Korrektur 14.3.22: Vorname des Sohns
In dieser Woche erhielt ich den Preisbericht des Gligor Denkovski Gedenkturniers, das von seinem Sohn Ivan organisiert worden war. Zu den drei ausgeschriebenen Rubriken gehörten auch Beweispartien, die sowohl typische Retro-Themen als auch solche, die eher für andere Problemgattungen typisch sind, zeigen sollten.
Preisrichter Kostas Prentos zeichnete vier von zwölf eingesandten Aufgaben aus; von der Preis-Aufgabe bin ich ebenso begeistert wie er.
Gligor Denkovski Gedenkturnier 2018, Preis
Beweispartie in 17 Zügen (13+15)
Die 1+3 Doppelbauern im Diagramm erklären die 3+1 fehlenden Steine, wobei nicht ersichtlich ist, ob Bf3 nun von e2 oder g2 kommt. Erinnert ihr euch an das letzte Retro der Woche? Da stellte sich am Anfang die selbe Frage! Klar ist aber, dass [Bc2] fehlt und sich auf c8 umwandeln musste, um geschlagen werden zu können oder einen geschlagenen weißen Offizier zu ersetzen. Bei Schwarz fehlt ein Turm (vermutlich [Th8], da am Zug-sparsamsten), der auf f3 geschlagen wurde. Damit zählen wir die schwarzen Züge: 2+3+2+2+2+6=17.
Dabei haben wir die lange Rochade vorausgesetzt, ebenso die beiden Züge des [Th8] und eine Rückkehr des [Lc8], damit auf c8 die Umwandlung ebenso wie die Rochade geschehen können. Und damit sind (bis auf das genaue Schlagfeld cxb und das „Parkfeld“ des [Lc8]) die schwarzen Züge erklärt, speziell auch Dd8-a5-h5-h8. Wir sehen auch, dass hxg6 relativ früh geschehen muss, damit sich [Th8] auf f3 opfern und [Dd8] nach h8 gelangen kann, denn auch d7-d5 muss recht früh erfolgen — jedenfalls vor der Umwandlung und der Räumung von c8 für die Rochade.
Daraus können wir auch schon ableiten, was auf c8 erwandelt wurde: Nicht Dame oder Turm, da die Schach bieten würden (wie wissen, die Dame steht schon auf der h-Linie!), auch kein Springer, da der von d6 aus Schach bieten oder auf b6 mit seinem schwarzen Kollegen kollidieren würde.
Also entstand dort ein Läufer — und damit muss fxe6 sehr spät erfolgt sein, weil nämlich [Lc8] über e6 hinaus ausweichen und dann wieder zurückkehren muss, weil ja auch der UW-Läufer nur über die Diagonale c8-h3 das schwarze Lager verlassen kann.
Und daraus können wir schon ableiten, dass ganz zum Schluss erst fxe6 erfolgen kann — dass dort der UW-Läufer geschlagen wurde. Damit ist u.a. klar, dass Bf3 von e2 kommt, da [Bg2] sich vorher auf g6 opfern musste, um den [Th8] frei zu spielen. Und dann musste sich [Lf1] auf b3 (genau dort wegen der Felderfarbe) opfern.
Nun müssen wir „nur noch“ herausfinden, wie die beiden Läufer von c8 aus aneinander vorbei kommen, sodass der schwarze wieder nach c8 zurückkehren kann und sich der weiße anschließend auf e6 opfert.
Der Umwandlungsläufer kann die Diagonale nur auf f5 oder g4 frei machen, also muss [Lc8] mindestens bis g4 ziehen. Und wegen der schwarzen Zugnot (durch die erst spät mögliche Rochade) müssen die letzten drei Halbzüge 16.– Lc8 17.Le6 fxe6 gewesen sein.
Und damit ist nach den vorherigen Überlegungen klar, dass das alles nur funktioniert, wenn sL auf g4 und wL auf h3 steht. sLc8 bahnt also für den UW-Läufer, damit dieser ihn vollständig (perikritisch) umgehen kann, damit [Lc8] dann in der anderen Richtung wieder für den Umwandlungsläufer bahnen kann: vollständige Darstellung des Rehm-Themas, das man hauptsächlich aus Hilfs- und Hilfsselbstmatts kennt.
Mit diesen Vorüberlegungen ist die Lösung dann nicht mehr so schwer zu finden:
1.g4 c5 2.g5 Da5 3.g6 hxg6 4.Lg2 Th3 5.Ld5 Tf3 6.Lb3 c4 7.exf3 cxb3 8.c4 Dh5 9.c5 d5 10.c6 Lg4 11.c7 Sd7 12.c8=L Sb6 13.Lf5 Dh8 14.Ld3 OOO 15.Lf1 Kc7 16.Lh3 Lc8 17.Le6 fxe6..
Wir haben also als typische Retro-Themen den Pronkin (15.Lf1!) und Ceriani-Frolkin, als anderes Thema das hoch komplexe Rehm-Thema — alle einheitlich dargestellt mit der selben weißen Figur: Eine grandiose Aufgabe, die wir sicherlich im FIDE-Album wiederfinden werden.
Übrigens ist dies nicht die Erstdarstellung des Rehm-Themas in einer Beweispartie: Die gelang Manfred Rittirsch mit seinem ersten Preis im Hans Peter Rehm 70 Turnier (siehe unser Retro der Woche 32/2014), allerdings strategisch nicht so komplex wie hier.
C+ by Natch 3.1 in 12 seconds
Dieses Problem erinnert mich an Manfred Rittirschs ebenfalls großartige Beweispartie mit einem Rehmer (PDB: P1295798), bei dem die beiden thematischen Läufer sogar am Ende beide geschlagen werden. Manfreds Problem ist sehr zugökonomisch, dafür hat Michels Problem noch mehr Inhalt.