Heute möchte ich euch eine Aufgabe zeigen, bei der ein bedeutender Teil ihres Inhalts im virtuellen Spiel verborgen bleibt. Der Verteidigungsrückzüger schaut erst einmal harmlos, vielleicht sogar langweilig aus, wenn man nur die Lösung durchspielt. Ergründet man jedoch, weshalb einige Züge nicht zurückgenommen werden dürfen, so zeigt sich doch, wie subtil das Stück eigentlich ist.
O-O 1980, 2. ehrende Erwähnung
#1 vor 3 Zügen, Verteidigungsrückzüger, Typ Proca (9+11)
Bauernschläge sehen wir erst einmal nicht, aber wir erkennen schnell, dass die beiden weißen Läufer zu Hause und der [sTh8] in seinem Nordost-Käfig geschlagen wurden. Und wTb7 kann als Originalturm dieses Feld nie erreicht haben, ist also ein Umwandlungsstein.
Und ihn haben wir sicherlich schnell im Verdacht, dass er das Matt geben könnte?!
Wie aber können wir Schwarz dazu zwingen, dieses Matt zu ermöglichen? Und hier kommen dann die subtilen Einschränkungen der schwarzen Rücknahmemöglichkeiten ins Spiel.,
Aber zuerst möchte ich euch einladen, die schwarze (und, ja, auch die weiße!) potenzielle Rochadestellung zu ergründen, die Aufgabe selbst zu lösen.
Nun möchte ich den Autor, der diese Aufgabe als Nr. 131 in seinem Buch „Der Blick zurück“, EDITIONS feenschach — phénix“, 2006, vorgestellt hat, zu Wort kommen lassen, um das „Spiel unterhalb der Wasserlinie“ zu erklären:
„Warum kann Schwarz nicht größeren Widerstand leisten? Zumal im 1. Retrozug sieht die Rochade-Rücknahme sehr stark aus. Jedoch setzt sich Schwarz mit 1.– 0-0-0?? ganz unerwartet selbst im übernächsten Zug ins Retropatt: Er hat nur noch f7-f6 als Tempo zur Verfügung. Das reicht zeitlich nicht aus, dass sich der wTb7 auf b8 entwandeln und dann auf b7 einen schwarzen Tempohalter entschlagen könnte. Nach Rücknahme der schwarzen Rochade muss nämlich der wT, der ohnehin eine Umwandlungsfigur ist, den längeren Weg über das Entwandlungsfeld b8 (statt über e8) nehmen, wonach er für die weitere Rückkehr vier Schlagobjekte benötigt, also alle frei verfügbaren schwarzen Steine (der sTh8 kann nur auf g8 oder h8 geschlagen worden sein!). Daher kann Weiß nach der Rochade-Rücknahme von Schwarz diesen unter keinen Umständen mehr — etwa durch Entschlag — aus dem Retropatt befreien, weshalb sie illegal ist. Wichtig für die Lösbarkeit der Aufgabe ist auch, dass Schwarz beim zweiten Retrozug der ersten Variante keine Wahl hat: K und T dürfen weder D noch T noch L entschlagen, weil dies eine zusätzliche weiße Umwandlungsfigur erzeugen würde, die mangels Schlagobjekten nicht mehr entwandelt werden könnte; und 2.– f7-f6/Td8xSe8/Td8-e8/Kd8-c8 sind sämtlich illegal wegen Retropatt von Weiß. Ein kleiner Trick liegt auch im Schluss der ersten Variante: Lassen sich der letzte weiße Retrozug und der Vorwärtsmattzug nicht vertauschen? Nein; Weiß darf nicht zurück 3.Tb8-b7?? spielen, weil dann Schwarz keinen letzten Zug hat, über den er auch dann verfügen muss, wenn jener wegen des Vorwärtsmatts durch Weiß gar nicht mehr ausgeführt wird. In der Lösung aber hat Schwarz nach 3.Sd6-c8 den Retro-Zug 3.– Kc8-d8, und die weitere Auflösung ist, genau wie in der zweiten Variante, dadurch möglich, dass der wS auf g8 oder h8 einen sT als Tempohalter entschlagen kann, bevor er sich auf c8 stellt, damit sich der wTb7 entwandeln kann.“
A tricky defensive retractor.