Kürzlich stieß ich auf den Retro-Preisbericht der japanischen Zeitschrift „Problem Paradise“ für die Jahre 2015 und 2016, und das Stück, das Preisrichter Bernd Gräfrath mit dem 1. Preis ausgezeichnet hat, möchte ich euch heute vorstellen.
Problem Paradise 2015-2016, 1. Preis
Beweispartie in 20,5 Zügen (16+13)
Weiß hat noch alle Mann an Bord, bei Schwarz fehlen [Bd7], [Bg7] sowie einer der beiden Türme. Die Bauern können nicht von weißen Bauern geschlagen worden sein, sie können auch nicht umgewandelt haben, da sie schlagfrei nicht zur ersten Reihe durchkommen konnten. Also wurden sie beide von weißen Offizieren geschlagen und der fehlende schwarze Turm verschwand auf f3.
Das können wir sofort beim Zählen der schwarzen Züge im Diagramm berücksichtigen: Egal welcher Turm nach f3 und nach b5 zog: Beide benötigten jeweils drei Züge.
Dies berücksichtigend zählen wir bei Schwarz 1+2+6+3+4+3=19 Züge – ein schwarzer Zug ist also noch frei. Bei Weiß schaut dies viel dramatischer aus: 4+1+0+0+0+4=9 – hier sind gleich 12 Züge frei, und darunter befinden sich wegen der acht weißen Bauern auf dem Brett offensichtlich keine Umwandlungen.
Aber vielleicht können wir noch den fehlenden schwarzen Zug ableiten? Zunächst wissen wir, dass zumindest einer der beiden fehlenden schwarzen Bauern zu Hause geschlagen worden ist, denn beide hatten auf keinen Fall die Möglichkeit zu ziehen.
Betrachten wir doch einmal den Läufer auf d3: Wenn der in zwei Zügen sein Feld erreicht hat, muss das ziemlich früh geschehen sein: Nämlich bevor Se4, bevor f6 und bevor Kf7 gespielt werden konnten. Demnach könnte [Bd7] nicht zu Hause geschlagen worden sein, da dann [Ke8] noch nicht hätte nach f7 ausweichen können. Davor hätte auch noch [Bg7] geschlagen worden sein müssen, um [Th8] nach f3 zu lassen: Der Schlag dort wiederum ist offensichtlich Voraussetzung für den Beginn der weißen Königswanderung in die Brettmitte.
Wenn der losgeht, darf allerdings Ld3 noch nicht dort sein, weil der dann den Königsmarsch via e2 verhindert. Und der König kann (obgleich er ja möglicherweise viel Zeit hat) nicht über g2 marschiert sein, denn vor dem Zug Bg3 muss ja schon die schwarze Dame auf h2 angekommen sein.
Also kann offensichtlich der schwarze Ld3 sein Zielfeld nicht in zwei Zügen erreicht haben. Dann aber wurden beide fehlenden schwarzen Bauern zu Hause geschlagen, weil [Lc8] nun drei Züge benötigt.
Welchen Umweg hat er nun genommen? Via b5 oder c4 ändert nichts an den Problemen des wK, nach d5 zu kommen – also bleibt nur ein, zunächst verrückt erscheinendes Feld, nämlich f1! Also muss [Lc8] via h3 und f1 nach d3 gekommen sein – und das konnte dann auch später erfolgen, wenn [Ke1] bereits im Zentrum angekommen ist.
Aber wie kam [Lc8] an [Lf1] vorbei? Der muss ihn „irgendwie“ durchgelassen haben. Und dann müssen wir uns natürlich noch überlegen wer [Bd7] zu Hause geschlagen hat, wie das möglicherweise mit unseren voran gegangenen Überlegungen zusammenpasst? Und dann muss ja auch noch [Bg7] zu Hause verschwinden…
Trotz dieser Vorüberlegungen und sichtbarer Reihenfolgen speziell der schwarzen Züge ist es jetzt immer noch nicht ganz so einfach, die Lösung zu erarbeiten, gerade weil das weiße Spiel so originell und unerwartet ist.
1.b3 Sf6 2.Lb2 Se4 3.Lxg7 Tg8 4.Lb2 Tg3 5.h4 Tf3 6.exf3 f6 7.Lb5 Kf7 8.Lxd7 Sc6 9.Lh3 Dd6 10.Lc1 Dh2 11.g3 e5 12.Lf1 Lh3 13.Lb5 Td8 14.Ke2 Td5 15.De1 Sd8 16.Ld7 Tb5 17.Kd3 Lb4 18.Kc4 c5 19.Kd5 Lf1 20.Lh3 Ld3 21.Lf1.
Eine wie ich finde begeisternde Aufgabe, die ich gern im TBBG-120-Turnier, das ja gestern zu Ende gegangen ist, gesehen hätte…
The Lf1 goes f1-b5-d7-h3-f1 twice, crudely motivated the first time (xPd7), more elegantly the second time.
A little too difficult to solve for my taste.