Retro der Woche 46/2023

Von Alexander Zolotarew habe ich hier schon drei seiner Auflöse-Retros vorgestellt: Nutzt einfach die Suchfunktion hier auf der Seite, um sie (noch einmal?) anzuschauen! Die Aufgabe, die ich für heute ausgesucht habe, ist nun schon 25 Jahre alt — sie erhielt im Informalturnier der Schwalbe 1998 die vierte ehrende Erwähnung.

Alexander Zolotarew
Die Schwalbe 1998, 4. ehrende Erwähnung
Matt in einem Zug. Wer? (14+14)

 

Schauen wir uns zunächst einmal an, was auf dem Brett fehlt? Bei Weiß sind das ein Springer und einer der Bauern auf dem Königsflügel, und bei Schwarz sind es [Ba7] und [Bb7]. Keiner von denen kann direkt auf f3 geschlagen worden sein, also musste sich zumindest einer dieser Bauern umgewandelt haben, um sich dann entweder selbst auf f3 schlagen zu lassen oder das dortige Schlagopfer zu ersetzen.

Da der weiße Bauer auf a7 nicht zweimal geschlagen haben kann, muss durch Schwarz bxa erfolgt sein, um dann umzuwandeln. Schwarz muss ja auch noch den fehlenden weißen Bauern vom Königsflügel entschlagen, sodass im Westen keine zwei Schlagfälle möglich sind. Damit muss [Ba7] auf der a-Linie entschlagen werden.

Nun wollen wir die beiden Käfige im Nordosten und im Südosten des Bretts näher betrachten.

Der Käfig im Süden kann nur durch Rücknahme von d2-d3 aufgelöst werden — dazu aber muss [Lc1] erst zuhause sein. Daher müssen wir uns erst um den Käfig im Nordosten kümmern, um nämlich den wLd8 frei zu spielen. Um den zu öffnen, bedarf es einiger Vorbereitung: Auf g8 muss ein Schild installiert werden, damit Kh8-h7 zurückgenommen werden kann, anschließend h7-h6 und Dh6-f8.

“Den Schachschutz liefert natürlich in zwei Zügen wSg4!” mag man denken — aber das scheitert: Zurück 1.Sf6-g4 g6-g5 2.Sg8-f6, und sBg6 kann nun nicht noch einen Zug zurücknehmen, da das notwendige Kh8-h7 h7-h6, a7-a6 Dh6-f8 verhindert.

Welche Möglichkeiten haben wir dann noch? Eigentlich nur, einen schwarzen Stein auf a1 zu entwandeln und dann im Rückspiel einen Stein (es fehlt ja nur ein Bauer und ein Springer…) zu entschlagen, der dann für den Schachschutz auf g8 sorgen kann.

Und dieser Stein kann nur wer sein?? Das wollt ihr nun sicherlich selbst versuchen, ob das klappt! Aber dabei solltet ihr schon in der zweiten schwarzen Rücknahme eine Feinheit beachten.

Lösung

1.Se3-g4 Tg4-g2 2.Sg2-e3+ Ta4xBg4! 3.a6-a7 Ta1-a4 4.a5-a6 a2-a1=T 5.a4-a5 b3:Sa2 6.Sc3(b4)-a2 b4-b3 7.Se4-c3(b4) b5-b4 (bzw. g6-g5) 8.Sf6-e4 b6-b5 9.Sg8-f6 g6-g5 10.Kh8-h7 h7-h6 11.g3-g4 Dh6-f8 12.Kg7-h8 D~-h6+ usw. Also ist Schwarz am Zug und setzt mit 1.- Dh8 matt; nicht Weiß mit 1.Txh2.

Ohne den Entschlag im zweiten schwarzen Zug fehlt nun plötzlich Weiß ein Tempo, wo doch im Diagramm Schwarz kurz vor dem Retropatt steht! Das gibt dem Problem zusätzliche Würze, finde ich!

Übrigens könnte man wegen des Fast-Retropatts bei Schwarz schon vermuten, dass Weiß mit der Rücknahme beginnen muss, aber das ersetzt natürlich keinen “Beweis” durch die konkrete Auflösung der Stellung.

4 thoughts on “Retro der Woche 46/2023

  1. Der Beweis für das Resultat “schwarz setzt matt” besteht in der zusammengesetzten Aussage “mit Weiß die Rücknahme beginnend kann die Stellung aufgelöst werden” UND “mit Schwarz beginnend kann sie NICHT aufgelöst werden”. (Ohne die zweite Teilaussage wäre die Antwort womöglich “beide” oder “unentscheidbar”). Vor die obige Zugfolge könnte Schwarz nur R g6-g5 setzen, und hätte dann im 9. Zug nur R b7-b6. Einzig dass damit der [Lc8] ausgesperrt ist widerlegt diese Hypothese.
    Damit ist aber nicht widerlegt ob es nicht eine andere Zugfolge mit Schwarz beginnend gibt, zB nach R 1.. Le6-h2 2.Sh2-g4+
    Der Nachweis dass das nicht möglich ist gehörte zu einem strengen Beweis.

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