Vom Beweispartie-Informalturnier des Probleemblad 2009-2010 hatte ich hier bereits die beiden großartigen ersten Plätze (1. Preis und 2. Preis) vorgestellt. Aber auch der dritte Preis sollte nicht dem Vergessen anheim fallen; mit dem wollen wir uns heute beschäftigen.
Probleemblad 2009-2010, 3. Preis
Beweispartie in 30 Zügen (15+11)
Bei Schwarz sind wir mit dem Zählen der sichtbaren Züge sehr schnell fertig; wir haben ja beinahe eine Homebase-Stellung vor uns; nur ein Turmzug ist sichtbar.
Bei Weiß hingegen fallen sofort zwei Umwandlungsspringer ins Auge, und damit können wir auch schon die sichtbaren Züge zählen: 3+1+4+3+4+4(+10)=29 – nur ein weißer Zug ist noch frei – und auch das nur unter der Voraussetzung, dass die beiden Umwandlungsspringer jeweils nur einen Zug gemacht und der fehlende weiße Bauer zu Hause geschlagen wurde.
„Nur ein Zug eines Umwandlungsspringers“ würde bedeuten, dass einer auf g8, der andere auf d8 oder h8 umgewandelt hätte. Umwandlung auf h8 erforderte dann aber sechs weiße Schläge – so viele Schlagopfer stehen nicht zur Verfügung. Also erfolgte zumindest eine Springerumwandlung auf d8. Dann stellt sich sofort die nächste Frage: Was wurde auf d8 geschlagen?
Auch fallen natürlich sofort die beiden weißen Doppelbauern auf: Sie können nicht direkt einen der fehlenden schwarzen Bauern geschlagen habe, denn [Bf7] bzw. [Bh7] konnte ja nicht nach e bzw. g schlagen: der fehlende weiße Bauer konnte ja maximal einen Zug machen, musste also woanders geschlagen werden: Dies erfordert also zwei schwarze Umwandlungen.
Kommen wir auf die Fragen nach den möglichen weißen Umwandlungsfelder für die Springer zurück: Konnte wirklich auf g8 umgewandelt werden? Dann stellt sich die Fragen wie denn [Bh2] an [Bh7] vorbeigekommen sein kann: [Bh7] konnte nicht selbst auf g3 schlagen, da ihm dort ein Schlagobjekt fehlt, wie wir schon gesehen haben. Und „Herumschlagen“ um den [Bh7] würde – neben dem Problem mit sTh5 – gleich fünf schwarze Umwandlungen erfordern – dafür fehlen dann aber doch die Züge, da dann nur vier Züge für die fünf Umwandlungssteine übrigblieben.
Also – und das ist sicherlich überraschend – erfolgten beide weiße Umwandlungen auf d8! Damit wurde der fehlende weiße Bauer auf seinem Ursprungsfeld geschlagen – und Schwarz muss vier Bauern umwandeln: Zweimal schlägt Weiß auf d8, dann noch auf e3 und g3.
Das ist schon eine Menge an Informationen, die wir aus der Diagrammstellung abgeleitet haben; vielleicht mögt ihr euch ja nun an der Lösung selbst versuchen? Als weiteren Tipp könnt ihr sonst noch meine Zusammenfassung des Inhalts zu Rate ziehen…
Eine hochkomplexe Umwandlungsgeschichte mit gleich vier schwarzen Damenumwandlungen (zweimal Pronkins, zweimal Ceriani-Frolkin); die im Diagramm sichtbaren zwei weißen Springerumwandlungen erfolgen auf dem Damen-Pronkin-Feld. Ich empfehle euch noch einen Vergleich mit dem zweiten Preisträger dieses Turniers; den Link findet ihr ja ganz am Anfang dieses Beitrags.
Zu diesem Zeitpunkt war das eine der bahnbrechenden Beweispartien. Es wurden viele der Art 2x Ceriani-Frolkin + 2x Pronkin komponiert. Allerdings gelang es erst im vergangenen Jahr (Silvio Baier, StrateGems 82, 2018), genau diese Kombination ohne sichtbare Umwandlungsfiguren im Diagramm darzustellen. Die Notation ist 1.a4 c6 2.a5 Db6 3.a:b6 a5 4.b4 a4 5.Lb2 a3 6.Lf6 a2 7.Sa3 e5 8.Tc1 a1=D 9.c4 Dc3 10.f4 Dg3 11.h:g3 e4 12.Th5 e3 13.Ta5 h5 14.d4 h4 15.d5 h3 16.d6 h2 17.Dd5 h1=D 18.Dg5 Dh5 19.f5 Df3 20.e:f3 e2 21.Kd2 e1=D+ 22.Kd3 De7 23.Se2 Dd8 24.Sc3 Dc7 25.d:c7 d5 26.Sa4 d4 27.Ke4 d3 28.Tc3 d2 29.Ld3 d1=D 30.Lc2 Dd8 (C+) und hier gibt es keine unthematischen Schlagfälle. Roberto Osorio gelang es sogar, auch die zweite Pronkin-Dame noch verschwinden zu lassen, dann allerdings mit einer offensichtlichen Umwandlung (SB&RO, SG 82): 31.Ke5 Ld7 32.c8=S Dc7+ 33.b:c7 (C?).
Und ich spendiere mal die Forsyth-Edwards-notation (FEN) dazu:
rnbqkbnr/1pP2pp1/1Pp2B2/R4PQ1/NPP1K3/N1R2PP1/2B3P1/8
Four invisible black queen promotions (at the cost of two very visible white knight promotions) is impressive, but (like the judge) I prefer the elegance of the 2. prize winner.