Am letzten Mittwoch hatte ich die Juni-Ausgabe der Schwalbe im Briefkasten. Neben (leider nur) sechs Aufgaben im Urdruckteil enthält das Heft weitere vier Urdrucke in einem Aufsatz von Bernd Gräfrath „Beamte mit Nachtreitern“; einen davon möchte ich heute vorstellen.
Im Beamtenschach kann ein Stein nur ziehen und wirken, wenn er von einem Stein der anderen Farbe beobachtet wird; unbeobachtet kann er nur beobachten. Damit ist die Beamtenschach-Partieausgangsstellung für uns ziemlich uninteressant: Sie ist doppelpatt!
Um ihr etwas Leben einzuhauchen, hat Bernd nun „Beamtenschach“ mit „Cavalier majeur“ („Groß-Springer“) verbunden: Dort werden die Springer durch Nachtreiter ersetzt; auch Umwandlungen sind in Nachtreiter, nicht aber in Springer möglich. Damit sind dann in der Beamtenschach-Anfangsstellung jeweils die beiden Zentralbauern beobachtet, und wir können damit auch Beweispartien bauen.
Die Schwalbe 2021
Beweispartie in 10 Zügen, Beamtenschach, Cavalier majeur (15+14)
Bei Weiß sehen wir nur einen einzigen Zug, für ihn muss aber irgendwie f1 von Schwarz beobachtet sein — und durch die Dame hindurchziehen kann ja auch ein verbeamteter Läufer nicht. Bei Schwarz sehen wir schon mehr: 0+2+1+0+1+3=7 — aber auch da sind noch drei Züge frei! Außerdem müssen wir uns noch darum kümmern, die fehlenden drei Steine ([Be2], [Lc8] sowie [Bd7] oder [Be7] loszuwerden.
Abgesehen davon: Wie konnten eigentlich die schwarzen Steine, speziell Dame und Nachtreiter, aber auch [Bc7], ziehen?
Dazu muss ein weißer Stein ins schwarze Lager eindringen — ein Offizier kann das kaum schaffen, aber ein Bauer schon. Dafür steht uns ja [Be2] zur Verfügung; der muss dann (umwandeln und) verschwinden …
Kennt man den Autor ein wenig, riecht man jetzt vielleicht schon den Braten??
Der ist allerdings raffiniert angereichert: Die Frage, wie [Lf1] nach a6 gelangen konnte, ist ja noch offen.
Das solltet ihr nun selbst einmal versuchen zu lösen, dabei wird euch vielleicht das angesprochene Manöver als Thema bekannt vorkommen?
Nun noch kurz die Antwort auf die „Läufer-Frage“: Nicht 8.Lb7?, weil dieser Läufer dann später nicht mehr ziehen könnte; nicht 8.Lc6?, da dann der schwarze König im 9. Zug nicht auf das bedrohte Feld e8 ziehen dürfte.
Das Umgehungsmanöver des [Lf1] um die schwarze Dame ist untern dem Namen „Rehmer“ bekannt: „2 Linienfiguren stehen auf einer Linie. Eine davon zieht um die andere herum (vollständige Peri-Führung). Danach bewegen sich (oder wirken) beide auf dieser Linie in eine Richtung. Die vollständige Form liegt vor, wenn diese Kombination durch einen antikritischen Zug eingeleitet wird.“ (Die Schwalbe 258 (XII/2012), S. 650). Hier haben wir natürlich keinen antikritischen Zug vorliegen, aber der abschließende Zug der schwarzen Dame auf der Themalinie ist doch sehr hübsch.
Sehr schön, dass Bernd dies alles in nur zehn Zügen und damit sehr zeitökonomisch darstellen konnte. Und wer nun noch Lust hat, kann sich zwei orthodoxe Beweispartien mit Rehmer anschauen: Retro der Woche 32/2014 und Retro der Woche 14/2018.
Interesting conditions enable showing Schnoebelen queen, switchback, and Rehmer in a short proof game; quite impressive.
C+ by Jacobi 0.7.5 in 0.3 seconds, presumably because there are so few possible moves.