Bei Aufgaben mit einer Forderung wie beim heutigen Stück oder auch ähnlichen kann es einfach um das Finden desjenigen Zugs gehen, der im Sinne der Vorwärtslösung zurückgenommen werden muss, ohne dass das mit retroanalytischen Überlegungen verknüpft ist — oder es geht um echte Retroanalyse.
Steht über dem Diagramm der Name des Kriminalbeamten Josef Haas (28.1.1922 – 11.11.2003), so könnt ihr euch sicher sein, dass dann eine Aufgabe des zweiten Typs vorliegt, so auch heute.
Die Schwalbe 1973, 2. Preis
Weiß nimmt einen Zug zurück und setzt in einem Zug matt (13+8)
In der Diagrammstellung sehen wir bereits einen Mattzug, nämlich 1.Kc2#, quasi ein „Satzmatt“, denn Weiß muss ja zuvor noch einen Zug zurücknehmen.
Wieso kann das nicht ein fast beliebiger weißer Zug sein (Läufer oder Dame bleiben auf ihrer Diagonale, Te1-d1 oder irgendwelche anderer)?
Nun, das scheitert an Retropatt! Die Rücknahme von c2xXd3, das gleich einen schwarzen Stein ins Spiel bringen würde, würde zwar die Retropatt-Gefahr bannen, aber das Satzmatt zerstören — hier also eine „Vorwärts-Begründung“.
Daher müssen wir uns die Stellung genauer anschauen: Betrachten wir dazu den kleinen Knoten im Südosten: Der lässt sich — im ersten Moment verblüffenderweise — nur auflösen, wenn [Lf1] zu Hause geschlagen wurde(!), damit dann Sg3-f1, Lf2-g1 und g2-g3 gezogen werden können. Daraus folgt, dass wLa2 umgewandelt wurde, und zwar aus [Bb2]. Das kann nur auf e8 oder g8 geschehen sein, was fünf Schläge benötigt. Hinzu kommen die beiden Bauernschläge auf die dritte Reihe sowie der Schlag des [Lf8] zu Hause — damit sind alle fehlenden schwarzen Steine erklärt.
Dafür musste [Bh7] umwandeln, was einen Schlag erfordert, sodass noch zwei schwarze frei sind. Schwarz kann zuletzt nicht a7-a5 oder a6-a5 gezogen haben, da ja [Ta8] zu den oben genannten Schlagopfern zählt.
Können wir denn erreichen, dass Schwarz nach Rücknahme von b6xYa5 das drohende Retropatt vermeidet? Nein, denn in der nächsten Rücknahme geht nicht a7xZb6 wegen des schwarzen Dameturms — und Weiß kann dem schwarzen König auch keinen letzten Zug ermöglichen.
Nun ist es bestimmt nicht mehr allzu schwer, die Lösung zu finden?
Weiß muss also in seiner Rücknahme kritisch über e6 hinausziehen — ein wahrlich „problemhafter“ Schlüssel.
Eigentlich erscheint mir das Stück nicht allzu schwer zu lösen sein, allerdings war vor fünfzig Jahren jeder zweite Lösungsversuch falsch!?! Das finde ich schon überraschend — die Hauptschwierigkeit scheint mir im Erkennen der Konsequenzen des so harmlos ausschauenden Südostens zu liegen.
Für meinen Geschmack aber ein sehr schönes Werbestück für klassische Retros — auch wegen des schönen Rücknahme-Schlüssels.
Kleine Korrektur: b6xYa5 scheitert nicht am Unvermögen, das schwarze Retropatt aufzuheben (z.B. R: 1. Le6-a2 b6xTa5 2. Td5-a5! würde das sehr ermöglichen), sondern schlicht daran, daß b6xYa5?? wegen der sUw auf g1 und des aufgrund des “Haas-Käfigs” nicht von einem sB geschlagenen wLf1 schlicht illegal ist.
I agree with your assessment, Thomas.