Wie üblich gab es beim Andernach-Treffen am Himmelfahrt-Wochenende wieder ein Kompositionsturnier, und wie üblich wurde es in zwei Abteilungen gerichtet: Beweispartien und „Rest“, also alle Vorwärts-Aufgaben 😉
Gefordert waren Aufgaben mir der Bedingung Equipollentscirce: „Ein geschlagener Stein wird auf dem Feld wiedergeboren, das sich ergibt, wenn man den Zugvektor des schlagenden Steins an das Schlagfeld legt, also dem tatsächlich zurückgelegten Weg des schlagenden Steins bis zu seinem Zielfeld (selbst wenn dieses nicht mit dem Schlagfeld übereinstimmt). Ist das Wiedergeburtsfeld besetzt oder außerhalb des Brettes, verschwindet der geschlagene Stein endgültig.“ (Märchenlexikon der Schwalbe)
Der vorläufige Preisbericht beider Abteilungen kann dem Andernach-Bulletin entnommen werden. In der Zwischenzeit hat Preisrichter Hans Gruber die Beweispartien ausführlich kommentiert und dabei “Andernach-traditionell” auch noch nachtrgliche Verbesserungen berücksichtig; hiervon übernehme ich zumindest die Ideen seiner Kommentare.
Andernach 2024, 1. Preis (Version)
Beweispartie in 7,5 Zügen, Equipollentscirce (16+15)
Michel Caillaud hat sich den ersten Preis nicht nur durch eine hervorragende Aufgabe gesichert, sondern auch dadurch, dass er immer wieder Fassungen von Dirk Borsts anspruchsvoller Idee weggkocht hat…
Im Gegensatz zum „klassischen“ Circe ändern geschlagene Bauern möglicherweise ihre Linie, sodass das Auszählen von Bauernschlägen bei Equipollentscirce noch schwieriger ist als sonst. Auch können Türme, Läufer und Springer im Rahmen der Wiedergeburt ihre Feldfarbe ändern. Dennoch gelang es dem „Richterkollektiv“ in der Nacht von Samstag (Abgabeschluss: 23:59) auf Sonntag (Frühstück ab 8:00), die ursprüngliche Fassung vollständig ohne Computer-Unterstützung (beide Fassungen sind Co+) zu lösen. Hans warnt aber – und motiviert damit gleich zu eigenen Versuchen): Aber Achtung: Es gibt immer neue Hürden, die sich beim ‘Das spiele ich doch einfach herunter’ hartnäckig in den Weg stellen. (Wie konnte der [Bd7] nach a5 gelangen?) Eine zündende (zunächst paradox wirkende) Idee ist nötig.
Mit einiger Fantasie kann man vielleicht aus genügend großer Verzweiflung nach vorangehenden gescheiterten Löseversuchen auf die Idee kommen, Lc4 zu spielen. Dass der fehlende schwarze Springer mit Hilfe der Märchenbedingung den Läuferplatzwechsel bewirkt, ist besonders bemerkenswert, weil die Wegzüge der Läufer nicht wie in einigen verwandten Problemen dazu genutzt werden (und deshalb auch nicht aus diesem Grund gemacht werden), um einen Turm herauszulassen.
Nun wollt ihr sicher versuchen, selbst zu lösen, es dem Richterteam in Andernach nachzumachen — oder habe ich nun schon zu viel verraten?
Schlusskommentar von Hans: „Dass mit 8.Sxd2 der Springer beseitigt wird und somit alle Spuren verwischt werden, muss ein Geschenk von Caïssa sein, um die großartige Idee abzurunden.“ Ja, das ist der absolute Hammer, dass der Springer noch verschwinden konnte …
Im vorläufigen Preisbericht des Andernach-Bulletins steht noch die Fassung des 1. Preises, in der ein schwarzer Springer auf d2 verbleibt, und im Kommentar steht, daß es nicht gelang, den intendierten abschließenden Schlag dieses verräterischen Steins korrekt darzustellen. Wirklich toll, daß diese Krönung des Problems nachträglich doch noch erreicht wurde!