Retro der Woche 04/2023

Warum ich für heute eine Aufgabe aus ziemlich alten Zeiten herausgesucht habe, hat erst einmal persönliche, private Gründe: Meine Mutter feiert heute bei recht guter Gesundheit und toller geistiger Fitness Geburtstag — welchen, das herauszufinden überlasse ich eurer Spitzfindigkeit.

Gleichzeitig widerlegt die Aufgabe meiner Meinung nach das Vorurteil, Høeg-Verteidigungsrückzüger seien nur für kurzzügige Aufgaben geeignet, längerzügige, strategische ließen sich nur mit dem Proca-Typ darstellen.

Lajos von Szasz
Die Schwalbe 1929
#1 vor 13 Zügen, Verteidigungsrückzüger Typ Høeg (12+12)

 

Betrachten wir zunächst die Schlagbilanz, um zu sehen, unter welchen Umständen die Parteien Schlagopfer einsetzen können: Die fehlenden weißen Steine (DTSS) sind offenbar vom [Bc7] auf seinem Weg nach g3 geschlagen worden, nach anderen schwarzen Rücknahmen kann Weiß also keinen Schlag reklamieren.

Bei Schwarz fehlen die beiden Läufer, die jeweils zuhause geschlagen worden sind, dann der [Ba7], der irgendwo auf der a-Linie geschlagen wurde, sowie einer der Springer, der durch hxg verschwunden sein muss — also auch Schwarz kann erst einmal keine Entschläge reklamieren.

Nun versuchen wir, eine Strategie für Weiß zu finden. Im Moment hat Schwarz noch viele Freiheiten für Zugrücknahmen, ohne dass Weiß etwa seine Dame wieder einsetzen kann; speziell der schwarze König ist noch beweglich und kann sich Richtung Brettmitte retten. Da habt ihr vielleicht schon eine Idee, wie man das verhindern kann?

Aber auch der Südosten ist noch recht beweglich: Einerseits kann der Springer sich befreien, andererseits ist auf den ersten Blick nicht zu sehen, wie Schwarz einmal zu fxg3 gezwungen werden kann, damit Weiß etwa seine Dame als mögliche Mattfigur entschlagen lassen kann: Die auf dem Brett stehenden weißen Offiziere sind so eingemauert, dass sie zum Mattsetzen kaum infrage kommen.

Die ersten großen Hindernisse aus dem Weg zu räumen ist recht naheliegend R: 1.Kg8-f7 O-O-O+ — damit haben wir nicht nur den schwarzen König fixiert, sondern auch den Turm — und den Bauern auf h5, der nun stehen bleiben muss, um später [Th8] nach Hause lassen zu können. Und mit R 2.f2-f4 schlienen wir auch noch den Springer ein, sodass im Moment bei Schwarz nur Turm und Dame pendeln können — Schwarz nimmt natürlich nicht freiwillig f4xg3 zurück, da Weiß dann die Dame zurückgewinnt und vor wenigen Zügen mattsetzen konnte.

Wie kann Weiß nun Schwarz genau dazu zwingen? Vielleicht wollt ihr das nun herauszufinden versuchen?

Lösung

R: 1.Kg8-f7 O-O-O+ 2.f2-f4 Th4-h3 3.Kh7-g8 Th3-h4 (Warum nicht 3.– Dh3-h2? Weil dann Weiß Lh2-g1! zurücknimmt, den Südosten verrammelt und f4xg3(+wD) erzwingt. 4.Kg6-h7 Weiß bringt seinen König wieder nach Hause, um dort Schwarz in Zugzwang zu bringen. Th4-h3 5.Kg5-g6! Irgendwann muss der König die Felderfarbe wechseln, und das macht er hier, um gleichzeitig das letzte Schlupfloch für den schwarzen König zu schließen f7-f6+ 6.Kf4-g5 Th3-h4 7.Ke3-f4 Th4-h3 8.Kd2-e3 Th3-h4 9.Kc1-d2 Th4-h3 10.O-O-O! Damit ist das Ziel erreicht: Schwarz kann nun nicht mehr Th3-h4 zurücknehmen, da dann Weiß wegen der Retro-Unbeweglichkeit von König und Turm vor der Rochade keine Rücknahme mehr hätte, also retropatt wäre! Dh3-h2 11.Lh2-g1 f4xDg3 12.De3-g3! beliebig 13.Da7-e3 & vor: 1.Da7xa8#

Hübsch, wie sowohl die schwarze wie die weiße Retro-Unbeweglichkeit vor der Rochade von Weiß ausgenutzt wird.

3 thoughts on “Retro der Woche 04/2023

  1. New Høeg retractors are few and far between, so we must enjoy the oldies.
    Here, two strong white retractions limit the black possibilities very much, and this gives White time for an unexpected final trick.

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