Rekordkonstruktionen zur Darstellung besonders sparsamer Stellungen mit eindeutigem letzten oder auch ersten Zug eines bestimmten Steines sind häufig technisch beeindruckende Aufgaben, die aber kaum Anreiz zum Lösen verbreiten, da sie aus Lösersicht schnell zu durchschauen sind.
Besonders reizvoll finde ich solche Aufgaben, die technische Brillanz und Lösespaß miteinander verbinden; eine solche Aufgabe möchte ich euch heute vorstellen.
feenschach 1982
Erster Zug des wTc8? (5+11)
Rasch erkennt man, dass der weiße König nur über g6-f7-e8 ins schwarze Lager gelangen konnte. Das schließt die Rücknahme von h6-h7 und von f7xXe6 erst einmal vollständig aus.
Der schwarze König kann im letzten Zug nicht einfach von d8 (illegales Doppelschach) oder von e8 (davor ging nicht d7xc8=T wegen illegalen Schachs durch den d7-Bauern) kommen. Weiß hat also zuletzt gezogen, R: 1.Te8*c8. Um Schwarz einen vorigen Zug zu geben, muss dieser Zug ein Schlag, und der muss dann Te8xD/Tc8 gewesen sein.
Nun gilt es festzustellen, ob Dame oder Turm das Schlagopfer war?!
Unabhängig davon ging es weiter zurück mit R: 1.– D/Td8xT/Sc8 2. fxSe8=T Sf6*e8 3. g6xD/T/Lf7.
Schauen wir nun nach dem fehlenden schwarzen Material: Im Diagramm fehlen DTTLS. [Th8] wurde im Nordosten geschlagen. Wie wir gesehen haben, starb die Dame oder der andere Turm auf c8, der Springer auf e8 und die beiden anderen Steine auf f7 und irgendwo auf der g-Linie, da ja [Bg2] noch zuhause auf dem Brett steht. Damit sind alle fehlenden schwarzen Steine erklärt, und wir haben etwa folgende Zwischenstellung:
1. Zwischenstellung
(6+14)
Wir erkennen, dass wBc7 mangels Schlagopfer direkt von c2 kam und dass wLa7 der [Lc1] ist. Um beide aus dem Käfig zu befreien, müssen sBc6 und sBd6 überkreuz geschlagen haben. Um damit den Nordwest-Käfig zu öffnen, können wir leicht den schwarzen König herausziehen und Weiß z.B. durch Entschlag eines weißen Springers beliebige Züge geben.
Hätte Weiß R: 1.Te8xDc8 zurückgenommen, könnten wir die schwarze Dame einfach aus dem Käfig zurückziehen. Betrachten wir also, was bei R: 1.Te8xTc8 passieren würde.
Wir können c7xd6 erst zurücknehmen, wenn [Lc1] – nach Rücknahme von a7xb6 – den Nordwest-Käfig verlassen hat. Vor allen Dingen können wir d7xc6 erst zurücknehmen, wenn [Lc8] wieder zuhause ist. Bei der schwarzen Rücknahme im ersten Zug kann also kein Springer entschlagen worden sein, da der niemals den Käfig hätte verlassen können, also wurde auf c8 ein weißer Turm entschlagen. Nach einigem Manövrieren erhalten wir dann etwa folgende zweite Zwischenstellung:
2. Zwischenstellung
(7+15)
Wir könnten nun Bd7xc6 zurückziehen, aber das hilft uns nicht weiter, da es [Lc8] ausschließt. Auch Ba7xb6 nicht, da das wLb8 einsperrt. Wenn wir [Lc8] nach Hause bringen, dann können wir etwa den schwarzen Turm nach b8 spielen, aber wenn wir d7xc6 zurücknehmen, ist der weiße Turm immer noch im Käfig von d8 und e8: Er kann nicht herausziehen.
Eine Stellung, der man ihre Raffinesse auf den ersten Blick gar nicht ansieht!
I agree with Thomas and Werner: A super retro.
The last 1.5 moves are determined, R: 1.Te8xDc8 Dd8xTc8+ 2.f7xSe8=T
Vielen Dank für dieses wunderbare Problem: scheinbar schlichte Stellung, raffinierte Auflösung.