Retro der Woche 36/2021

In den letzten Jahren kann man nicht nur in der Schwalbe, sondern auch in vielen anderen Problemzeitungen den Trend feststellen, dass der absolute und prozentuale Anteil an (klassischen) Beweispartien abnimmt. Inwieweit das nur eine „Konjunkturdelle“ ist, werden wir wohl in fünf oder zehn Jahren sehen; das momentan laufende 11. WCCT könnte möglicherweise darauf hindeuten, ist die Beteiligung an der Retroabteilung dort doch sehr gut.

Auch in den schon erwähnten feenschach-Preisberichten manifestiert sich der Eindruck eines Rückgangs. Aus „meinem“ Preisbericht für den Jahrgang 2018 möchte ich die bestplatzierte Beweispartie (im Gesamtrang auf Platz vier gelandet) vorstellen:

Bernd Gräfrath
feenschach 2018, 1. ehrende Erwähnung
Beweispartie in 10 Zügen, zwei Lösungen (11+10)

 

Sicherlich ein extrem lösefreundliches Stück: Doppelte Homebase, zwei Lösungen, relativ kurz: Wenn das nicht zum Lösen vom Blatt reizt, dann weiß ich es kaum!

So elegant solche Homebase-Positionen sind, so wenig Ansätze bieten sie zum Lösen: Weder verrät die Bauernposition etwas über (die reichlich vorkommenden) Schläge, noch kommen wir mit dem Zählen sichtbarer Züge weiter: Unseren einzigen Hilfen sind die fehlenden Steine.

Und da fallen zuerst einmal die „Löcher“ g7-h8 bzw. b2-a1 auf, die natürlich sofort unsere Umwandlungs-Alarmglocken schrillen lassen, vor allen Dingen, wo wir auch sofort „Verdächtige“ entdecken können: Bei Schwarz [Bd7], bei Weiß [Be2] und/oder [Bh2].

Als weiße Umwandlung könnte sich ein Springer anbieten: die fehlenden [Bf7] und [Dd8] könnten hierfür Indizien sein. Für die Umwandlung auf a1 scheidet ein Turm im Zweifelsfall aus, da er a1 nicht verlassen könnte (jedenfalls nicht in der knappen Zügezahl), und ein Springer stünde im Gegensatz zum weißen Kollegen auf h8 ziemlich im Abseits.

Nun empfehle ich euch einfach, die Aufgabe zu lösen, vielleicht wirklich gar vom Blatt?

Lösung

und


In meinem Urteil habe ich zu der Aufgabe geschrieben: „Beweispartien mit Ceriani-Frolkin-Thema in Homebase gibt es wie Sand am Meer, mit Pronkin und schwarz/weißer Homebase schon deutlich seltener — und mit zwei Lösungen kenne ich kein Beispiel, die [Aufgabe] ist also hochoriginell. Die Darstellung in den beiden Phasen ist nicht ganz einheitlich (einmal „schlagender Pronkin“ statt Prentos), aber für einen Beweispartie-Mehrling finden wir hier bemerkenswert unterschiedliches Spiel in den beiden Lösungen. Eindeutig die beste Beweispartie des Jahrgangs.“

Das Stück gefällt euch hoffentlich auch?

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