Heute möchte ich mir mit euch mal wieder einen Verteidigungsrückzüger anschauen: Bei dem versucht sich Schwarz ja (natürlich mit legalen Mitteln), gegen die Vorwärtsforderung zu verteidigen. Bei Typ Proca entscheidet die rücknehmende Partei, ob ihr Zug schlagend war und wenn ja, welcher Stein entschlagen wurde.
Gerade der Typ Proca (der Name geht zurück auf den Erfinder, den Rumänen Zeno Proca 1906-15.2.1936) ermöglicht „neudeutsches“ Plangefüge – wenn die Motive auch noch „retro-spezifisch“ sind, ist das um so erfreulicher.
Die Schwalbe 2018, 1. ehrende Erwähnung
#1 vor 18 Zügen, VRZ Proca (13+13)
Betrachten wir zunächst die Schlagbilanz, um mit diesem Wissen nach dem Hauptplan, dessen Widerlegung und dem damit notwendigen Vorplan(gefüge) schauen zu können.
Offensichtlich sind wBxc6 sowie zwei Schläge des [Bg7] bis e2. Wenn [Ba2] auf c8 umgewandelt hat, muss er dazu auch [Bh7] geschlagen haben – bzw. den Umwandlungsstein, der aus diesem Bauern auf g1 entstanden ist. Damit wären alle weißen und schwarzen Schläge erklärt. Wenn [Bh7] allerdings nicht umgewandelt hat, muss [Ba2] auf der a- oder b-Linie geschlagen worden sein, und für Schwarz bleibt kein Schlagobjekt mehr übrig.
Nun wollen wir nach dem Hauptplan schauen, der, wie es sich für ein gutes neudeutsches Problem beinahe gehört, nicht allzu schwer zu finden ist:
R 1.Kg5-h6 Th7-g7 2.Lh6-f8 & v: 1.Sxe7#, aber Schwarz kann ich besser mit R 1.– Kh7-hg! Verteidigen. Das allerdings erzwingt 2.h5xSg6+ nebst wBgxsBh, und auch bei Weiß sind drei Schlagfälle zwingend erforderlich.
Was können wir gegen diese Verteidigung tun? Wir könnten sie etwa dadurch illegalisieren, indem wir im Vorplan einen schwarzen Stein anderweitig entschlagen – damit wäre die Verteidigung wegen der Schlagbilanz nicht mehr legal.
Wer aber könnte diesen Stein wo (und: welchen Stein?) entschlagen? Dieser Stein darf ja auch keine kräftigen Verteidigungsmöglichkeiten für Schwarz zur Verfügung stellen, die dann stören könnten. Aufgrund der Stellung kann dieser schwarze Stein nur die Dame oder ein Springer sein. Da eine Dame sicher zu stark wäre, müssten wir also Ausschau halten nach einen Entschlagfeld für den Springer. Von wo aus kann der nicht aktiv ins Geschehen eingreifen?
Dafür bietet sich h1 an – aber wer könnte ihn dort entschlagen? Sicherlich nicht Lg2 oder Tg3, da das sLf1 bzw. sTf3 ins Geschehen eingreifen ließe – sicherlich nicht im Sinne von Weiß! Also bleibt nur der weiße König dafür übrig – allerdings geht das nicht sofort, da dann Schwarz einfach Kh7-g8 zurücknähme und damit das Mattnetz zerstören würde.
Also muss dieser Königsmarsch vorbereitet werden. Das aber findet ihr sicher nun selbst?
Preisrichter Hans Gruber schrieb dazu: „Ein hervorragendes Problem mit einer sehr originellen Konzeption.“ Dem stimme ich vollkommen zu: Sehr schön die retroanalytisch begründete „Stärkung“ des Schwarzen durch Weiß, um damit eine Entschlagfolge, die für eine erfolgreiche Abwehr des Hauptplans erforderlich wäre, auszuschalten.
Das Stück findet sich übrigens auch als H30 im FIDE-Abum 2016-2018 wieder.
Regrettably, the problem is cooked. We are graeful to Dimitrij Baibikov for pointing this out. See: Die Schwalbe Heft 320-4 2023, page 114; Nebenlösubg: 1.Kg5:Bh6 h7-h6+ 2.Kh6-g5 Lf-e5 3.Sb6-d5 Le5-f6 4.Sd7-b6 & v. 1.g:h7.
Hopefully, we will be able to publish a corrected version in due time (unfortunately, some other cooked Proca retractors are keeping us busy right now).
Doesn’t Sg3 instead of Rg3 prevent this cook?
In this case possible: R 1.Sb6-d5 Lf6-e5 2.Sd7-b6 Le5-f6 3.Sf5-g3 & v. 1.S:e7#.