Häufig sind die Auflöse-Retros des Italieners Luigi Ceriani (23.1.1894–8.10.1969) besonders komplex, deshalb schwer zu lösen und gelegentlich auch nur für Retrospezialisten verständlich. Doch das gilt nicht für alle Aufgaben von ihm – und heute möchte ich euch explizit zum Lösen des klassischen Retros von ihm einladen: Das Stück ist weder schwer verständlich noch sonderlich schwer zu lösen, besonders nicht nach unseren Vorüberlegungen.
Die Schwalbe 12/1939, 1. Preis Eduard Birgfeld zum Gedenken
Welches war der erste Zug des sK? (10+12)
Eduard Birgfeld (12.9.1887–7.5.1939), Chefarzt und Krankenhausdirektor, war seit Ende 1927 Vorsitzender der Schwalbe und führte sie und ihre Zeitschrift (nach den Jahren im Funkschach) in der Zeit seines Vorsitzes bis zu seinem viel zu frühen Tod mit 51 Jahren zu ungeahnten Blüten; als Vorsitzender, als Schriftleiter und als Initiator des „International Problem Boards“, des direkten Vorläufers von PCCC und heute WFCC, hat er sich um die Schwalbe und das gesamte Problemschach extrem verdient gemacht.
In Cerianis vorliegender Aufgabe ist der schwarze König durch den Turm auf f7 eingeklemmt, und die Stellung lässt sich nur auflösen, wenn ein Schutzschild auf g8 die Rücknahme von Tf8-f7 ermöglicht; der Turm muss sich dann entschlagend entwandeln (c7xXd8=T), denn der Turm kann wegen des sLc8 nicht direkt in südliche Gefilde zurückkehren.
Damit haben wir schon einen weißen Schlagfall entdeckt; ein weiterer muss auf f8 erfolgt sein, um den schwarzen schwarzfeldrigen Läufer zu beseitigen. Und dann haben wir noch den offensichtlichen Schlag e2xf3, sodass noch ein weiterer Schlag, der dann durch eine weiße Figur erfolgen musste, frei.
Bei Schwarz ist die Schlagbilanz noch einfacher: sBe5 schlug von c7 aus zweimal, sBe2 von a7 kommend viermal, womit alle fehlenden weißen Offiziere erklärt sind.
Wie kann nun die Stellung aufgelöst werden?
Schwarz kann nicht e3-e2 zurücknehmen, denn dann wären alle Schläge auf schwarzen Feldern erfolgt, und dann könnte Lf1 nicht entschlagen werden. Auch kann Weiß noch nicht d3-d2 zurücknehmen, da das Lc1 ausschließen würde. Also stehen beide kurz vor Retropatt: Weiß kann im Diagramm überhaupt nicht zurücknehmen, Schwarz nur d6xXe5 oder mit dem König pendeln, was aber gegen die weiße Zugnot natürlich nicht hilft.
Also muss Schwarz mit der Rücknahme beginnen und dabei so entschlagen, dass Weiß dafür sorgen kann, dass ein Schutzschild auf der achten Reihe, konkret auf g8 implementiert werden kann. Dass der schwarze König auf g8 einen weißen Springer entschlägt, scheitert an der Schlagbilanz.
Versuchen wir also etwa R: 1.d6xTe5 Te4xDe5 2.Da5-e5 Tc4-e4 3.Dd8-a5 Tc1-c4 4.Dg8-d8 Tf8-f7 5.f7-f6 Td8-f8 6.Df8-g8 Bc7xTd8 – und wir sind im Prinzip fertig?
Nein, denn Dame und König stehen auf der achten Reihe „falsch herum“ und können das auch nicht mehr korrigieren – illegale Stellung also!
Deshalb funktioniert nur was? Das wollt ihr sicher selbst herausfinden?!
Ich finde, ein sehr schönes Stück mit klarem Inhalt und logisch erschließbarer Lösung. Das ist für mich echte Werbung für klassische Retros!
Übrigens, als ich aufs Datum geschaut habe, fiel mir auf, dass es heute vor 12 Jahren mit dem Blog losging…
Thanks for showing us this Ceriani classic, Thomas.
And happy blog anniversary; your efforts are very impressive.
Gratulation zum Jubiläum! Es ist bewundernswert, daß Du Dich unter den wöchentlichen Druck eines “Retro der Woche” gesetzt hast – und diese Pflicht natürlich auch erfüllst. Alle Retro-Freunde sind Dir zu großem Dank verpflichtet!
Gratuliere zum Jubiläum. Dein Blog ist echt eine Bereicherung der Retro-Welt. Vielen Dank dafür! 👍
Nice retro.
Happy 12-year bog anniversary!