Ende letzten Jahres wurde erstmals unter den Fittichen der Weltschachorganisation FIDE die Weltmeisterschaft im Schach-960 ausgetragen; es gewann — zumindest für mich überraschend — im Finale recht deutlich Wesley So gegen Magnus Carlsen.
Zur Erinnerung: Beim Schach-960 wird die Partieanfangsstellung der Offiziere ausgelost, dabei stehen die Läufer auf unterschiedlich farbigen Feldern und der König irgendwo zwischen den Türmen; die schwarzen Offiziere werden symmetrisch zu den weißen aufgebaut (z.B. wKf1, dann auch sKf8).
Die Rochaderegeln entsprechen dem Geist des Normalschachs: Felder zwischen den Start- und Zielfeldern von König und Turm müssen frei sein, die vom König beschrittenen dürfen nicht bedroht sein, König und Turm dürfen noch nicht gezogen haben. Die Rochadestellungen sind die aus dem Normalschach bekannten. Da die Bezeichnungen „kurze“ oder „lange“ Rochade hier keinen Sinn ergeben (schaut euch mal eine im Schach-960 mögliche Anfangssstellung mit Tb1Kc1Tg1 an!), spreche ich lieber von der c-Rochade und der g-Rochade; notiert wird wie üblich O-O-O für die c- und O-O für die g-Rochade.
Die Schwalbe 2010, 3. Lob, Per Olin gewidmet
Letzte 5 Einzelzüge? Erster Schlag von Weiß? Schach-960 (13+11)
Natürlich wollen wir nicht 960 verschiedene Anfangsstellungen untersuchen — denken wir also lieber etwas nach! Der weiße König steht im Schach, das im Normalschach nicht erklärt werden könnte. Hier aber ist klar, dass Schwarz gerade die c-Rochade gespielt hat, also haben wir für den „westlichen“ Turm und den König bereits die Anfangsstellung Tc1/8 und Kd1/8.
Alle fehlenden Steine sind durch Bauernschläge zu erklären: die fehlenden schwarzen durch f2xg3 sowie exdxcxbxa, gefolgt von a8=L; die fehlenden weißen durch c7xb6 und hxgxf.
Was hilft uns das für die Anfangsstellung?
Eine Menge, denn wir wissen, dass alle vier Läufer von Bauern geschlagen wurden und nicht zu Hause! Damit scheiden a, b und h als Läufer-Ursprungsfelder aus wegen der weißen Bauern, c und d sind schon besetzt, und e scheidet aus wegen der schwarzen Bauern. Also standen die Läufer anfangs auf f1/f8 und g1/g8.
Damit muss sBg6 von g7 kommen, da ansonsten [Lg8] nie hätte herausgespielt werden können. Und damit war der erste Zug des [Bh7]: h7xLg6, denn anders hätte [Lf1] nicht verschwinden können.
Nach Rücknahme der Rochade müssen wir nun gegen drohendes schwarzes Retropatt Vorsorge treffen und einen schwarzen Stein entschlagen. Das geht am schnellsten mit f2xg3, dafür aber muss [Lg1] wieder zu Hause sein, und dafür muss die wD in die Ecke. Also haben wir als letzte Züge R 1.– O-O-O (Kc8,Td8) 2.Dh1-g1 c7xLb6 3.Lg1-b6 f5-f4 (g5xf4?? würde dem weißen König seinen Rückweg abschneiden), und nun f2xXg3, wonach sich die Stellung leicht auflöst.
Damit haben wir auch die Partieanfangsstellung ermittelt: wir sehen wDh1; dann musste der zweite wT auf e1 stehen (einer steht links, einer rechts vom König!), und damit standen die Springer auf a1 und b1; wir haben also SSTKTLLD als Partieanfangsstellung.
Und nun können wir auch den ersten weißen Schlag ableiten: Als erster Bauernzug kommt e2-e3? nicht in Frage, da dann [Lg8] nicht hätte geschlagen werden können. Also musste e2xXd3 erfolgen, erst dann konnten ein weißer Turm und [Lf1] im Nordosten geschlagen werden (h7xLg6xTf). Damit konnten die Figuren im Nordosten noch nicht heraus, bevor Weiß auf d3 schlug, und somit konnte das Schlagopfer dort nur ein Springer sein. Also wer der erste Schlag durch Weiß e2xSd3.
Wie ich finde, ein interessantes Auflöse-Stück, das durch die unbekannte Partieanfangsstellung zusätzliche und originelle Überlegungen erfordert. Ich hoffe, euch hat es auch gefallen?
Quite interesting.
Two tiny typos:
auch sKf8, not f1
c7xLb6, not LL
Henrik, Thanks a lot! I’ve corrected.