Den Grund, weshalb ich heute genau diese Aufgabe als „Retro der Woche“ ausgesucht habe, werde ich euch am Ende des Beitrags verraten; nun aber gleich medias in res:

Vielleicht möchtet ihr ja raten, was das Themafeld dieser Aufgabe ist, bevor wir mit der Analyse beginnen?

Wieder einmal haben wir eine Beweispartie vor uns, bei der das Zählen der sichtbaren Züge einer Partie schnell erledigt ist: fünf bei Weiß ist genau ein Viertel aller Züge — und wir wissen ja aus langer Erfahrung, dass dies ein Indiz für Umwandlungen oder Rundläufe dieser Partei sein kann.

Bei Schwarz ist das Zählen der sichtbaren Züge schon ergiebiger: 1+0+4+0+5+5=15 — damit sind auch noch vier schwarze Züge frei.

Das aber muss uns nicht erschrecken: Schließlich muss Schwarz seinem Gegenpart das Schlagen auf b3 und e3 ermöglichen. Dafür kommen aufgrund der fehlenden schwarzen Steine nur [Lf8] auf e3 und [Dd8] auf b3 in Frage. Gleichzeitig ergibt sich daraus auch, dass [Bg7] zu Hause geschlagen werden musste, wodurch alle fehlenden schwarzen Steine erklärt sind.

Auch bei Schwarz sind im Diagramm nur zwei Schläge sichtbar, nämlich axXb6 und exYd6 — sichtbar fehlt bei Weiß [Ta1] sowie [Bg2] und [Bh2], die nicht beide direkt geschlagen werden konnten.

Also muss es zumindest eine Umwandlung auf g8 gegeben haben, vorher muss natürlich [Bg7] verschwunden sein. Natürlich haben wir gleich den Verdacht hxg7=X und g2-g7=Y, aber auch Xxg7, g2-g8=Y und SxBh4 sind ja zumindest theoretisch möglich.

Wenn ihr nun versucht zu lösen, dann achtet doch nicht nur auf die direkte Thematik des Stückes, sondern auch darauf, wie es der Autor sichergestellt hat, dass nur eine der beiden genannten Möglichkeiten funktioniert.

Dass g8 das „thematische Feld“ ist, darauf stupst uns sicher schon das Diagramm — aber habt ihr beim ersten Blick aufs Diagramm schon geahnt, gar erkannt, was da alles passiert: Erwandlung eines Schnoebelen-Läufers, der (natürlich dort) von der Dame geschlagen wird, die sich dann selbst opfert. Und das ist der Grund, weshalb ich heute diese Aufgabe ausgesucht habe: Sie ist Beispiel für Thema A des Crişan-50 Turniers!{https://www.thbrand.de/2023/03/09/ausschreibung-vlaicu-crian-50/}

Dann geht es aber auf g8 munter weiter: Dort entsteht die weiße Pronkin-Dame, um dann auf diesem Feld durch den Anti-Pronkin-Läufer ersetzt zu werden.

Viel Thematik für die doch sehr ökonomische Zügezahl; wenn man berücksichtigt, dass dxe3 ja für die Pronkin-Dame erforderlich ist, also ausschließlich thematisch notwendige Züge bei Weiß. Eine sehr schöne Beweispartie, wie ich finde!