23.10.22: Diagrammfehler korrigiert (Dank an Uli Ring und Mario Richter)
Im gerade erschienenen Oktoberheft der Schwalbe findet sich schon der Retro-Preisbericht 2021 der Preisrichter Ulrich Ring und Hans Gruber, denen ich auch an dieser Stelle für die rasche und fundierte Erstellung des Berichts danke. Den ersten Preis, ein Rebus, bei dem also zu angegebenen Buchstaben passende Steine gefunden werden müssen, möchte ich euch heute vorstellen; bei den Lösungsangaben orientiere ich mich an der Lösungsangabe in Die Schwalbe und am Text der Preisrichter.
Die Schwalbe 2021, 1. Preis, Nikita Plaksin gewidmet
Gleiche Buchstaben für gleiche Steine; groß/klein für die Farben. Letzter Zug? (15+15)
Jede Partei hat 15 Steine. Da 16 Aa auf dem Brett stehen, ergibt sich sofort: A = Bauer. Und Großbuchstaben = weiß, Kleinbuchstaben = schwarz. Da 16 Bauern auf dem Brett stehen, fand keine Umwandlung statt. Die beiden fehlenden Steine wurden von a-Bauern auf der b-Linie geschlagen.
(KS)=König und Dame, denn nur diese Buchstaben kommen auf jeder Seite genau einmal vor. Der schwarze König (f5 oder h5) steht im Schach, der letzte Zug war daher g3-g4+.
L = Läufer, denn weder kann N = Läufer sein (wLd1 illegal; zudem zwei weißfeldrige schwarze Läufer) noch kann P = Läufer sein (zwei weißfeldrige weiße Läufer). Der weißfeldrige weiße Läufer fehlt also; er wurde auf b5 geschlagen (Ba6:Lb5).
(PN)=Turm und Springer. Jetzt wird es spannend, und nun erklärt sich auch die Widmung gerade für Nikita Plaksin{}!: Wenn N = Turm (und P = Springer) wäre, wäre die Stellung illegal wegen der 50-Züge-Regel! Vor dem Zug g3-g4+ mussten 50 Züge jeder Seite ohne Schlagfall und ohne Bauernzug gespielt werden, em Spezial- und Lieblingsgebiet von Nikita Plaksin. Das gilt für beide möglichen König-Dame-Konstellationen.
Beispiel mit S = König (analog für K = König: 5.Kd1-e1 9.Kd3-c3 10.Dc1-f1 12.Dd4-b2 …): R 1.g3-g4+ La2-b1 2.Tb1-d1 3.Tb2-b1 Lb1-a2 4.Ta2-b2 5.Dc1-e1 7.Dd4-b2 8.Ke1-f1 12.Kc3-b2 13.Sc5-a4 Lb8-a7 14.Ta7-a2 La2-b1 15.Tb7-a7 La7-b8 16.Tb1-g1 17.Tb2-b1 Lb1-a2 18.Ta2-b2 19.Ta6-a2 La2-b1 20.Tb8-b7 Tb1-h1 21.Th8-b8 Lb8-a7 22.Ta7-a6 Tb2-b1 23.Tb7-a7 La7-b8 24.Tb8-b7 Lb1-a2 25.Tg8-b8 Ta2-b2 26.Tg7-g8 Lb8-a7 27.Th7-h8 Ta7-a2 28.– Tb7-a7 29.– La7-b8 30.– Tb8-b7 31.– Th8-b8 32.Tg8-g7 33.Tb8-g8 34.Tb7-b8 Lb8-a7 35.Ta7-b7 36.Ta2-a7 37.Tb2-a2 La2-b1 38.Tb1-b2 39.Th1-b1 Tg1-g2 40.Tg7-h7 Tb1-g1 41.Dg2-~ Tb2-b1 42.Df1-g2 Lb1-a2 43.Dd1-f1 Ta2-b2 44.Kf3-~ Ta7-a2 45.Kg2-f3 Tb7-a7 46.Kf1-g2 La7-b8 47.Ke1-f1 Tb8-b7 48.Sd3-c5 Th7-h8 49.Se5-d3 Th8-b8 50.Tg8-g7 Tg7-h7 51.Tb8-g8 h7-h6. 50 Züge von Schwarz und von Weiß ohne Schlagfall und ohne Bauernzug zwischen 1.g3-g4+ und 51.– h7-h6!
Lösung also: N = Springer, P = Turm, S = König (denn wäre K = König, stünden beide Könige im Schach), K = Dame. In diesem Fall gibt es keine Probleme mit der 50-Züge-Regel, hier ist die Auflösung unkompliziert: R 1.g3-g4+ Lb8-a7 2.Ta2-a4 Dg5-f5 3.Tb2-a2 Ta7-a1 4.Sc3-d1 Tb7-a7 5.Ta1-a8 h7-h6 6.a3:Tb4.
Verblüffend, dass eine Identifizierungsstrategie plötzlich an der 50-Züge-Regel scheitert. Das ist anspruchsvoll, witzig und komplex. Die Widmung passt haargenau, denn die 50-Züge-Käfige wurden vom Bewidmeten in extenso untersucht; ein Beispiel habe ich im Retro der Woche 30/2022 vorgestellt.
Synthesis of “Die Kavalkade der Elefanten” matrix (P0005894) and 50-move rule (P0004361, P0004396, P0004619) with Rebus form for realization new decoding motivation in Rebus problem.
A most original Rebus problem with the 50 move rule.
In the Codex, there’s nowhere written that the 50-move rule is applied immediately, only that the 50-move rule does not apply, except for retro-compositions (Article 17). And the FIDE rule doesn’t include an automatic application as well, so any composition that uses automatic application of the 50-move rule is noncompliant with the Codex.
Similar with the 3-fold repetition: Article 19 only mentions ‘is considered a draw’, not ‘is a draw’ for 3-fold repetition.
Eine tolle Aufgabe, die selbst ich letztes Jahr lösen konnte obwohl ich noch nie zuvor ein solches Retro-Rebus in Angriff genommen hatte. (Lediglich meine A4-Seite mit der Lösung und den entsprechenden Begründungen habe ich nicht eingesandt, weil ich bei der 50-Zügeregel unsicher war und nur probiert hatte). Auf jeden Fall ein verdientes Siegerstück.
Gibt es auch sowas wie “Forderungs-Ökonomie”? Wenn ja, welchem Zweck dient der Forderungsteil “Letzter Zug?” ?