Ich finde es immer wieder faszinierend, wie kleine Änderungen der Diagrammstellung große Auswirkungen auf die Lösungen haben können. Bei Retroaufgaben ist dies recht schwierig, dies mit wirklich signifikante Änderungen im Spiel interessant darzustellen, da ja „eigentlich“ zwei sehr ähnliche Stellungen eine sehr ähnliche Historie haben müssen.
Heute möchte ich euch ein Stück zeigen, in dem „unterschiedliches Retrospiel“ aus meiner Sicht sehr überzeugend demonstriert wird.
feenschach 2003 , 5. Lob
Geringste Zahl der Königszüge? b) Df1>g1 Schlagschach (14+14)
Beim Schlagschach verliert ein König bekanntlich seine königliche Eigenschaft, darf also geschlagen und auch erwandelt werden. Und wie der Name schon andeutet, müssen mögliche Schlagzüge durchgeführt werden; bei mehreren Möglichkeiten besteht „freie Auswahl“.
Natürlich fällt sofort der schwarze König im weißen Lager auf, und schnell ist klar, dass er entweder der Originalkönig sein muss oder durch Umwandlung des [Bc7] entstanden ist. Und nun ahnen wir vielleicht schon, was die Zwillingsbildung nun bewirkt? Und noch ein Hinweis für eure eigenen Lösungsansätze: Überlegt euch auch, wie der weiße Springer unter der Schlagzwang-Bedingung nach a8 gelangen konnte?
In der Diagrammstellung bedroht der schwarze König zwei Bauern und die weiße Dame. Was kann dann nur der letzte schwarze Zug gewesen sein? Dabei sollte wir im Auge behalten, dass Schwarz entweder mit dem [Bc7] oder mit dem König die beiden fehlenden weißen Steine (König und ein Springer) geschlagen haben muss. Weiß hingegen hat neben dem schwarzen Damenturm noch den schwarzen König (bei Umwandlung) oder [Bc7] (bei schwarzem Originalkönig auf e1) geschlagen.
In a) kann sich die weiße Dame ihrer „Schlagopferrolle“ nicht entziehen: Sie kann vor dem letzten schwarzen Zug (der nach e1 erfolgen musste) nicht etwa Dg1xXf1 gespielt haben, da ihr hierzu kein Schlagopfer zur Verfügung stand — also muss der letzte schwarze Zug ein Schlagzug gewesen sein, da Schwarz sonst die weiße Dame hätte schlagen müssen.
Das nun schaut durch die eigentlich nur kleine Stellungsänderung in der Zwillingsfassung anders aus: Hier ist die weiße Dame außerhalb der Schlagdistanz des schwarzen Steins auf e2, und damit können wir in b) — denkt an die Forderung, die Anzahl der Königszüge minimal zu halten — auf e1 einen Bauern erwandeln, sodass wir mit einem einzigen Königszug (wKe1-e2, um sich als Schlagobjekt anzubieten UND das Feld e1 zu räumen) auskommen.
Die erforderliche Zuglänge ist verblüffend groß, finde ich; versucht es einmal selbst und achtet auf die vielen Fallstricke des Schlagschachs:
Also einmal Königsmarsch und einmal Königsumwandlung — sehr schön, wie ich finde.
Um noch einmal auf den wSa8 zurück zu kommen: Der ist „technisch“ erforderlich, um sowohl Weiß als auch Schwarz jeweils Schlagalternativen bieten zu können, um auf diese Weise den schwarzen Marsch in die weiße Front erst zu ermöglichen.
‘Schlagschach’ is a very interesting condition.