soll das Schwalbe-Treffen in Chemnitz starten — die Mitgliederversammlung mit Vorstandswahlen soll dann wie üblich am Samstag, 17.10.2020 um 16:00 Uhr stattfinden.
In der Corona-Zeit gibt es da natürlich immer noch gewisse Unsicherheiten, drum will ich kurz den tagesaktuellen Stand, wie ihn Organisator Michael Schlosser heute in der Tagungsstätte erfahren hat, mitteilen:
In der Jugendherberge herrscht Maskenpflicht, nicht aber in unserem Tagungsraum.
Desinfektionsmöglichkeiten sind vorhanden und sollen genutzt werden.
Die Abstandsregeln sind natürlich einzuhalten.
Ein Beherbergungsverbot gibt es in Sachsen nicht. Nachtrag 10.10.20: Hierzu gibt es allerdings widersprüchliche Aussagen, siehe etwa die ADAC-Information vom 9.10.2020, 15:00 Uhr.
Natürlich können sich bis kommende Woche auch hier noch Änderungen ergeben; ein Update habe ich für den kommenden Donnerstag (15.10.2020) vormittags hier in meinem Blog vorgesehen; das wird dann auch auf der Schwalbe-Seite veröffentlicht.
Nachdem wir in den letzten Wochen hier meist schon etwas ältere Aufgaben betrachtet haben, möchte ich heute zum Rücksprung in die Gegenwart ansetzen und eine Aufgabe vorstellen, die im Februarheft 2020 der Schwalbe erschienen ist.
Silvio Baier Die Schwalbe 2020 Beweispartie in 26 Zügen (12+14)
Bei Weiß sind wir mit dem Zählen der sichtbaren Züge sehr schnell fertig. Bei Schwarz lohnt das schon eher: Wir sehen erst einmal 3+1+5+4+3+11=27 Züge: Upps, da kann doch etwas nicht stimmen, denn Schwarz hat nur 26 Züge gemacht. Wo kann man also einen Zug einsparen?
Eine Chance haben wir offensichtlich nur bei den Türmen: Dort hatte ich unter „statischer“ Berücksichtigung der Bauernstruktur und unter Vernachlässigung der anderen Steine gezählt: Th8-f8-f4-b4 und Ta8-c8-c4. Das kann auf dem Damenflügel schon nicht klappen, da dafür [Sb8] hätte ziehen müssen, dafür hat er aber definitiv keine Zeit.
Also muss Tb4 der [Ta8] sein mit Ta8-a4-b4 – und das wiederum setzt einen Kreuzschlag schwarzer Bauern auf der a- und b-Linie voraus. Das aber spart noch keinen Zug, das gelingt uns nur auf dem Königsflügel!
Gestern wurde der endgültige Bericht veröffentlicht, und der sieht etwas anders aus als der vorläufige: Der 2. und 3. Preis sowie das 1. Lob mussten disqualifiziert werden, die vorherige 1. ehrende Erwähnung ist nun der 2. Preis; hierzu habe ich eine Anmerkung im entsprechenden Beitrag ergänzt.
Natürlich lohnt es, den nun finalen Bericht genau anzuschauen!
Nun habe ich wirklich verpasst, pünktlich an den 20. Geburtstag der PDB zu erinnern:
Am 29. September 2000 ging die Problem DataBase offiziell online — zunächst mit ca. 9.000 Retros, denen wenige Monate später 75.000 Hilfsmatts aus der Niemann-Sammlung folgten. Heute enthält die PDB fast 440.000 Probleme, davon knapp 19.000 Retros — und die PDB ist von Anfang an ausschließlich das Werk von Freiwilligen, die die Aufgaben erfassen, kommentieren, die Einträge verbessern.
Ihnen allen sei herzlich für ihren Einsatz für die gesamte Problemwelt gedankt — ganz besonders natürlich Gerd Wilts, der sie nicht nur (zusammen mit Hans-Peter Reich und anderen) auf die Beine gestellt hat, sondern sie seitdem kontinuierlich weiterentwickelt und pflegt: Eine Arbeit von unschätzbarem Wert für uns alle!
Aktuell ist übrigens auf der PDB-Homepage ein Screenshot der ersten PDB zu sehen — wer erinnert sich auch noch daran?
Dass ich gelegentlich auf facebook nach Retros schaue und dabei auch schon manchen Zufallsfund gemacht habe, hatte ich hier schon erzählt.
Vom selben Autor ist mir wieder ein nettes Stück über den Weg gelaufen, das ich euch für zwischendurch empfehlen möchte. Der Autor stuft es als mittelschwer ein, ich fand es allerdings recht leicht zu lösen.
Lion Xray facebook, Chess Endgame Studies and Compositions 26.9.2020 Letzter Zug? b) wDe6>g4 (15+10)
Wie ich finde, eine sehr sparsame Themendarstellung in a) Und was haltet ihr von b)?
Natürlich gibt es die Lösung in etwa einer Woche wieder hier! Bis dahin viel Spaß beim Knobeln!
Lösung
a) R 1.0-0-0# Ke4-d3 2.e5xd6ep++ d7-d5 3.a7-a8=L+ etc.: Eine elegante und zeitökonomische Darstellung des Valladão-Task in drei direkt aufeinander folgenden weißen Zügen; hübsch!
b) ist deutlich simpler: R 1.Sd2-f1# Ke2-d3 2.Sf3-g1++ Kd3-e2 etc. Da bin ich mit den beiden Kommentatoren Joost de Heer und Henrik Juel einer Meinung: Das ist sicherlich verzichtbar.
„Zwölfender“ sind in der Natur sehr kapitale und auffällige Hirsche – und auch im Problemschach fallen „Zwölfender“ auf, hier sind sie gar noch deutlich seltener als in der freien Wildbahn. So konnte in den Jahren zwischen 1980 und 2000 nur ein einziger Retro-Zwölfender entdeckt werden.
Gemeint sind hier natürlich Aufgaben, die im FIDE-Album 12 Punkte bekommen haben – also von allen drei Preisrichtern die prinzipiell sehr selten gezogene Höchstnote von 4 Punkten.
Diesen Zwölfender möchte ich euch heute hier zeigen.
Michel Caillaud Strate Gems 1999, 1. Preis Löse die Stellung auf! (15+13)
Bei Weiß fehlt nur ein Springer; der wurde offensichtlich mittels gxSf6 geschlagen. Demnach ist auch klar, dass bei Schwarz [Ba7], [Bh7] sowie [Dd8] fehlen, die Bauern können nicht geschlagen haben. Bei Weiß sehen wir die Schläge a5xXb6 und d5xYc6: sBb5 und sBc5 können ja nicht geschlagen haben. Damit sind auch die Schläge der fehlenden schwarzen Steine klar: [Bh7] wurde irgendwo auf der h-Linie geschlagen, ein schwarzer Offizier (evtl. die Dame) starb auf b6, und anschließend wandelte [Ba7] schlagfrei auf a1 um, um entweder den auf b6 geschlagenen Stein zu ersetzen oder sich selbst auf c6 zu opfern.
Die Stellungsöffnung kann nur durch R Td2-e2 oder R Tg5-g4 eingeleitet werden; beide Züge gäben im Moment aber illegales Retroschach. Schwarz hat im Moment nur einen Rücknahmezug (Bd7-d6); La2-b1 ist nur mit einem Schachschutz auf der Diagonalen möglich. Aber wir ahnen es schon, dieses Manöver werden wir häufiger im Laufe der Lösung benötigen.
Weiß hat (neben R g5-g6) im Moment nur den Sa6 für Zugrücknahmen, denn Ba5xXb6 können wir im Moment noch nicht zurücknehmen: [Ba7] muss erst auf a1 entwandeln und schlagfrei mindes-tens bis a6 zurückgezogen haben.
Für den Partiespieler ist es höchst peinlich, ein einzügiges Matt zu übersehen, aber auch unter Großmeistern kommt so etwas gelegentlich – zumindest in Blitzpartien oder in extremer Zeitnot – schon einmal vor.
Problemisten sollten ja noch mehr aufs Mattsetzen konditioniert sein, aber auch die müssen gelegentlich etwas genauer hinschauen. So wie hier zwischendurch einmal?
Karl Fabel Deutsche Schachblätter 1951 #1 (10+4)
Das sieht man doch sofort?! Also braucht ihr in einer Woche kaum die Lösung…
Lösung
Die weißen Bauern schlugen alle fehlenden schwarzen Steine einschließlich des [Lf8]. Also kann Schwarz zuletzt nicht g7-g5 gezogen haben (mit 1.h5xg6ep#) noch g7xXf6.
Also hat Schwarz keinen letzten Zug, ist also selbst am Zug: 0.– g4 1.hxg4#.
Laut Codex soll bei Aufgaben mit nicht-üblichem Anzug (wie hier) dies entweder angegeben werden oder sich durch Retroanalyse eindeutig erschließen lassen. Das lässt es sich hier!
Das Elsass lohnt immer, aber besonders jetzt im Herbst, einen Besuch: Vogesen und Rheintal, Straßburg und hübsche kleine Dörfer, Riesling und Zwiebelkuchen.
Aber auch schachlich hat das Elsass eine Menge zu bieten: So kommen Natch und iNatch hierher -– und das ursprüngliche „Elsässische Circe“, das Jean Zeller (27.7.1909-3.1.2002), natürlich Elsässer, vor 40 Jahren einführte und auf Vorschlag von Michel Caillaud diesen Namen trägt; ich hatte es 2013 hier im Blog schon vorgestellt.
Die Regel ist eigentlich recht einfach und macht es zu einem spannenden Grenzgänger zwischen Märchenschach und Retros:
Die Stellung einer Circeschach-Aufgabe muss im Diagramm und nach jedem (Einzel-)Zug auch orthodox legal sein.
Natürlich bietet sich eine Verallgemeinerung an, nämlich anstelle von Circe eine andere Märchenbedingung zu nutzen. (Die Stellung einer Aufgabe mit Märchenbedingung muss im Diagramm und nach jedem (Einzel-)Zug auch orthodox legal sein.) Das geht mit fast allen Bedingungen – wieso aber ist beispielsweise „Elsässisches Duellantenschach“ witzlos?
Ich hatte „Elsässisches Schach“ in einem Vortrag beim Schwalbetreffen 2013 in Sindelfingen vorgestellt (in erweiterter Form in Die Schwalbe, Dez. 2013, S.310f erschienen); Bernd Gräfrath hat es dann für Beweispartien genutzt und darüber in feenschach (Nov.-Dez. 2013, S. 386ff) berichtet; daraus möchte ich ein Stück zitieren.
Bernd gibt hierzu neben der Lösung fünf Verführungen an, die unter Schlagschach-Bedingungen legal sind, aber nicht unter den orthodoxen Regeln. So ist mit Zugumstellungen im Lösungsverlauf 5.bxc8=K möglich –- eine nicht so wirklich orthodox legale Umwandlung. Und da im Schlagschach der König keine königlichen Eigenschaften hat, gibt es auch Lösungen, in denen ein König „im Schach stehen bleibt“: auch das ist im orthodoxen Schach natürlich nicht möglich.
Die einzige Lösung, die sowohl nach den Schlagschach- als auch den orthodoxen Schachregeln legal ist, ist die folgende:
Hier ist auch die orthodoxe Beweispartie in sieben Zügen eindeutig –- das allerdings ist durch die Bedingung nicht zwingend gefordert.
Persönlich bin ich davon überzeugt, dass „elsässisches Schach“ noch viele interessante Möglichkeiten mit allen Forderungs-Typen und auch verschiedenen Märchenschach-Arten bietet -– der Retro-Anteil ist ja sozusagen „serienmäßig“ enthalten.
Interessant stelle ich mir auch Aufgaben vor, in denen eine Verführung (wie hier) gemäß der verwendeten Märchenbedingung legal, bezüglich der orthodoxen Regeln aber illegal ist und eine andere Verführung orthodox legal, bezüglich der verwendeten Märchenbedingung aber illegal ist.