Vor etwa 30 Jahren hat bernd ellinghoven die „Hilfsmatt-Revolution“ ausgerufen und sie dann als Komponist, häufig gemeinsam mit Fadil Abdurahmanović, popularisiert. Die Idee ist, „neudeutsches Gedankengut“, etwa die Gliederung des Lösungsspiels in Vor- und Hauptplan, aber auch Überlegungen zu den Zwecken und ihrer Ökonomie, aufs Hilfsmatt zu übertragen.
Bei den klassischen Retros sind es vor allen Dingen Joaquim Crusats und Andrej Frolkin, die sich mit solchen Überlegungen beschäftigen (siehe beispielsweise das Retro der Woche 38/2019). Ein weiteres schönes Beispiel möchte ich euch aus dem Keym-75 Geburtstagsturnier zeigen.
Werner-Keym-75 Turnier, Die Schwalbe 2017, 1. Preis
Löse auf! (14+12)
Bei dem Turnier waren der Jubilar und ich gemeinsame Preisrichter; in der Besprechung der heutigen Aufgabe stütze ich mich stark auf Werners Kommentare, der die für die allgemeinen Retros geschrieben hatte, von damals ab.
Die schwarzen Bauern schlugen zweimal (f7xLe6 und g3xXh2). Die weißen Bauern schlugen zweimal (e2xSf3, f2xLg3); unklar ist noch, wer den [Ba7] und den [Bh7] geschlagen hat.
Da der weiße König im Schach steht, muss Schwarz im letzten Zug die Batterie 1.– Sc1-d3+ abgefeuert haben. Der Käfig im Süden löst sich durch die Rückkehr des wL nach f1 und durch e2xXf3 auf (nicht durch f2-f3, weil der schwarzfeldrige sL nicht auf g4 oder f3 schlagbar ist). Dieser Hauptplan scheitert zunächst mangels schwarzer Rückzüge (Retropatt). Denn wenn 2.Sd,f4-e2? f7xLe6 3.Lc4-e6 erfolgt, fehlt Schwarz ein weiterer Rückzug. Daher besteht der Vorplan von Weiß darin, Schwarz genügend Rückzüge zu verschaffen.
Deswegen verlässt der wTg1 seinen Eckkäfig, um auf g1 vom wSe2 ersetzt zu werden: 2.Te1-g1! f7xLe6 3.Sg1-e2 Kf1-f2.
Jetzt kann nämlich der schwarze König pendeln, während der wT zwei sBB auf a und h entschlägt, die genügend Rückzüge haben. Der sBa kann erst nach Entwandlung und möglichst weitem Rückzug des entstehenden wBa entschlagen werden.
4.Te5-e1+ Kf2-f1 5.Th5-e5 Kf1-f2 6.Th4-h5 Kf2-f1 7.Th5:Bh4 Kf1-f2 8.a7-a8=S! (Jetzt wissen wir auch, dass auf h2 ein weißer Springer geschlagen wurde.) 8.- Kf2-f1 9.a6-a7 Kf1-f2 10.a5-a6 Kf2-f1 11.a4-a5 (Der wBa4 darf nicht bis nach a3 zurückziehen, da dann der sTb2 den Käfig nicht mehr verlassen könnte.) 11.– Kf1-f2 12.Ta5-h5 Kf2-f1 13.Te5xBa5 (die Aufgabe des Vorplans ist erledigt, aber nun kann der Hauptplan noch nicht sofort umgesetzt werden, da das den weißen Turm von h1 abklemmen würde. Erst muss er also zurück nach g1!) 13.– Kf1-f2 14.Ld5-e6 Kf2-f1 15.Lc4-d5 Kf1-f2 16.Te2-e5+ Kf2-f1 17.Te1-e2+ a6-a5 18.Se2-g1 (jetzt macht der Springer das Feld g1 für den Turm wieder frei) 18.– a7-a6 19.Tg1-e1 (der wT ist zurück in seinem Eckkäfig) 19.– h5-h4 20.Sd4-e2 h6-h5 21.Lf1-c4 h7-h6 22.e2:Sf3 usw. Damit sind alle sechs Schlagfälle genau determiniert. Ein Entschlag der sBB auf a6 und h5 durch den weißfeldrigen weißen Läufer ergäbe zu wenige Rückzüge für Schwarz.
Das Thema dieser Auflösungsaufgabe „Reziproke Feldräumung im Retrospiel“: Im Rückspiel räumt Stein X ein Feld für Stein Y, danach räumt Stein Y dasselbe Feld für Stein X — und das in neudeutscher Form mit zweckreinem Vorplan: Wie Werner und ich fanden: Hervorragend dargestellt.
Zitat: “Jetzt wissen wir auch, dass auf h2 ein weißer Springer geschlagen wurde”
Mein erster Versuch bestand sofort darin, auf h2 den Original-Th1 zu entschlagen und auf a8 einen wT zu entwandeln.
Wie die folgende BP beweist, funktioniert das auch tatsächlich:
1.Nb1-a3 g7-g5 2.h2-h3 a7-a5 3.Na3-c4 h7-h6 4.c2-c3 g5-g4 5.Ng1-f3 g4-g3 6.Rh1-h2 g3xRh2 7.Nc4xPa5 Bf8-g7 8.Na5-c4 Bg7-e5 9.Nc4-b6 Be5-g3 10.f2xBg3 Ng8-f6 11.a2-a4 Nf6-g4 12.a4-a5 Ng4-e5 13.g3-g4 Ke8-f8 14.a5-a6 Kf8-g7 15.a6-a7 Nb8-a6 16.Ke1-f2 Ra8-b8 17.a7-a8=R Na6-c5 18.Ra8-a5 Kg7-f6 19.Nb6-a8 b7-b6 20.Kf2-e3 Bc8-b7 21.Qd1-e1 Bb7-e4 22.b2-b3 Qd8-c8 23.Ra5-b5 Rb8-b7 24.Bc1-b2 Rb7-a7 25.Ra1-d1 Ra7-a2 26.Bb2-a1 Be4-b1 27.Qe1-f2 Nc5-d3 28.Qf2-g1 Rh8-g8 29.Qg1-h1 Rg8-g6 30.Nf3-g1 Kf6-g5 31.Rd1-c1 Qc8-a6 32.Rc1-d1 Qa6-a3 33.Rd1-c1 Qa3-b2 34.Rc1-d1 Qb2-c2 35.Rd1-c1 Ra2-b2 36.Rb5-c5 Bb1-a2 37.Rc5-b5 Qc2-b1 38.Rc1-c2 Nd3-c1 39.Ke3-f2 Kg5-h4 40.Rb5-a5 Rg6-f6 41.Kf2-e1 Kh4-g3 42.Ra5-c5 Rf6-f3 43.Ke1-d1 Kg3-f2 44.Rc5-d5 Rf3-g3 45.Rd5-d4 Ne5-f3 46.e2xNf3 h6-h5 47.Bf1-b5 h5-h4 48.Rd4-c4 Kf2-f1 49.Bb5-c6 Kf1-f2 50.Rc4-a4 Kf2-f1 51.Bc6-d5 Kf1-f2 52.Bd5-e6 Kf2-f1 53.Ra4-a3 Kf1-f2 54.Ra3-a5 Kf2-f1 55.Ra5-h5 Kf1-f2 56.Rh5xPh4 Kf2-f1 57.Rh4-h5 Kf1-f2 58.Rh5-e5 Kf2-f1 59.Re5-e1 Kf1-f2 60.Ng1-e2 f7xBe6 61.Re1-g1 Nc1-d3
wesentliche Ereignisse in vorstehender BP:
wCaps: Th5xBh4 e2xSf3 f2xLg3 Sc4xBa5
wProms: a7-a8=T
sCaps: f7xLe6 g3xTh2
Deshalb meine Frage: Stimmt die im Diagramm abgebildete Stellung?
The problem seems to be that using c4 as interference-square instead of e2 means that the black a-pawn doesn’t need to be uncaptured. This probably works even with a knight promotion on a8.
A wonderful release retro, and also a solver’s delight.
Instead of the general ‘Release the position’ stipulation, ‘What were the captures?’ (or just ‘Captures?’) is another possibility.