Heute möchte ich euch einen besonderen Verteidigungsrückzüger (VRZ) vorstellen und dabei mit euch einen Blick über den Zaun werfen: Natürlich gibt es die Übertragung verschiedener Themen aus „Vorwärts-Problemen“ in den VRZ schon lange und vielfach. Die Übertragung moderner, zyklischer Zweizügerthematik in den VRZ dürfte hingegen neu sein – zumindest, wenn dabei auch retroanalytische Überlegungen eine gewichtige Rolle spielen.
Problemas 2018
-2 & #1, VRZ Proca (15+9)
Beginnen wir wie üblich mit den Schlagbilanzen: Bei Weiß fehlt ein Turm, und der wurde auf der b-Linie geschlagen – ob nun vom [Ba7] oder vom [Bc7], wissen wir nicht.
Weiß hat selbst sieben Bauernschläge durchgeführt, nämlich einerseits axb, und andererseits haben die beiden Doppelbauern auf der e- und der h-Linie insgesamt sechsmal geschlagen: sie kommen von c2 und d2.
Damit sind alle fehlenden Steine erklärt.
Aber wie kann Weiß vor zwei Zügen Matt gegeben haben, was kann er drohen?
Gar nichts; Weiß spielt auf Zugzwang!
Schnell sehen wir, dass nach einem Entschlag des fehlenden weißen Turms auf b4 der schwarze Springer auf c4 retro-gefesselt ist: Weiß hat keine Möglichkeit, nach einem Wegzug des Springers das Schach dieses Turms gegen den schwarzen König aufzuheben: wKe4-f5+ kann nicht zurückgenommen werden, da Schwarz dann das Schach gegen den weißen König nicht aufheben kann, denn sBd5 kann ja nicht geschlagen haben.
Nehmen wir nun einmal R 1.Ta6-b6 zurück, so haben wir auf die Rücknahme von Ba5xTb4 den Wartezug 2.Sc1-a2 – und nun war der letzte schwarze Zug “offensichtlich” g7-g5: Schwarz hat keinen anderen Bauern-Rückzug, die Retro-Fesselung des sSc4 schlägt zu, und auch sSh1 und sKh4 können offensichtlich nicht zuletzt gezogen haben. Also kann Weiß vorwärts mit 1.hxg6ep# das Matt erreichen.
Nimmt Schwarz hingegen Bc5xTb4 zurück, so nimmt ihm Weiß mit 2.Tc6-a6 auch wieder die Möglichkeit, einen Bauernzug zurückzunehmen – wieder war g7-g5 der letzte schwarze Zug, wieder gefolgt von 1.hxg6ep#. Nimmt Schwarz hingegen sofort g7-g5 zurück, kommt Weiß nach 2.Dg6-h6 & vor: 1.Dg4# zum Ziel.
Allerdings, und deshalb war R 1.Ta6-b6 die Verführung, kann Schwarz S~-c4 zurücknehmen, und Weiß kommt nicht weiter.
Ist es sinnvoll, nun R 1.Tc6-b6 zu versuchen? Könnte damit Weiß auf eine beliebige Rücknahme durch sSc4 zum Ziel kommen – und was würde sich bezüglich der Entschläge des wTb4 ändern?
Das ist die Darstellung des sogenannten Kiss-Themas (die Erstdarstellung stammt aus dem Jahr 1984, siehe P1041054) im Vorwärts-Zweizüger: Dort zyklische Verschiebung der Schlüsselzüge und Matts in mindestens zwei Varianten; das bedeutet auf den VRZ übertragen eine entsprechende Verschiebung der ersten und zweiten Rücknahmezüge.
Schreiben wie das noch einmal wie im heutigen Zweizüger üblich „mit Buchstaben“ auf:
R 1.Ta6-b6? (A) a5xTb4/c5xTb4 2.Sc1-a2 (B)/Tc6-a6 (C)
R 1.Tc6-b6! (C) a5xTb4/c5xTb4 2.Ta6-c6 (A)/Sc1-a2 (B)
Auch modern Zweizüger-Thematik lässt sich im Verteidigungsrückzüger mit echten retroanalytischen Ideen verbinden – wer hätte das gedacht?
Very interesting.
A slight weakness is the fact that the try fails on any retraction of Sc4.