Im Retro der Woche 36/2019 hatte ich vom Murfatlar-Turniers anlässlich des diesjährigen WCCC in Vilnius berichtet: Dort waren Beweispartien mit der Bedingung „Duellantenschach“ gefordert. Ich hatte dort den ersten Preis hier vorgestellt, doch der wurde leider anschließend gekocht.
Nun möchte ich auf den zweiten Preis des modifizierten Preisberichts (dessen URL hat sich übrigens seit dem Retro der Woche 36/2019 geändert!) eingehen, der mir sehr interessant erscheint, weil er nämlich eine sehr typische Duellantenschach-Strategie thematisiert.
Murfatlar Turnier 2019, 2. Preis
Beweispartie in 23 Zügen, Duellantenschach (15+14)
Noch einmal die Definition der Bedingung, entnommen dem Schwalbe-Lexikon: „Der einmal gewählte Stein des Startzuges einer Partei muss auch alle folgenden Züge seiner Partei bestreiten. Ist dies nicht mehr möglich, bringt ein neuer Startzug einen neuen Duellanten ins Spiel. Die Schachwirkung aller Steine bleibt normal erhalten.“ Alle Züge sind also auch unter den orthodoxen Schachregeln legal.
Während es in der Anfang September vorgestellten Aufgabe einige Schlagfälle gab, die, wenn der gerade aktive Duellant geschlagen wird, natürlich für eine ziemlich banale Art der Ablösung sorgen, geht es heute deutlich „strategischer“ zu.
Es fällt sofort auf, dass es zu vielen Ablösungen weißer Steine gekommen sein muss: Bauern kann man noch recht einfach durch Blockade ablösen, bei den Offizieren ist das schon schwieriger. Und wir sehen, dass mindestens fünf Offiziere abgelöst werden mussten, wSc1 sogar mindestens zwei Mal, da er ja einen Turm durchlassen musste.
Andererseits sind bei Schwarz nur drei Züge des sSf5 sichtbar: Kann der alles allein erledigt haben? Betrachten wir also auch die fehlenden Steine: Bei Weiß fehlt nur [Lf1], bei Schwarz nur [Dd8] und [Bd7]. Der weiße Doppelbauer auf der g-Linie muss also durch Schlagen der [Dd8] entstanden sein.
Und die kann gut für die Ablösung der weißen Duellanten sorgen: Der weiße König steht recht frei, und so erscheinen „Schach- und Patt-Manöver“ recht gut möglich: Schwarz bietet mit der Dame Schach, das der weiße Duellant nicht parieren kann, also muss der König ziehen, wird damit zum neuen Duellanten, der dann von der Dame wieder patt gesetzt wird – und Weiß kann einen neuen Duellanten bestimmen.
Dafür bietet sich möglicherweise die Diagonale h4-e1 an: Dh4+, Kf1 Dg3, und der König steht patt. Und dann könnte es mit Dh3+, Ke1 Dg2 und wieder patt weitergehen, aber der wSh3 stört irgendwie dabei.
Verblüffender Weise funktioniert diese Idee nur, wenn Weiß rochiert, sodass das „Pattfeld“ h1 werden kann!
Wie Schwarz dies mehrfach nutzt und dann dafür sorgt, dass Weiß „die Rochade zurücknehmen“ kann, ist schon meisterhafte Strategie. Mit den Informationen wollt ihr vielleicht selbst die Lösung suchen? Das lohnt sich auf alle Fälle!
Subtile Strategie vor allem auf Seiten des Schwarzen, und das in einer eigentlich recht kurzen Beweispartie: Mir gefällt sie sehr gut!
Dies ist das letzte „Retro der Woche 2019“ – doch, am kommenden Sonntag erscheint die Rubrik natürlich auch, aber das zählt dann schon zum Jahr 2020 nach der Regel, dass die „Neujahrswoche“ genau dann zum neuen Jahr zählt, wenn der Donnerstag dieser Woche schon im neuen Jahr liegt. Und das ist nun der 2. Januar.
Active black queen forces multiple white duelist changes, and White undoes a castling.
Jacobi 7.0 in Heuristic mode found the intended solution in some 50 minutes, so the problem should be testable.