Retro der Woche 48/2023

Einer meiner Lieblings-Beweispartiekomponisten ist der Japaner Satoshi Hashimoto (Jahrgang 1957): Er ist mit seinen Lösungen immer wieder für Überraschungen gut; sehr versteckt zeigt er stets interessante Inhalte und Strategie. Wenn ihr euch einen schönen Beweispartie-Abend machen wollt, spielt einfach seine Aufgaben hier im Blog durch — aber nehmt euch vorher ein wenig Zeit, um zumindest erste Analysen zur Stellung anzustellen, eine begründete Vermutung über die Thematik und Lösungsstrategie aufzustellen.

Satoshi Hashimoto
Die Schwalbe 2001, 3. ehrende Erwähnung
Beweispartie in 18 Zügen (13+16)

 

Nur zwei schwarze Züge sind im Diagramm zu sehen, und auch bei Weiß sind es nicht annähernd genug, um die geforderte Zügezahl zu erreichen; hier sehen wir 2+2+0+3+1+1=9 — gerade einmal die Hälfte der gespielten Züge! Wie können wir uns trotzdem der Lösung nähern?

Da schauen wir uns zunächst an, welche weißen Steine denn fehlen Das sind die drei Bauern [Bc2], [Bf2] und [Bg2]. Weiß konnte selbst nicht schlagen, da Schwarz noch “alle Mann an Bord” hat, gleichzeitig gab es zwei Bauernschläge durch Schwarz. Daraus können wir schon eine Menge Schlussfolgerungen ziehen:
Es ist leicht zu sehen, dass [Bf2] auf f6 geschlagen wurde. Ebenso sehen wir schnell ein, dass [Bc2] auf der c-Linie sterben musste. Wie konnte aber [Bg2] verschwinden?

Er kann nicht direkt geschlagen worden sein, sondern auf e6 muss ein Offizier geschlagen worden sein entweder der umgewandelte g-Bauer, oder dieser ersetzt das Schlagopfer von e6. Damit ist klar, dass [Bg2] auf g8 umwandeln musste — und das erfordert mindestens zwei zusätzliche schwarze Züge (Sh6, Sg8). Und auch bei Weiß kommen mindestens acht hinzu: Der Excelsior sowie Db3-e6 und Dg8-g6. Natürlich gibt es noch andere Möglichkeiten, die aber jeweils länger dauern. Außerdem benötigt [Bf2] drei Züge zum Opfern — und schon sind alle weißen Züge verbraucht ! Nebenbei wissen wir nun auch, dass länger dauernde Möglichkeiten, ein Schlagopfer auf e6 zu platzieren, ich funktionieren können.

Können wir Aussagen über die Reihenfolge der Schläge treffen? Möglichst bald muss [Bc2] geschlagen werden, damit sich die weiße Dame und in der Folge der Damenflügel entwickeln können. Wer kommt als Schläger in Frage? Die “üblichen Verdächtigen”, die Springer nicht, da ihr Schlag auf c2 noch erfolgt, wenn die weiße Dame noch zu Hause steht, damit ein Schachgebot gegen den weißen König gegeben wird — und dem kann der König nicht innerhalb seiner 18 Züge ausweichen.

Wir wissen, dass [Bd7] noch auf seinem Ursprungsfeld steht — und damit kommt als Schlagfigur nur wer in Frage? Und dann stellt sich die spannende Frage, wie die Schlagfigur wieder heimkommen kann? So viel kann ich schon verraten: Der selbe Weg wie “hin” funktioniert nicht! Wie geht es für den Schläger nun zurück?

Das ist sicherlich nicht ganz leicht herauszufinden, aber es lohnt sich, das zu versuchen, bevor ihr vielleicht nach der Lösung schaut?!

Lösung


Im Preisbericht schrieben Hans Gruber, Uli Ring und ich: “Diese Beweispartie steigert das Grundreihen-Jojo der im Vorjahr ausgezeichneten 10864 des Autors (P1001032) auf vier schwarze Rückkehren, um den Rundlauf des [Th8] zu ermöglichen, dessen Schlag des [Bc2] der Kernzweck des Geschehens ist. Die schwarzen Manöver sind elegant mit dem weißen Phönix verknüpft.”

Ich hoffe, das Stück hat euch auch gut gefallen?

2 thoughts on “Retro der Woche 48/2023

  1. ’64 Proof games’ is one of my favourite chess composition books. Satoshi is an amazing composer, his compositions almost always have a really nice ‘flow’.

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