Retro der Woche 08/2022

In der letzten Woche hatten wir hier eine Aufgabe gesehen, in der eine Steinart (Grashüpfer) in einem Märchenretro das inhaltliche Spiel bestimmte. Heute möchte ich euch eine Beweispartie zeigen, in der Ähnliches geschieht; das ist der erste Preis aus dem sehr starken Retro-Informalturnier von StrateGems 2012, also vor 10 Jahren.

Nicolas Dupont
StrateGems 2012
Beweispartie in 23,5 Zügen (14+15)

 

Beim ersten Blick auf die Diagrammstellung schaut es aus wie eine Home Base Position – aber dann sieht man den dritten weißen Turm, der ziemlich weit entfernt von seinen eigenen Truppen dem schwarzen König Schach bietet.

Schauen wir dann einmal nach den Schlägen: Bei Weiß fehlen drei Bauern, von denen einer als dritter Turm noch auf dem Brett steht. Ferner sehen wir zwei Bauernschläge durch Schwarz (axb und bxc). Damit müssen die beiden fehlenden Bauern geschlagen werden, das aber klappt nicht direkt.

Also haben beide umwandeln müssen – und damit alle drei fehlenden Bauern. Da bei Schwarz nur [Be7] fehlt, ist klar, dass [Ba2] schlagfrei umgewandelt hat und [Bf2] und [Be2] in dieser Reihenfolge – fxe ist als einziger Schlag von Weiß erforderlich. Damit sind 15 weiße (Bauern-) Züge bereits fixiert, neun Züge stehen dann für die drei Umwandlungssteine zur Verfügung.

Nun zählen wir die schwarzen sichtbaren Züge: 3+2+5+5+2+6=23 – alle schwarzen Züge sind bestimmt. Und damit wissen wir, dass Bf6xe7 geschah und dass sBc5 von a7 kam.

Und nun wird es spannend, wenn wir die Lösung suchen: Woher etwa kommt wTe8? Er muss ja im letzten Zug gezogen haben: entweder kommt er irgendwo her von der achten Reihe, oder er ist gerade aus dem e-Bauern durch Umwandlung entstanden?

Bis auf wenige Freiheitsgrade (etwa der genaue Weg des Königs) sind alle schwarzen Züge determiniert, so kommt sTd4 von a8. Daher sind die neun „freien“ weißen Züge besonders spannend: In welche Figuren wurde umgewandelt, wer opferte sich auf b6 und c5 – und was passierte mit dem dritten weißen Turm?

Preisrichter Ryan McCracken sprach von „A challenging and enjoyable solving experience.“ – und die solltet ihr euch gönnen, bevor ihr einfach nach der Lösung schaut!

Lösung


Um auf die Einleitung zurück zu kommen: Hier ist ganz klar, welche Steinart diese Aufgabe dominiert: Nicht wirklich überraschend , wenn man aufs Diagramm schaut, ist das der Turm: zwei Mal Ceriani-Frolkin, ein (Pseudo-) Pronkin und ein Anti-Pronkin. Und beeindruckend ist auch das Spiel der beiden Türme, die im Diagramm auf a1 und e8 stehen: Das sieht man nicht sofort, dass dies ein Tempo spart.

Und weshalb habe ich hier von „Pseudo-Pronkin“ gesprochen? Weil der Umwandlungsstein auf dem Partieausgangsfeld keinen geschlagenen Offizier ersetzt.

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