Preisrichter Vlaicu Crişan hat bei den Retros (ohne Beweispartien) im StrateGems 2016 Informalturnier von 21 Aufgaben neun ausgezeichnet — davon waren acht (!) Proca-Verteidigungsrückzüger mit der Anticirce-Bedingung. Das ist sicherlich nicht repräsentativ für die heutige Retro-Mode, zeigt aber deutlich, welches Gewicht dieser Aufgabentyp zur Zeit hat.
Den ersten Preis erhielt jedoch ein „klassisches“ Problem, das ich heute mit euch anschauen möchte. Eigentlich handelt es sich um eine normale Auflöse-Aufgabe, Andrej hätte auch „Löse auf!“ fordern können. Hier aber weist er uns mit seiner spezifischen Forderung direkt auf den ihm wesentlichen Inhalt der Aufgabe hin: Auch wenn natürlich bis zur Partieanfangsstellung nicht eindeutig zurückgenommen werden kann, so sind doch alle vier Schläge, die zum Erreichen der Diagrammstellung erforderlich waren, eindeutig, für alle stehen das Feld sowie Schlagtäter und -opfer eindeutig fest.
StrateGems 2016, 1. Preis
Welche Schläge erfolgten? (14+14)
Nur zwei der vier Entschläge sind im Diagramm zumindest halbwegs sichtbar: Beide a-Bauern schlugen genau ein Mal. Ansonsten fehlen [Bh7] sowie [Bf2] oder [Bg2]. Wenn der weiße g-Bauer fehlt, dann wurde er von [Bh7] geschlagen, der sich dann umwandelte und dann vom [Bf2] oder [Ba2] geschlagen wurde. Fehlt aber wirklich der [Bf2], so können sowohl [Bf2] als auch [Bh7] auf ihrer Linie geschlagen worden sein, oder sie haben sich auf e8 bzw. g1 umgewandelt.
Damit ist auch klar, dass die Rücknahme schlagfrei beginnt, da Weiß kein weiteres Schlagobjekt zur Verfügung steht, also beginnen wir mit R 1.Da2-b1+.
Nun muss Schwarz etwas gegen das drohende weiße Retropatt tun: Weiß hat nur noch fünf Züge frei zur Rücknahme, und dann müsste als 5. Zug fxg erfolgen, denn g2-g3 würde den [Lf1] aussperren, der als Schlagobjekt „draußen“ zur Verfügung stehen muss.
Deswegen funktioniert 1.– T~-f6? 2.g3-g4 T~ 3.f2xLg3 Ld6-g3 4.h4-h5 Lf8-d6 5.h3-h4 e7-e6 6.h2-h3 Se6-d8 nicht, um den Käfig im Nordwesten zu öffnen, denn dann wäre Weiß retropatt.
Also müssen wir es mit Entwandlung des Turmes versuchen: 1.– Tf1-f6 2.h4-h5 Tg1-f1 3.h3-h4 g2-g1=T 4.h2-h3 h3xSg2(!). Der Springer kann nun als Retroschild auf b1 genutzt werden, um den Knoten im Südwesten aufzulösen. 5.Se3/f4-g2 h4-h3 6.Sd5-e3/f4 h5-h4 7.Sc3-d5 h6-h5 8.Sb1-c3 h7-h6 9.Da1-a2 Da2-a3 10.g3-g4 a3xLb2 11.L~-b2+ Db2-a2.
Und wieso funktioniert 4.– h3xDg2 nicht? Dann kann Weiß das nun drohende Retropatt des Schwarzen auch dann nicht rechtzeitig verhindern, wenn er versucht, sofort die Dame zu entwandeln: 8.h7-h6 9.e7-e8=D, und Schwarz ist retropatt.
Nun hingegen kann man weiter auflösen, auch wenn das noch etwas trickreich ist. Beide Damen und auch wSb1 können den Südwestkäfig nun verlassen, anschießend auch sKc1. Nun stehen aber immer noch die beiden Entschläge der schwarzen Steine aus, die wir im weiteren Verlauf des Rückspiels erklären können: Wir wissen, dass wSb1 auf e8 entwandeln muss, dann muss dann Weiß mittels f6xXe7 den fehlenden schwarzen Turm entschlagen, denn anders kann der nicht zurück auf die achte Reihe, da der Nordwest-Käfig erst aufgelöst werden kann, nachdem Schwarz e7-e6 zurücknehmen konnte und damit Se6-d8 möglich ist. Dafür müssen allerdings sowohl [Th8] als auch [Lf8] schon zu Hause sein.
Und damit ist auch klar, wie es im Südwesten weitergeht: b2-b3, Lb3-a4, sBa4-a3, a3xLb4 — das geht wegen der Felderfarbe nirgendwo anders, und damit sind alle Entschläge eindeutig erklärt:
sBh3xSg2, sBa3xLb2, wBf6xTe7 und wBa3xLb4.
Das Entschlagen des weißen Ceriani-Frolkin-Springers ermöglicht mit dessen Hilfe das Öffnen des Südwest-Käfigs; die Entwandlung dieses Springers erlaubt dann die Öffnung des Nordwest-Käfigs. Mir gefällt diese Aufgabe mit der einheitlichen Öffnung gleich zweier Käfige durch den gleichen weißen (Umwandlungs-)Stein sehr gut.
Yesterday (!?), Yoav Ben-Zvi reported a cook on the original diagram, starting with: (R): 1.Da2-b1 Th6-f6 2.f3xSg4 Se3-g4 3.f2-f3 Sd5-e3 4.h4-h5 Sc3-d5 5.h3-h4 Sb1-c3, etc.
Andrey Frolkin corrected the problem (by omitting the moves -1…Tf1-f6 -2.h4-h5) to the new position with Tf6->f1 and Bh5->h4. The rest of the solution remains the same, with the interesting addition of a new try: (R): 1.Da2-b1+ R~ 2.f3xSg4 Se3-g4 3.f2-f3 Sd5-e3 4.h3-h4 Sc3-d5 5.h2-h3 Sb1-c3 6.Da1-a2 Da2-a3 7.a3xLb4?? – illegal cluster in the bottom left corner.
The judge, Vlaicu Crişan, liked the correction that lead to enhanced content.
A detailed report will be published in the April 2018 issue of StrateGems.
An experienced retro solver might guess immediately the black Rook is promoted. But it requires some out-of-the-box thinking to imagine the uncapture of a promoted bS as in the cook. Wow!
Glad Andrey managed quite easily to rescue the composition, incorporating the cook in the intention. This happy-end story just underlines how fascinating yet still difficult is our [classic] retro world.
I like the two ‘phases’ in the retroplay: one with time pressure followed by one with non-obvious resolution.
Unfortunately, I found the intended solution on my first try, so either I was lucky or the problem is too easy.
Third possible reason, dear Henrik, might be: You are an excellent solver! 😉