Retro der Woche 24/2023

Wer sich über den Stand der Retroanalyse vor etwa 25 Jahren informieren möchte, dem lege ich die Schwalbe-Hefe 232 und 233 (August bzw. Oktober 2008) ans Herz: Dort hatte das Richter-Trio Brand, Gruber und Ring als Ersatz für die ursprünglich nominierten Richter die noch fehlenden Berichte für die Urdruck-Jahrgänge 1999 – 2001 übernommen.

Auffällig ist, dass zu der Zeit „klassische Retros“ den Ton angaben, dass bei den Beweispartien eindeutig Satoshi Hashimoto dominierte. Seinen 1. Preis und die 2. ehrende Erwähnung 2000 hatte ich bereits in den Retros der Woche 03/2020 und 35/2020 vorgestellt. Heute nun sein 4. Preis aus dem 2001er Turnier — wieder die bestplatzierte Beweispartie.

Satoshi Hashimoto
Die Schwalbe 2001, 4. Preis
Beweispartie in 17,5 Zügen (14+15)

 

Das übliche Zählen der sichtbaren Züge führt hier wahrscheinlich zunächst einmal zu Frust, wir wollen es aber trotzdem einmal machen: 0+0+0+0+3+3=6 bei Weiß, 3+2+0+2+1+3=11 bei Schwarz. Ganz so dramatisch ist es vielleicht nicht, weil ja auch noch die weiße Dame und ein Turm geschlagen werden müssen. Zumindest an der Bauernstruktur sieht man aber nicht, wo sie geschlagen worden sein können — vielleicht [Th1] zuhause im Südosten?

Bei Schwarz fehlt nur ein Bauer. Der konnte sich allerdings nicht direkt auf f3, dem sichtbaren Schlagfeld, opfern; er musste also umwandeln, um sich dann selbst auf f3 a la Ceriani-Frolkin zu opfern oder den dortigen Opferstein als Phönix zu ersetzen.

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Rebus

Bei der französischen Retro-Lösemeisterschaft im Rahmen des RIFACE Treffen am Pfingstwochenende konnte sich in diesem Jahr Pascal Wassong den Titel sichern vor dem Favoriten Michel Caillaud.

Meist werden dort nur Originale für Phénix genutzt; in diesem Jahr waren auch einige Nachdrucke dabei — mit dem Vorteil für uns, dass wir die zwischendurch hier anschauen und lösen können.

Bei einer Aufgabe handelt es sich, wie das Diagramm schon sagt, um ein Rebus: Die (legale) Stellung soll bestimmt werden, wobei gleiche Buchstaben gleiche Steine bedeuten, Großbuchstaben markieren die eine Farbe, Kleinbuchstaben die andere.

Jeff Coakley & Andrej Frolkin
ChessProblems.ca 2016
Weise den Buchstaben Steine zu (4+4)

 

Dies ist ein recht einfacher Rebus — versucht euch doch einmal an der Lösung! Die findet ihr sonst wie immer in einer Woche hier!

Lösung

Keine Bauern im Diagramm, da jeder Buchstabe auf der 1. oder 8. Reihe auftaucht.
B/b sind die Könige: einziger Buchstabe, der genau einmal bei Weiß und Schwarz vorkommt.
Welcher Stein auch die Damen repräsentiert: einer der Könige steht im Schach: B, wenn e oder u Dame ist, b, wenn R oder S Damen sind; der andere König darf natürlich gleichzeitig nicht im Schach stehen.
Wenn e oder u Dame ist, dann können S und R keine Türme sein, also sind (e,u) = (Dame,Turm). Das aber ist unmöglich wegen des llegalen Doppelschachs gegen B.
Also sind S oder R Damen, b steht im Schach, also ist e= Springer und u=Läufer.
Wären R Damen, so wäre das Dreifachschach gegen b illegal, also ist R Turm und S Dame.
Das Doppelschach gegen b lässt sich nun durch R: 1. h2xXg1=T++ erklären, somit stehen die Kleinbuchstaben für Weiß, die Großbuchstaben für Schwarz.


Lösungs-Diagramm
(4+4)


Soo schwer war das gar nicht?!

Stelvio 1.31

Nachdem in der Version 1.3 ein Fehler aufgetaucht war, hat Reto Aschwanden heute rasch die korrigierte Version 1.31 seines Beweispartie-Prüfprogramms Stelvio veröffentlicht, ihr könnt und solltet sie von der Stelvio-Seite herunterladen!

Zu den Neuigkeiten, die Reto in Version 1.3 eingebaut hatte findet ihr hier die entsprechenden Informationen.

Retro der Woche 23/2023

Neben dem in der letzten Woche gezeigten ersten Preis des Andernach-2023-Kompositionsturniers gab es dort noch ein weiteres Retro, ausgezeichnet mit einer ehrenden Erwähnung. Meine Lösungsangabe orientiert sich stark an der im Andernach-Bulletin, stammt also wohl vom Autor und von Hans Gruber.

Dirk Borst
in memoriam Marco Bonavoglia Andernach 2023, Ehrende Erwähnung
Welche Schlagfälle stehen eindeutig fest? Monochromes Schach (6+9)

 

Ein paar Details können wir schon aus dem Diagramm wegen der „monochrom“ Bedingung ableiten: sSb1 und sTe1 sind Umwandlungssteine. Beide Seiten haben kurz rochiert. [Dd1] schlug [Sg8]. Weiß ist matt; die letzten Züge waren R 1.– Tc1xe1# 2.Kh2-g1 Lh4-g3+.

Beim monochromen Schach ist es häufig eine gute Lösungsidee, die weißen und schwarzen Schlagfälle auf den weißen und schwarzen Feldern zu eruieren. Das wollen wir hier auch machen; vor dem Klicken auf „weiter“ könnt ihr das ja schon einmal versuchen:

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Stelvio 1.3

Reto Aschwanden hat heute die Version 1.3 seine Beweispartie-Prüfprogramms Stelvio veröffentlicht, ihr könnt sie natürlich von der Stelvio-Seite herunterladen!

Es lohnt sich bei diesem Release ganz besonders, die Dokumentation zu lesen: Reto hat nur Parallel-Prüfen implementiert, ihr könnt also mehrere Prüfelemente gleichzeitig durchführen lassen — natürlich in Abhängigkeit von der Anzahl der Prozessor-Einheiten eures Rechners. Lest dazu Details am besten in der neuen Dokumentation!

In diesem Zusammenhang wurde auch das Lesen und Schreiben der Strategie-Untersuchungen implementiert: Dann muss auch bei mehreren Prüfdurchgängen die gelegentlich zeitraubende Suche nach Erfolg versprechenden Strategien nur einmal erfolgen.

Weitere Änderungen sollen u.a. die Qualität der Bildschirmausgabe für Linux- und MicOS Rechner verbessern.

Also ein ziemlicher Sprung, obgleich Reto “nur” die Versionsnummer hinter dem Komma hochgezählt hat!

Retro der Woche 22/2023

Bei den Treffen der Märchenschachfreunde in Andernach gibt es stets ein Kompositionsturnier, in dem meist neue Bedingungen ausprobiert oder bekannte Themen abgewandelt oder verallgemeinert werden.

In diesem Jahr war das vorgegebene Thema eines der zweiten Art: Verallgemeinerung des Maslar-Themas. Dabei zieht ein Stein A kritisch, wird von Stein B der anderen Partei verstellt, wonach die Verstellung ausgenutzt wird – und anschießend der Schlag AxB erfolgt.

In vielen Andernach-Turnieren waren Retros, speziell Beweispartien sehr weit vorn platziert, und auch in diesem Jahr war sich das Richter-Trio bernd ellinghoven, Hans Gruber und Kjell Widlert schnell einig, dass die teilnehmende Beweispartie auf den ersten Platz gehörte. Und die möchte ich heute zeigen.

Michel Caillaud
Andernach 2023, 1. Preis
Beweispartie in 16,5 Zügen (12+13)

 

Die üblichen ersten Untersuchungen einer Beweispartie-Stellung (Welche Bauernschläge sind sichtbar? Sind zumindest von einer Partie die geforderten Züge im Diagramm sichtbar oder komplett ableitbar?) funktionieren hier zunächst beide nicht — also müssen wir nach anderen Stellungsmerkmalen Ausschau halten, die uns bei der Lösungsfindung Indizien liefern.

Und das könnte, wie wir das schon gelegentlich gesehen haben, der fehlende Läufer sein, der zu Hause geschlagen werden musste.

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RIFACE am Pfingstwochenende

Hinweis 27.5.23: Die Erläuterungen zur Ausschreibung sind ergänzt worden!

Wie sich die Problem/Märchenschachwelt am Himmelfahrts-Wochenende in Andernach trifft, so findet traditionell am Pfingstwochenende das französische Problemisten statt, dieses Jahr in Genneviliers nahe Paris.

Traditionell gibt es dort ein Retro-Kompositionsturnier, das auch Nicht-Teilnehmern offen steht. In diesem Jahr geht es um eine (zumindest mir) neue Märchenschach-Art. die Ausschreibung legt auch den Einsendeschluss fest: Pfingstsonntag, 28.5.23 um 15:00 Uhr deutscher/französischer (Sommer)Zeit (UTC+2).

Übrigens: Wer sich für die Hilfsmatt- und Märchenturniere interessiert, findet die Ausschreibungen ebenfalls im Netz.

Viel Spaß und Erfolg bei der Teilnahme!

Retro der Woche 21/2023

Im Retro-Turnier des Problemist für die Jahre 1999-2000 bekam eine höchst originelle Aufgabe den dritten Preis: Sie verbindet zwei Forderungen, die den Löser zum Selbst-Lösen/Konstruieren einladen sollen. Und entsprechend lade ich euch ein, euch darauf einzulassen — irgendwie passt das auch gut, wie ich finde, zum Sonntag des Andernach-Wochenendes!

Alexander Jarosch fordert nämlich das Einfärben einer gegebenen Stellung — und deren Ergänzung zu eine Illegal Cluster: Ihr erinnert euch? Eine illegale Stellung, die durch Entfernen eines jeden Steins (außer den Königen natürlich) legal wird.

Alexander Jarosch
The Problemist 1999-2000 (5/1999), 3. Preis
Färbe die Steine und ergänze alle fehlenden Steine zu einem Illegal Cluster (0+12)

 

Für die Ergänzung zum kompletten Figurensatz sind 12 vorgegebene Steine natürlich nicht der Rekord — den haben wir uns mit nur sieben Steinen im Retro der Woche 05/2023 angeschaut.

Aber hier kommt natürlich das Einfärben hinzu, was die generelle Komplexität deutlich erhöht.

Welche Lösungsidee können wir denn entwickeln? Häufig liegen etwa illegale Mehrfach-Schachs vor, die durch Entfernung eines Steins aufgehoben oder legalisiert werden können. Recht unwahrscheinlich bei 32 Steinen, dass das funktionieren könnte.

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