Bei den Treffen der Märchenschachfreunde in Andernach gibt es stets ein Kompositionsturnier, in dem meist neue Bedingungen ausprobiert oder bekannte Themen abgewandelt oder verallgemeinert werden.
In diesem Jahr war das vorgegebene Thema eines der zweiten Art: Verallgemeinerung des Maslar-Themas. Dabei zieht ein Stein A kritisch, wird von Stein B der anderen Partei verstellt, wonach die Verstellung ausgenutzt wird – und anschießend der Schlag AxB erfolgt.
In vielen Andernach-Turnieren waren Retros, speziell Beweispartien sehr weit vorn platziert, und auch in diesem Jahr war sich das Richter-Trio bernd ellinghoven, Hans Gruber und Kjell Widlert schnell einig, dass die teilnehmende Beweispartie auf den ersten Platz gehörte. Und die möchte ich heute zeigen.
Andernach 2023, 1. Preis
Beweispartie in 16,5 Zügen (12+13)
Die üblichen ersten Untersuchungen einer Beweispartie-Stellung (Welche Bauernschläge sind sichtbar? Sind zumindest von einer Partie die geforderten Züge im Diagramm sichtbar oder komplett ableitbar?) funktionieren hier zunächst beide nicht — also müssen wir nach anderen Stellungsmerkmalen Ausschau halten, die uns bei der Lösungsfindung Indizien liefern.
Und das könnte, wie wir das schon gelegentlich gesehen haben, der fehlende Läufer sein, der zu Hause geschlagen werden musste.
Wir sehen im Diagramm elf schwarze Züge (4+0+3+2+0+2), sodass Sg8 nicht als Schläger auf f1 in Frage kommt: er hätte für die Rückkehr insgesamt acht Züge benötigt: eindeutig zu viel! Also muss der Schlag durch die Dame oder — wahrscheinlicher — durch Tf3 erfolgt sein.
Dafür aber muss zunächst Bf2 verschwinden (ziehen oder geschlagen werden), damit Ke1 temporär sein Zuhause räumen kann, um dem Schachgebot auf f1 vorab auszuweichen.
Und dann kann man, wenn man etwas „thematisch“ löst, darauf kommen, dass „Maslar-Strategie“ auf der f-Linie vom schwarzen Turm als kritisch ziehendem Stein durchgeführt wird: Zunächst, um dem weißen König das Ausweichen auf die dritte Reihe zu ermöglichen, und im zweiten Schritt, um dessen Rückkehr zu erlauben.
Dann gilt es natürlich noch zu überlegen, welche weißen Steine denn dabei geschlagen worden sein können? Schließen wir einmal f2-f4 als möglichen (unthematischen) Zug aus, so kommt dafür nur Sg1 infrage — und zusätzlich muss sich [Ba2] auf c8 umgewandelt haben, um sich entweder auf der f-Linie schlagen zu lassen, oder auf g7 den [Ta1] zu ersetzen.
Diese Überlegungen solltet ihr nun versuchen, in der Lösung zusammenzufassen …
Also „doppelter Maslar“ mit einem Themastein auf einer Themalinie, als Zugaben eine Ceriani-Frolkin-Umwandlung (genauer gesagt: Prentos) sowie als thematischer Auslöser die Rückkehr des weißen Königs. In der Lösung habe ich die “Maslar-Themazüge” durch Ausrufezeichen markiert.
Michel wies darauf hin, dass die technische Schwierigkeit genau darin bestand, Nebenlösungen mit f2-f4 oder f2-f3 auszuschalten. Das ist ihm, da Computer-geprüft, gelungen, und das Resultat ist eine aus meiner Sicht ganz hervorragende Beweispartie, ein würdiger erster Preis für ein Andernach-Kompositionsturnier.
Frage: Wozu dienen 16…Le3 17.Tg7 ?
The answer to Michael’s question : these moves are here because of the fancy of the composer, a very subjective matter of course.
Has a game to stop just after the thematical play?
Certainly nowadays, I would not include the ugly 31.f3+ in P0001121 but I would keep the extra play in P0001716, though the thematical play is finished after 21 moves. There is not only a “scientific” dimension in a problem but also (among others) a “puzzle” dimension. As the writer tries to hide the tracks in a detective novel, some composers do the same in their works. When they can… my first idea was to play 17.Th6 but it is cooked…
The rook maneuver reminds me of one of my own proofgames: https://juliasfairies.com/problems/no-918/
Beautiful proof game, and difficult to solve.