Retro der Woche 17/2020

Anfang des Monats hatte ich schon darauf hingewiesen, dass die Problemzeitschrift harmonie, die Torsten Linß schon als Jugendlicher unter schwierigen Bedingungen in der DDR herausgegeben hatte, leider ihr Erscheinen (zumindest vorläufig) eingestellt hat.

Im letzten Heft 142 erschien nun der Retro-Preisbericht 2015-2016, den Hans Gruber kurzfristig anstelle des ursprünglich benannten Richters erstellt hatte. Von den 37 im Berichtszeitraum veröffentlichten Aufgaben waren 32(!) Märchen-Verteidigungsrückzüger. Ich habe allerdings für heute eine der drei orthodoxen Beweispartien ausgesucht:

Silvio Baier
harmonie 2015, 3. Preis 2015-2016
Beweispartie in 30 Zügen (11+13)

 

Man sieht, dass der weiße Doppelbauer auf der a-Linie für alle drei Schläge der fehlenden schwarzen Steine verantwortlich zeichnet: Noch allerdings können wir nicht sagen, ob nun der Bauer auf a5 oder der auf a7 von d2 kommt.

Wir sehen auch, dass bei Schwarz drei Bauern fehlen, die [Bd2] niemals alle direkt schlagen konnte: Dafür käme höchstens [Bd7] nach einem Schlag (oder [Bf7] nach drei Schlägen) in Frage, die beiden anderen Bauern müssen auf dem Königsflügel umgewandelt haben, um dann die Umwandlungssteine oder die zugehörende Originalfiguren zu opfern.

Zählen wir nun die sichtbaren schwarzen Züge: Da sehen wir 2+1+2+1+5+7=18: Zwölf Züge sind also noch frei, aber wir haben ja schon gesehen, dass mindestens zwei schwarze Bauern umwandeln mussten. Dann bleibt jedem Umwandlungsstein noch genau ein Zug, um sich zu opfern. Damit müssen beide Bauern auf g1 in einen Läufer (Damen können wir „logisch“ ausschließen, denn dann wäre die Aufgabe ganz offensichtlich nebenlösig…) umgewandelt und sich dann auf der Diagonalen g1-a7 geopfert haben. Und damit wissen wir auch, dass wBa7 von d2 kommt – anders wären diese Opfer nicht möglich.

Damit steht fest, dass sich zwei der Bauern [Bf7], [Bg7] und [Bh7] auf g1 umgewandelt haben – egal in welcher Konstellation erfordert dies zwei Schlagfälle: Entweder waren es [Bf7] und [Bh7], dann musste jeder von ihnen einmal schlagen; war hingegen [Bg7] an den Umwandlungen beteiligt, so musste dann der „Nicht-Umwandlungsbauer“ noch auf die g-Linie schlagen.

Jetzt macht euch doch schon einmal Gedanken, was denn das dritte Schlagopfer des [Bd2] gewesen sein muss. Das ist auf den ersten Blick überraschend, stimmts??

Und damit müssen dann auch zwei weiße Bauern des Königsflügels umgewandelt haben: sie können alle drei nicht geschlagen haben, Schwarz kann nur einmal auf die g-Linie (also [Bg2]) geschlagen haben, und damit mussten [Bf2] und [Bh2] durchmarschieren. Denn aufgrund des Ergebnisses unserer Überlegung zum dritten schwarzen Schlagopfer können wir so etwas wie sSxBf7 ausschließen – warum?

Und „irgendwie“ müssen die beiden zusätzlichen weißen Offiziere ja auch verschwinden: Mit den Überlegungen von eben ist aber auch klar, wo das nur passieren kann?! Dann ist das Lösen immer noch nicht ganz einfach, sollte dann aber mit etwas Geduld gelingen können.

Lösung

Dass Weiß nun in zwei Damen umgewandelt hat, ist bei dem notwendigen Weg zum Selbstopfer nicht so überraschend, aber auf die drei Betrüger-Bauern (können eigentlich von der Reihe kommen, auf der sie stehen, mussten aber aus reinen Zeitgründen die Reihe wechseln) kommt man nicht unbedingt beim allerersten Blick aufs Diagramm?!

Ich werde voraussichtlich in zwei Wochen noch einmal auf diese Aufgabe zurückkommen, um sie mit einer anderen Beweispartie von Silvio zu vergleichen.

2 thoughts on “Retro der Woche 17/2020

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.