Heute möchte ich auf ein Thema zurückkommen, das wir hier schon einmal behandelt haben: Den Nachweis erster Züge einer Figur.
Das erscheint für Läufer und Dame aber auch für den König nachweisbar zu sein, wenn etwa im Rückspiel einer dieser Steine auf sein Ausgangsfeld zurückzieht und anschließend, etwa um den Käfig zu öffnen, ein Bauer zurückzieht und damit den Stein vollständig einschließt.
Bei Turm und Springer erscheint dies nur im Zusammenhang mit Entwandlung möglich zu sein, denn beide können nicht so wie die anderen zu Haue eingekerkert werden. Doch es gibt eine Möglichkeit des Nachweises für einen ersten Turmzug.
Die Schwalbe 2020
Erster Zug des wTf6? (14+12)
Um die Stellung aufzulösen und dabei den ersten Zug des Turmes abzuleiten, gehen wir einfach „nach Kochbuch“ vor: Schauen wir nach fehlenden Steinen und möglichen Bauernschlägen.
Bei Weiß fehlen die beiden Springer, bei Schwarz fehlen jeweils Dame, Springer, Bauer und der weißfeldrige Läufer, der achte Bauer hat sich in einen schwarzfeldrigen Läufer umgewandelt.
Drei fehlende schwarze Steine sind durch weiße Bauernschläge zu erklären: cxd und fxgxh. Der vierte fehlende schwarze Stein kann wegen der Bauernstruktur nur von einem Offizier geschlagen worden sein. Also hat wBa6 nicht geschlagen, also hat der schwarze a-Bauer die beiden weißen Springer um diesen Bauern herumgeschlagen und [Bc7] hat sich auf c1 in den zusätzlichen Läufer umgewandelt. Auch [Bd5] hat nie geschlagen, daher können wir den erstgenannten Schlag schon etwas präzisieren: cxXd6.
Nun können wir uns der Frage nach der Öffnung des Nordostknotens widmen.
Die Rücknahme eines Damenzugs funktioniert wegen illegalen Schachs nicht, cxd6 würde die notwendige Entwandlung des Zusatzläufers verhindern. Schwarz könnte nur einen Königszug zurücknehmen, aber nach R 1.– Ke4-e5 2.d2-d3+? wäre [Lc1] abgeklemmt – abgesehen davon, dass das im Moment noch ein illegales Doppelschach wäre. Also etwa zurück R 1.Ld1-e2/Lf1-e2 Kd4-e5 2. e2-e3+ wäre beides illegal: Im ersten Fall wird dauerhaft [Lf1] ausgeschlossen, im zweiten [Th1].
Wenn wir nun berücksichtigen, dass Schwarz genau zwei Züge zurücknehmen kann, nämlich die beiden Schläge mit [Ba7], sehen wir, dass wir uns beeilen müssen, um Schwarz nicht ins Retropatt laufen zu lassen.
Das kann nur funktionieren, wenn wir [Th1] so schnell wie möglich nach Hause bringen, dabei müssen wir beachten, dass Tf6 so einfach nicht wegziehen kann, da das ja ein illegales Retroschach mit sich brächte. Aber zumindest funktioniert R 1.Tf1xXf6 b6xSa5 2.O-O Ba7xSb6 3.Lf1-e2 Kd/f4-e5 4.e2-e3+. Und das beantwortet schon „fast“ unsere Frage nach dem ersten Zug des wTf6: Tf1xXf6, denn direkt davor mussten wir die Rochade zurücknehmen, was vorherige Züge des Turms ausschließt.
Sicher möchtet ihr nun „nach X auflösen“, herausfinden, was auf f6 geschlagen wurde?
Im Retro der Woche 51/2020 war ich schon auf den Aufsatz der beiden Autoren zur Untersuchung des ersten Turmzuges eingegangen, sie hatten den Artikel „Passagiertürme“ genannt, da die erste Bewegung im Rahmen der Rochade kein eigenständiger Zug ist, sondern eigentlich nur die Mitnahme durch den König.
Den dortigen Schluss-Absatz will ich hier einfach 1:1 wiederholen:
„Vor allen Dingen möchte ich euch aber den englischen, mit vielen Fotos versehenen, Originaltext ans Herz legen, auch wenn der nicht ganz einfach zu lesen ist: Die Autoren haben tolle Sprichwörter, Redenwendungen, Verballhornungen, Wortspiele zur Vogelwelt gefunden („Passagiertürme“ = „passenger rooks“ führen die beiden auf die ausgestorbene Vogelart der Wandertaube = „passenger pigeon“ zurück). Und sie weisen nicht nur bei unserer heutigen Aufgabe den möglichen letzten Zug R: 1.Tf2xLf8? als ill-eagle nach …
It seems possible to realize the following retroplay with 25 units only: 1.Tf1:Bf6 b3:Lc2 and further 2.Le4-c2 b4-b3 3.Lg2-e4 b5-b4 4.0-0 b6-b5 5.Lf1-g2 Kf4(h4)-g5 6.g2-g3+ etc.