Nach dem Glückwunsch hier an Thierry Le Gleuher zu seinem Geburtstag am letzten Donnerstag möchte ich euch heute eine meiner Lieblings-Beweispartien überhaupt zeigen – ihr ahnt jetzt den Autor sicher schon?!
Bevor ich mit euch zusammen die Aufgabe genauer anschaue, will ich ausnahmsweise vorab das Thema verraten, das für das Turnier gefordert war: „Unsichtbarer Platzwechsel“. Ratet doch einmal, welche zwei Steine diesen Platzwechsel durchführen?
Lois-60-Geburtstagturnier 2007, 1. Preis
Beweispartie in 21 Zügen (14+15)
Bei Weiß fehlen die beiden Zentralbauern, bei Schwarz die Dame. Die Bauernstellung verrät recht wenig – sie sagt uns nur, dass auf c6 keiner der beiden fehlenden weißen Bauern geschlagen werden konnte: Wenn, könnte es sowieso nur [Bd2] gewesen sein, der hätte dxD auf der c-Linie spielen müssen. Aber da stand [Bd7] noch zu Hause, also konnte die Dame sich noch nicht „draußen“ opfern. Also muss mindestens ein weißer Bauer umgewandelt haben, um das Schlagopfer auf c6 zu ersetzen – das Phoenix-Thema haben wir also schon erkannt.
Nun zählen wir die sichtbaren weißen Züge: 2+0+5+2+3+0=12. OK, wir wissen, dass Weiß umgewandelt hat UND der Umwandlungsstein mindestens zweimal gezogen haben muss. Damit sind wir bei 19. In zwei Zügen muss dann noch der geopferte Stein nach c6 gebracht werden -– und die Dame muss für [Ta1] Platz machen.
Das würde mindestens drei Züge erfordern, wären das unterschiedliche Steine –- also muss sich die weiße Dame auf c6 geopfert haben und schließlich wiedererstanden sein. Da sie auf d1 steht, erkennen wir auch das Pronkin-Thema.
Aber kann die Dame überhaupt in einem Zug vom Umwandlungsfeld d8 nach d1 gelangt sein? Wir haben schon gesehen, dass die Dame dem a-Turm Platz machen muss. Das allerdings muss auch [Sb1], der nach d2 gezogen hat. Also muss d1 frei und d2 besetzt sein, wenn Weiß Ta1-e1 spielt. Damit ist die d-Linie für Dd8-d1 verstopft. Nebenbei: Damit sind alle weißen Züge verbraucht – Be2 wurde also zuhause geschlagen!
Die Umwandlungsdame muss nun, um in zwei Zügen nach d1 kommen zu können, auf c8 umgewandelt haben – und das heißt, dass der Umwandlungszug d7xDc8=D gewesen sein muss, um über g4 in die Pseudo-Heimat zu gelangen.
Der Umwandlungszug wirft allerdings noch eine ganz andere Frage auf: Wie konnte der schwarze König vor sehr unangenehmen Schachgeboten des [Bd2] und/oder der umgewandelten Dame geschützt werden?
Habt ihr eine Idee? Dann löst und staunt…
Wer hätte damit beim ersten Blick aufs Diagramm gerechnet? Das ist echter “Platzwechsel hin und zurück“, Lois-Thema.
Wenn also bei euch im Schachverein mal wieder jemand sagt, er habe auf dem Brett schon alles gesehen, so zeigt ihm diese Beweispartie! Wahrscheinlich wird er anschließend sagen: „Jetzt habe ich aber wirklich alles gesehen!“
Und die Punktzahl von 9,5 für diese Aufgabe im FIDE-Album erscheint mir eher niedrig…