Bleiben wir heute doch bei den klassischen Auflöse-Aufgaben – heute ein Stück komplexer als in der letzten Woche, ein klasse Task. Nikolai Beluchow hatte das Stück „prinzipiell“ gebaut und dann an Henrik Juel und Andrej Frolkin geschickt, die jeweils ein paar Korrekturen und Verbesserungen vorschlugen – und schwupps war ein bemerkenswertes Drei-Männer-Werk entstanden, das dann im Schwalbe Jahresturnier sehr hoch ausgezeichnet wurde. Und auch der erste Preisträger des Turniers ist einen zweiten Blick wert.
Die Schwalbe 2010, 2. Preis
Letzter Zug? (14+12)
Sofort fallen einige Umwandlungssteine auf: Zwei weiße Damen sehen wir auf dem Brett, ebenso zwei weißfeldrige weiße Läufer. Und auch der sLa1 muss durch Umwandlung entstanden sein.
Betrachten wir die Schlagbilanz, stellen wir zunächst fest, dass das nahe liegende sBc4xd3 und sBb3xc2 nicht funktionieren kann, da bei Weiß neben einem Springer auch der schwarzfeldrige Läufer fehlt. Also kommt sBc2 von c7. Also schlug Weiß auf c/d überkreuz und sBd3 kommt von e8. Weiß musste dann nach axb in einen Läufer und schlagfrei auf e8 in eine Dame umwandeln. Damit sind zusammen mit gxf7 alle weißen Schläge verbraucht, sodass [Bh7] nur verschwinden konnte, nachdem dieser sich auf g1 umgewandelt hatte – und damit sind auch alle schwarzen Schläge erklärt.
Nun schlage ich vor, dass wir uns den Lösungsweg anhand des Kommentars von Löser Mario Richter anschauen:
„Die Frage nach dem letzten Zug lässt sich natürlich leicht beantworten: Tg4-g1+. Warum? Weil die einzige Alternative Sg4-e3+ den wS festzurren würde und damit Weiß des einzigen Mittels beraubt wäre, auf g3 einen Schild gegen ein wD-Schach bereitzustellen …
Letzlich läuft es darauf hinaus, dass sich die Stellung nur auflösen lässt, wenn der entschlagene Original-Lc1 heimkehrt und danach Bd2xc3 zurückgenommen wird.
Einziger Kandidat für einen entsprechenden Entschlag ist der sBg5, der dies mittels sBh6xLg5 leisten könnte. Zu diesem Zeitpunkt mus aber der sTh6 nach h5 gerutscht sein – wie um alles in der Welt kommt der wLg5 also nach c1? Einziger freibeweglicher schwarzer Stein ist der sTc1, und so unwahrscheinlich es auch erscheint, genau er ist es, der den wK auf g5 gegen seinen Kollegen auf h5 abschirmt. Da er dies als T natürlich nicht leisten kann, muss er zunächst auf g1 entwandeln.“
Damit ist die Strategie gegeben, aber die Lösung noch nicht gefunden! Wie üblich lade ich euch ein, sich selbst drum zu bemühen – zumindest eine Zeit lang, bevor ihr dann doch schaut, wenn ihr den Auflösungsweg nicht selbst gefunden haben solltet.
Mario fasste dann zusammen: „Ich habe mindestens sieben Retroschilde gezählt (neuer Rekord?!), dabei vollführt der sTa1 das bereits aus einigen früheren Stücken (z.B. Thomas Volet, 13695 Die Schwalbe 230 04/2008) bekannte Kunststück, auf denselben Feldern (hier g3 und g4) sowohl als T als auch als B als Schild zu wirken. Preisverdächtig – hat mir sehr gut gefallen.“
Und auch Hans Gruber war angetan: „Schön, wie die Figuren auf der h-Linie hin und zurück müssen, damit die Entwandlung auf g1 und der Entschlag des [Lc1] ermöglicht wird. Dabei werden weiße und schwarze Retrobatterien aktiviert. Ein gutes klassisches Retro.“
Ich vermute, dass ihr das auch so seht – und ebenso wenig wie ich verwundert seid, dass das Stück auch seinen Weg ins FIDE-Album gefunden hat.
Link to the first prize winner is to a composition from 2014. So either you linked to the wrong composition, or the year of this one is wrong.
Thanks for indication this error: The problem is the intended one, it was published in 2010. I’ve corrected “Retro der Woche 44/2016”
Thanks for reminding us of this release retro, Thomas.
Three promotions are obvious, but the fourth (g2-g1=T) is not, and the retro play is very tricky.