Luigi Ceriani (23.1.1894 – 8.10.1969) war der sicherlich bedeutendste Retrokomponist und -theoretiker der Mitte des letzten Jahrhunderts. Seine beiden Bücher „32 Personaggi e 1 Autore“ (1955) und „La Genesi delle Posizioni“ (1961), in blauem Leinen gebunden im Selbstverlag erschienen, zieren meinen Schach-Bücherschrank. Obgleich ich kein „Schachbuchsammler“ im eigentlichen Sinne bin, habe ich damals bei der Versteigerung des Problem-Nachlasses von Hans Hofmann eine für meine Verhältnisse Unsumme für die Bücher geboten – das musste einfach sein! („Retrograde Analysis“ besitze ich übrigens nur als Fotokopie…) Heute sind die Bände – ebenso wie ein späterer Nachdruck durch seinen Sohn – wohl komplett vergriffen und nur noch antiquarisch in Versteigerungen zu erhalten.
In seinem Todesmonat erschien das heute ausgesuchte Stück, das übrigens auch Andrey Frolkin gerade in The Problemist vorgestellt hat, in der Schwalbe, die eines seiner bevorzugten Publikationsorgane war.
Die Schwalbe 1969, 2. Preis
Löse die Stellung auf! (13+12)
Schauen wir uns die Schlagbilanzen an, so sehen wir auf beiden zunächst nur jeweils einen Bauernschlag (cxXb und hxYg). Zwei weitere Schläge durch Weiß ergeben sich durch die Struktur auf der 7. und 8. Reihe: [Lf8] wurde offenbar zu Hause geschlagen, und auch [Ta8] konnte höchsten mal in seinen Vorgarten b8 treten, ansonsten sein Grundstück aber nicht verlassen; auch er starb also in heimischen Gefilden. Darüber hinaus fehlen bei Schwarz noch die Dame sowie ein Bauer vom Königsflügel ([Bf7] oder [Bh7].
Bei Weiß ist nur klar, dass seine Dame sowie die beiden Springer fehlen, wer allerdings wo geschlagen wurde, ist aus dem Diagramm nicht ersichtlich. Also müssen wir nach anderen Indizien suchen, und die ergeben sich bei Auflöse-Aufgaben wir hier häufig aus der Frage, wie denn der meist vorhandene Retroknoten geöffnet werden könne? Hier umfasst dieser Knoten die gesamte südliche Bretthälfte.
Gelöst werden kann der Knoten nur mittels Bc2-c3, wozu allerdings der schwarze König nach unten Platz machen muss. Dafür wiederum ist ein Schutzschild auf b1 erforderlich, um die weiße Dame auf a1 abzuschirmen, die sich vorher nicht bewegen kann. Das Schild kann nur von außen implantiert werden, und das kann nur ein schwarzer Turm oder die schwarze Dame sein, die mittels Sd3xXc1 dort entschlagen werden kann. Warum geht dazu nicht R: Kc1xLc2 Lb1-c2+?
Also müssen wir zu diesem Zweck möglichst schnell einen weißen Springer entschlagen: Da haben wir schon Zeitdruck, da Schwarz kurz vor dem Retropatt steht. Andererseits sollte es nach diesen Vorüberlegungen auch nicht mehr allzu sein, die Lösung zu finden.
Sicher habt ihr gesehen, warum R: e/g6xSf5 nicht funktioniert, obwohl dies ja der frühestmögliche Springer-Entschlag wäre?
Das war eines der von Ceriani besonders geliebten Themen: Entschlag durch Offiziere, die natürlich in der Diagrammstellung erst einmal nicht so schnell zu identifizieren sind wie offensichtliche Bauernentschläge. OK, auch die können ziemlich verborgen sein, nämlich etwa bei Zickzack-Schlägen, z.B. e5xd4xe3.
I think that now this problem with 6-link captures chain has faded into the shadow of the problem with 7-link captures chain.
https://pdb.dieschwalbe.de/P0001106
A similar story with ‘going into the shadows’ happens with the next pair, too.
https://pdb.dieschwalbe.de/P0000096
https://pdb.dieschwalbe.de/P0002345
‘Die Schwalbe, 1969’ is also memorable for the appearance of 2 different tempo-winning maneuvers.
One by Luigi Ceriani (previously this tempo-winning maneuver was realized in Ortho-reconstruction form):
https://pdb.dieschwalbe.de/P0002976
https://www.yacpdb.org/#503983
The second – by Karl Fabel:
https://pdb.dieschwalbe.de/P0004898
Nice resolution retro with this chain of uncaptures: wPxPxLxTxSxD.