Die US-amerikanische Zeitschrift StrateGems, herausgegeben von Mike Prcic, musste nach 25 Jahren und exakt 100 Ausgaben zum Ende des Jahres 2022 eingestellt werden. Das war ein Riesenverlust gerade für und Retrofreunde, war die entsprechende Abteilung über die gesamten 25 unter den besten, die die Welt zu bieten hatte.
Aus dem letzten Informalturnier hatte ich bereits den ersten Preis von Silvio Baier bei den orthodoxen Beweispartien vorgestellt; heute möchte ich mit euch das zweitplatzierte Stück betrachten.
StrateGems 2022 – Ein Dankeschön an Mike Prcic, 2. Preis
Beweispartie in 30 Zügen (15+15)
Leicht zu sehen, dass bei Weiß genau ein Turm fehlt; die schwarze Bauernstellung verrät aber nichts über ein mögliches Schlagfeld. Bei Schwarz fehlt im Diagramm ein Bauer: Entweder wurde [Bf7] auf f3 geschlagen — dann starb der weiße Turn irgendwo auch der f-Linie, vom [Bg7] geschlagen, oder ein Offizier hat sich auf f3 geopfert und [Bg7] den durch Umwandlung ersetzt. In diesem Fall können wir wieder noch nichts über das Sterbefeld des weißen Turms aussagen.
Versuchen wir einmal, die schwarzen Züge zu zählen: Dabei kommen wir auf 3+2+5+8+5+5=28. Bei König und den Türmen bin ich von der langen Rochade ausgegangen: Egal, welcher Turm auf c7, welcher auf h3 steht, beide brauchten zwei bzw. drei Züge dorthin — nach c7 unabhängig davon, ob lang rochiert wurde oder nicht. Die Rochade allerdings spart einen schwarzen Königszug.
Sagt uns dieses Zählen schon etwas über unsere beiden Alternativen bezüglich Umwandlung oder nicht? Bei den 28 Zügen sind noch zwei frei – und das schließt die Möglichkeit f7>f3, gxf3 und g7xTf>f4 aus, denn dann brauchte der fehlende Bauer drei Züge zum Sterben – die aber stehen ihm nicht zur Verfügung!
Also Umwandlung — in was? Für die Umwandlung sind natürlich fünf Züge erforderlich, wir müssen also bei den „sichtbaren“ Steinen einsparen. Für den sLh1 haben wir fünf Züge gebraucht, um von c8 dorthin zu gelangen – ein Bauer von g7 würde genau so lange brauchen. Dann haben wir die beiden noch freien Züge für Lc8-b7-f3, und die 30 schwarzen Züge sind klar. Gleichzeitig ist damit nachgewiesen, dass wir wirklich die Rochade einplanen müssen.
Auch ist damit klar, dass der fehlende weiße Turm auf h1, h2 oder h3 geschlagen werden musste, da ja [Bg7] die Felderfarbe wechseln musste, die Umwandlung nur auf h1 stattfinden konnte.
Weiß hat einige sichtbare Züge gemacht (2+0+0+5+3=10), aber was passierte mit den restlichen 20 Zügen? Gibt es dafür Anhaltspunkte? Vielleicht verrät der La6 etwas im Zusammenhang mit der langen Rochade – stört der die nicht? Wer oder was könnte gegen diese Störung helfen?
Vielleicht habt ihr damit eine Idee und wollt jetzt das Lösen versuchen? Allerdings auch mit dieser Idee ist besonders der Anfang nicht leicht zu finden — ab etwa der Hälfte der Lösung wird es einfacher, hatte ich den Eindruck!
Hans Gruber schrieb zu diesem Stück: „Über den 17-zügigen Rundlauf des [Th1] kann, darüber, dass er dann auf h1 geschlagen wird, muss man staunen.“
Eine wirklich tolle Aufgabe, und Preisrichter Vlaicu Crisan hatte mit den insgesamt 55 Retros dieses letzten Jahrganges ob der immens hohen Qualität eine angenehm schwere Aufgabe!
Die Aufgabe erinnerte mich sofort an die bekannte https://pdb.dieschwalbe.de/P1000010. Diese Art von Schachschutz hatte noch eine Reihe von Nachfolgern. Die Kultivierung des Turmrundlaufs fand wohl im Geburtstagsturnier zweier Schwalbepräsidenten ihren Höhepunkt: https://pdb.dieschwalbe.de/P1388822. Insofern finde ich den Rundlauf des Turms nicht mehr übermäßig aufregend. Der Tempozug Tf1 ist natürlich nett. Der Schlag des Turms hebt die Aufgabe jedoch auf ein neues Niveau und ist aus meiner Sicht überaus bemerkenswert – sprich fidealbumwürdig. Dass es mit Partiesatzmaterial funktioniert = der Weg des Lc8 nach h1 zu lang ist, ist ein sehr glücklicher Fund.
There’s also https://pdb.dieschwalbe.de/P1004020 by Satoshi Hashimoto, who showed the theme for the first time captureless.
Amazing proof game problem.