Constraints

Prüfprogramme für Beweispartien haben besonders dann große Probleme, in überschaubarer Zeit ein Prüfergebnis zu liefern, wenn sowohl bei Weiß als auch bei Schwarz “freie”, also nicht aus dem Diagramm ableitbare Züge vorhanden sind: Beim “Brute Force” Rechnen, also der Berücksichtigung aller theoretisch möglichen Züge, führt dies schnell zu extremen Prüfzeiten, die etwa exponenziell mit der Anzahl der freien Züge wächst. Wie sagte mal ein Professor während meines Studiums? “Nichts wächst so schnell wie exponenziell.” (Schaut euch mal die Ackermannfunktion an, wenn ihr sehen wollt, wie schnell “exponenziell” wachsen kann!)

Kann man einem Prüfprogramm nun “menschliche Erkenntnisse” zum Beispiel zu Reihenfolgen von Zügen oder zur Mindest- und Höchstzahl von Zügen eines Steins mitteilen, so kann man damit die Prüfzeiten drastisch verkürzen — man muss sich dabei “nur” darüber im Klaren sein, dass dies keine vollständige Computerprüfung darstellt, denn wenn die Überlegungen zu möglichen Einschränkungen (englisch: “constraints”) des Suchbaums einen Denk- oder Notationsfehler enthalten, kann das Ergebnis unseres Rechenknechts (englisch: “computer”) natürlich nicht korrekt sein.

Natch und Euklide enthalten rudimentäre Möglichkeiten, solche “constrains” einzugeben und zu nutzen; diese wurden bei Jacobi noch erweitert. In dem interessanten Artikel “Solving program Jacobi equipped with constraints — a new tool to check proof games” haben nun Michel Caillaud, Nicolas Dupont und François Labelle anhand von jeweils drei orthodoxen und Märchen-Beweispartien die Möglichkeiten ausführlich dargestellt. Dieser lesenswerte Artikel kann auf Julias Fairy-Seite als pdf-Datei gelesen bzw. direkt heruntergeladen werden.

Sehr empfehlenswerte Lektüre!

Retro der Woche 48/2018

In den letzten beiden Retros der Woche (46/2018 und 47/2018) hatten wir ausgezeichnete Aufgaben des Schwalbe-Jahrgangs 2008 betrachtet; heute möchte ich euch den Sieger des Jahrgangs 2009 zeigen.

Dmitri Baibikow ist ein ideenreicher, exzellenter und vielseitiger Komponist und ist amtierender Weltmeister im Komponieren von Retro-Schachproblemen (2013-2015); mit anderen Worten: Er gewann die Retro-Abteilung des 6. WCCI, übrigens vor Silvio Baier und Nicolas Dupont, womit er seinen Titel aus dem Zeitraum 2010-2012 verteidigen konnte.

Das Schwalbe-Turnier 2009 gewann Dmitri mit einem sehr tiefen und ungewöhnlichen Verteidigungsrückzüger, den ich euch zum gründlichen Nachspielen ans Herz lege.

Dmitri Baibikow
Die Schwalbe 2009, 1. Preis, Mario Richter gewidmet
#1 vor 10 Zügen, VRZ Proca (12+10)

 

Beide Seiten sind von Retropatt bedroht, alle weißen Steine stehen innerhalb des riesigen Südost-Käfigs und können allein kein Matt geben: Nach einem möglichen sLg2-f1 ist zwar e2 nicht mehr gedeckt, aber dafür das Fluchtfeld f1 entstanden. Weiß braucht daher zusätzliches Material, will also Schwarz zum Entschlagen zwingen.

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Wunderland der Schachaufgaben

[Werbung] Heute lag bei mir das Dezemberheft der Zeitschrift SCHACH im Briefkasten. Bereits im Oktoberheft hatte Bernd Gräfrath dort einen fünfseitigen Beitrag unter dem Titel „Rätsel und Schachkompositionen oder wie finde ich einen Zugang zum Problemschach?“ veröffentlicht. Hierbei gibt Bernd Literaturempfehlungen zum Einstieg ins Problemschach speziell durch die Partiespieler-Brille.

Im Dezemberheft folgt nun von mir die ebenfalls fünfseitige Fortsetzung „Das Wunderland der Schachaufgaben“. Dabei lege ich den Fokus mehr auf die Inhalte der Probleme, sprich: Auf die ihnen zu Grunde liegenden Ideen. Auch ich mache das anhand von fünf Buchenpfehlungen und stelle daraus jeweils zwei Aufgaben vor. Ich habe versucht, die Aufgaben so zu beschreiben, dass sie das Interesse eines Partiespielers wecken. Dabei vermeide ich „Problemisten-Slang“ und nutze nur ganz vorsichtig einige problemschachliche Begriffe.

Ich kann euch nur empfehlen und bitten: Nehmt beide Aufsätze mit in euren Schachclub, schaut euch zusammen mit ein paar „klassischen Partiespielern“ die eine oder andere Aufgabe an: So könnt ihr prächtig Werbung für euer Lieblings-Hobby betreiben!

Nachbemerkung:
Nein, mein Blog wird auch zukünftig keine bezahlte Werbung enthalten! Auch für den heutigen Hinweis auf die Zeitschrift SCHACH, deren Abonnent ich bin, ziehe ich keine Vorteile für mich. Aber einige Abmahnanwälte haben eine neue „Geschäftsidee“ entwickelt: Blogger kostenpflichtig abzumahnen, weil sie angebliche Werbung in ihren Beiträgen nicht gekennzeichnet haben. Dieses Risiko möchte ich natürlich nicht eingehen.

Einsendeschluss 30.11.2018

Ihr erinnert euch an die Ausschreibung des 7. Problemschach-Wettbewerb des SVW? Gefordert ist das möglichst schnelle (nicht unbedingt eindeutige) Erspielen der “Viele-Väter-Stellung” — allerdings nur mit Königs- und Bauernzügen.

Wertvolle Preise könnt ihr gewinnen — ihr müsst natürlich den Einsendeschluss 30. November 2018 beachten…

Retro der Woche 47/2018

Im Retro der letzten Woche habe ich hier den 2. Preis der klassischen Retros im Schwalbe 2008 Informalturnier vorgestellt, nun möchte ich euch den 2. Preis der „Beweispartien“-Abteilung aus dem Preisbericht von Nicolas Dupont zeigen.

Dieser Jahrgang war für mich ein ganz besonderer, da ich mit dem Juniheft 2008 die Sachbearbeitung der Schwalbe-Retros übernommen hatte, nachdem Günter Lauinger diese Abteilung über 31 Jahre -– er übernahm sie von bernd ellinghoven mit dem Februarheft 1977 –- so unnachahmlich geleitet hatte.

Dies erklärt natürlich auch den sehr hohen Anteil an Widmungsaufgaben für Günter im Jahr 2008.

Gianni Donati & Olli Heimo
Die Schwalbe 2008, 2. Preis, Günter Lauinger gewidmet
Beweispartie in 19 Zügen (15+12)

 

Wie üblich beginnen wir mit dem Zählen der sichtbaren Züge und einer Analyse der Schlagbilanz.

Bei Weiß sind wir mit dem Zählen recht schnell fertig: 2+1+0+0+0+2=5 sichtbare Züge – das ist nicht viel! Bei Schwarz ist es ein wenig ergiebiger: 1+0+3+3+1+5=13, aber auch das lässt noch komplette sechs Züge frei. Das ist vielleicht auch der Grund, weshalb diese relativ kurze Beweispartie ohne ein „C+“ z.B. in der PDB zu finden ist.

Aber vielleicht hilft uns ja die Analyse der Schlagfälle weiter?

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Zwischendurch (59)

Rolf Kohring gibt für den Münchener Problemkreis die mpk-Blätter heraus, die auch für Nicht-Münchener im Internet frei zur Verfügung stehen. Aus den aktuellen November-Ausgabe möchte ich eine kleine Beweispartie von Rolf “für zwischendurch” vorstellen.

Rolf Kohring
mpk-Blätter 2018
Beweispartie in 5 Zügen (15+13)

 

Wenn man den Trick erkennt, ist das eine Sekundensache — aber nehmt die Aufgabe mal mit in euren Schachclub, das ist sicher etwas für “Partyspieler”!

Retro der Woche 46/2018

Wenn ihr ein klassisches Retro von Thomas Volet seht, ist auch bei euch sicher einer der ersten Gedanken: „Schachschutz“? Mit diesem Thema hat Tom schon viele schöne Aufgaben gebaut; eine ganz besondere möchte ich heute vorführen.

Thomas Volet
Die Schwalbe 2008, 2. Preis
Löse auf (15+12)

 

Beginnen wir wie üblich mit der Analyse der Schlagfälle: Auf f6 wurde der einzig fehlende weiße Stein, ein Springer, geschlagen, bei Schwarz fehlen Springer, Turm und zwei Bauern; drei weiße Schläge sind im Diagramm zu sehen: Bcxbxa und Bh2xg3. Die beiden fehlenden schwarzen Bauern [Bc7] und [Bd7] können selbst nicht geschlagen haben, können aber auch beide nicht von Bauern geschlagen worden sein.

[Bc7] muss sich schlagfrei auf c1 umgewandelt haben, und [Bd7] wurde auf seiner Linie geschlagen.

Schnell sehen wir auch, wie der Knoten im Westen geöffnet werden kann: Durch die Rücknahme von Bd2-d3. Das aber ist nicht so einfach.

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