.
Bei der heutige Aufgabe hilft das Zählen der sichtbaren Bauernschläge zunächst nicht sonderlich weiter: Wir sehen nur einen weißen Doppelbauern auf der a-Linie. Also sollten wir nach anderen möglicherweise auffälligen Merkmalen der Diagrammstellung Ausschau halten.
Auffällig ist natürlich sofort das Schachgebot durch die schwarze Dame. Vor allen Dingen auch deshalb, weil das mit einem Schlag erfolgt sein muss, denn die Dame kann nur von h1 gekommen sein und demnach einen weißen Stein geschlagen haben. Können wir schon sagen, welchen? Bei Weiß fehlen ein Springer und der schwarzfeldrige Läufer. Der kann es nicht gewesen sein, denn er kann wegen der weißen Bauernstellung niemals nach g1 gelangt sein.
Also kennen wir schon den letzten Zug: Dh1xSg1+. Und damit wissen wir schon noch mehr: Nämlich dass [Sg1] nicht immer auf seinem Ursprungsfeld gestanden hatte: Denn „irgendwie“ muss ja [Th1] sein Ursprungsfeld verlassen haben, und dafür musste g1 frei sein.
Und mit diesem Wissen ist es dann auch schon sinnvoll, die weißen Züge zu zählen. Sichtbar sind 0+1+5+1+1+4=12; hinzu kommen noch zwei Züge des [Sg1]. Damit sind „nur noch“ zwei weiße Züge frei.
Bei Schwarz schaut es schon problematischer aus: Nur jeweils vier Züge des Königs und der Dame sind sichtbar. Aber auch hier hilft die Überlegung weiter, welche Steine fehlen. Das sind [Sb8], [Lc8] und [Bb7]. Einer davon muss auf a3 geschlagen worden sein. [Lc8] kommt dafür wegen der Felderfarbe nicht in Frage (er muss allerdings mindestens einmal gezogen haben, um [Dd8] und [Ke8] heraus zu lassen), [Sb8] brauchte vier Züge — und dann ist immer noch die Frage, wie [Lc1] in zwei und [Lc8] und [Bb7] in drei Zügen verschwunden sein können?
Das kann nicht klappen — also muss auf a3 [Bb7] geschlagen worden sein. Und das bedeutet dann vier Züge für ihn, denn um auf die a-Linie zu gelangen, muss er [Lc1] geschlagen haben. Das geht nur nach Lc1-d2-a5 — und damit sind auch alle weißen Züge erklärt.
Damit haben wir aber ein neues Problem, denn um [Dd8] nach h1 zu lassen, hat Weiß keine Reservezüge mehr: Wenn die Dame nach h1 zieht, muss [Th1] auf g1 stehen, damit [Sg1] auf e2 (auf f3 würde er die Diagonale für die Dame schließen). Bevor nun Tg2 erfolgen kann, muss [Lf1] bereits auf h3 stehen. Zu dem Zeitpunkt steht aber [Sg1] noch auf e2 — also stünde [Ke1] im Schach? Also muss irgendein schwarzer Stein auf f1 Schachschutz bieten.
Das kann nur [Lc8], der über a6 nach f1 zieht. dort allerdings kann er nicht geschlagen werden, da Weiß niemals nach f1 zieht und auch keinen Zug übrig hat. Schwarz verbleiben also noch zwei Züge, um seinen Läufer loszuwerden.
Wenn ihr dessen Schlagfeld gefunden habt, das ja auf „weißen Zugwegen“ liegen muss, da Weiß keine Zeit mehr für Umwege hat, dann habt ihr im Prinzip auch schon die Lösung, obgleich die genaue Zugfolge zu finden nach meinem Eindruck gar nicht so trivial ist.
1.e3 b6 2.Dh5 La6 3.g4 Dc8 4.Lh3 Lf1 5.Se2 Db7 6.Tg1 Dh1 7.Tg2 Kd8 8.Sg1 La6 9.d3 Kc8 10.Ld2 Kb7 11.La5 bxa5 12.Sd2 a4 13.Tb1 a3 14.bxa3+ Kc6 15.Txb8 Lc8 16.Txc8 Dxg1+.
Und nun kann ich auch das Thema des Turniers verraten: Schlag eines Steins nach dessen Rundlauf oder Rückkehr. Hier ist das Thema doppelt gesetzt, [Sg1] und [Lc8] werden auf ihren Standfeldern geschlagen, nachdem sie schlagfrei wieder nach Hause zurückgekehrt sind.
Ich finde, eine sehr ansprechende Aufgabe mit trickreichem Spiel vor allem im Südosten!
Quite a difficult Christmas problem, even with Thomas’s careful analysis. Very nice content.
Euclide 1.01 spent some 5 minutes to find the solution and another 10 minutes to verify uniqueness.