In der ersten Hälfte der 1980er-Jahre begann die Blütezeit der eindeutigen Beweispartien, die heute einen qualitativ und quantitativ bedeutenden Teil der Retro-Aufgaben bilden. Eine hervorragende Dokumentation der Zeit bis etwa 1990 ist Wilts, Gerd und Frolkin, Andrej: Shortest Proof Games. The Rubic’s Cube of a Chess Player. A collection of more than 160 Shortest Proof Games. Karlsruhe: Selbstverlag 1991 — immer noch sehr zu empfehlen!
Dort findet sich als Nr. 49 auch unsere heutige Aufgabe zweier bedeutender Beweispartie-Pioniere, wobei Andrej ja auch 40 Jahre später noch aktiv.
Themes-64 1984, 3. ehrende Erwähnung
Beweispartie in 17,5 Zügen (14+15)
Schauen wir zunächst nach den fehlenden Steinen: Bei Weiß fehlt [Be2] sowie ein Turm, der c6 geschlagen wurde, bei Schwarz ist [Lc8] verschwunden.
Und dann machen wir uns Gedanken um die Zugreihenfolge, zumindest in Teilen. Besonders interessant hierfür ist der Südwesten mit wTa2 und sSa1. Beide weißen Türme können in drei Zügen nach c6 gelangen (Ta1-a3-c3-c6 bzw. Th1-e1-e6-c6) – das scheint für Th1 zu sprechen, da dann der ungeschlagene Turm nur einen Zug benötigt. Der Springer muss bereits auf a1 stehen, bevor Bb3 gespielt werden kann, was gleichzeitig [Lc1] befreit. Somit kann nicht Th1-a1-a2 erfolgt sein, sondern [Th1] benötigt drei Züge nach a2 (Th1-b1-b2-a2), also zwei mehr.
Andererseits stört wSe2 den möglichen Weg des wTh1 nach c6, der braucht also zwei zusätzliche Züge, sodass die Anzahl der Turmzüge zusammen mit den zwei zusätzlichen Springerzügen wieder pari ist. Beim folgenden Zählen mache ich es mir einfach und schlage diese beiden Züge den Türmen zu, sodass die in beiden Alternativen für sechs Züge zählen.
Bei Schwarz sehen wir 0+0+0+0+5+1=6 Züge, bei Weiß 3+2+6+3+2+2=18 – damit sind alle weißen Züge erklärt. Damit wurde insbesondere [Be2] zuhause geschlagen, und das macht [Th1] als Schlagopfer unwahrscheinlich, denn dann hätte [Sb8] auf e2 schlagen müssen, und dann wird es sehr schwer, den [Lc8] loszuwerden.
Das gilt es nun zu überlegen – und dann stellt sich vor allen Dingen die Frage, wie Schwarz dann die noch übrig gebliebenen Züge „verbummeln“ kann. Denn wenn Lxe2 erfolgt ist, muss der Läufer anschließend (nach a6) zurückziehen, um geschlagen werden zu können – oder er wird auf e2 geschlagen, und dann hat Schwarz noch eine ungerade Anzahl von Zügen übrig, da er den Schlag auf e2 nicht herauszögern kann.
Und wie kann das passieren?
Ich finde, das ist eine sehr spannende Aufgabe mit ziemlich überraschendem Trick, das Tempo zu verlieren: Das ist sehr raffiniert in den Rundlauf eingebunden, und auch sonst kann man einige konstruktive Feinheiten bewundern, etwa wie der Springerweg eindeutig gemacht wird.
Does anyone know where to get a physical copy of the Wilts/Frolkin book?
A wonderful proof game problem with the black queen triangulating Db6-Dc5-De3-Db6 before returning to d8, and with a suitable solution difficulty.