17. ECSC und Retro-Löseturnier

Am letzten Wochenende (19. bis 21. April) fand an der FernUniversität in Hagen, organisiert vom dortigen Mathematik-Professor Torsten Linß, die 17. Löse-Europameisterschaft (ECSC) statt. In dem Rahmen gab es auch Löseturniere für Märchenschachaufgaben (Sieger: Thomas Maeder) und Retros (Sieger: völlig überraschend 🙂 Michel Caillaud).

Zu allen Turnieren findet ihr die Ergebnisse sowie alle Aufgaben und Lösungen auf der ECSC-Seite. Damit könnt ihr in den virtuellen Wettbewerb mit den Teilnehmern in Hagen treten!

Eine der zu lösenden Retros möchte ich euch hier “für zwischendurch” anbieten:

Pavel Kamenik
The Problemist 1996
Beweispartie in 14,0 Zügen (15+12)

 

In einer Woche gibt es hier die Lösung! (Also nicht vorher in den Aufgaben nachschauen…)

Für alle, die noch nicht gespickt hatten:

Lösung


Retro der Woche 17/2024

In der letzten Woche hatten wir hier eine Schach-960-Beweispartie von Per Olin studiert, heute möchte ich euch ein Gemeinschaftswerk von ihm mit Joaquim Crusats vorstellen, in der die beiden die Partieausgangsstellung verraten: Es ist die „normale“!

Joaqium Crusats & Per Olin
Die Schwalbe 2020 Werner Keym gewidmet, Lob
Beweispartie in 23,0 Zügen (14+15)

 

Betrachten wir erst einmal die fehlenden Steine: Insgesamt fehlen genau drei Läufer; dazu passen auch deren sichtbare Schlagfelder, die wir wegen der eindeutigen Felderfarben auch direkt den fehlenden Läufern zuordnen können: [Lc1] starb auf g5, [Lf1] auf c6 sowie [Lf8] auf h5. Damit kommen wir auf drei erforderliche Läuferzüge sowohl bei Schwarz als auch bei Weiß.

Dieses Wissen können wir direkt in die Zählung der sichtbaren Züge integrieren: Wir sehen bei Weiß 0+0+5+0+5+4=14 Züge, bei Schwarz 3+0+5+3+2+5=18 Züge; wir können aber noch jeweils drei Läuferzüge hinzurechnen, kommen also auf 17 bzw. 21 Züge.

Weiterlesen

17. ECSC

Am heutigen Freitag beginnt an der Fernuniversität in Hagen die 17. Europameisterschaft im Lösen von Schachproblemen (ECSC).

Heute geht es los mit dem Open, am Samstag und Sonntag findet der erste bzw. der zweite Teil des offiziellen Lösewettkampfs statt, und am Samstagnachmittag gibt es noch Löseturniere für Märchenschach-Aufgaben und für Retros.

Das genaue Programm findet ihr auf der ECSC-Seite. Und ihr könnt euch natürlich darauf verlassen, dass ich speziell auf das Retro-Löseturnier hier noch eingehen werde…

Retro der Woche 16/2024

Auch unter den Partieschächern erlebt Schach-960 – heute gelegentlich unter den kuriosesten „Marketing-Namen“ – eine Renaissance, und attraktive Probleme mit dieser „orthodoxen Bedingung“ (die Regeln sind in den offiziellen FIDE Schachregeln definiert) gibt es sowieso. Eines davon möchte ich euch heute vorstellen. Wir erinnern uns an die Regeln für die Partieanfangsstellung (PAS): Die erste Reihe wird mit den acht weißen Offizieren zufällig besetzt mit den Einschränkungen, dass die Läufer auf Feldern unterschiedlicher Farbe und der König irgendwo zwischen den Türmen steht. Ansonsten ist es „orthodoxes Schach“, selbst mit unveränderten Rochaderegeln. Die schwarzen Offiziere stehen dann spiegelsymmetrisch.

Bei Beweispartien muss normalerweise die PAS abgeleitet werden – also wie schon in der letzten Woche allerdings völlig andere Synthese aus Retroanalyse und Beweispartien.

Per Olin
Die Schwalbe 2020, 1. ehrende Erwähnung
Beweispartie in 19,0 Zügen, Schach-960 (16+16)

 

(Bei der Lösungsangabe habe ich mich an der des Autors orientiert.)
Zählen wir die minimale weiße Zügezahl nach Gruppen:a) Bauern 2, b) Springer 4, c) die Diagonalfiguren D, L, L: g2-g3 kommt vor f2-f3, was dem weißen weißfeldrigen Läufer den Zug ermöglicht. f3 mobilisiert den schwarzfeldrigen Läufer; der schwarze Zug b6 muss geschehen, bevor der wL nach b7 kommt. Den wL in einem einzigen Zug nach b7 zu ziehen, bevor f3 und nachdem b6 gespielt wurden, würde die Wege für wD nach a6 und/oder wL nach c7 zu sehr verlängern; daher kommt der Läufer in mindestens zwei Zügen nach b7, und dies geschieht, nachdem wD und wLc7 ihre Diagrammfelder erreicht haben. Das schwarze c5 muss erfolgen, wenn der schwarzfeldrige wL auf b6 steht, und dem muss wD a6 vorausgehen. Der wSh5 und der weißfeldrige Läufer haben auf f1 und h1 gestanden, so dass e1 und g1 für wD und wden anderen wL übrig bleiben. Die Figur, die auf g1 beginnt, braucht zwei Züge und die Figur, die auf e1 beginnt, drei Züge. Dies ergibt ein Minimum von 7 Zügen für die diagonalen Figuren. d) K, T, T: Da bei minimaler Zugzahl die vier Felder e1-h1 die Anfangsfelder der drei Diagonalfiguren und wSh5 sind, beginnen der König und die Türme irgendwo auf a1-d1. Weiß spielt die g-Rochade, zieht den König nach e3, Tf1-f2; nach g2 zieht der andere Turm, der auf der linken Seite des Königs begann. Das bedeutet mindestens 6 Züge, so dass die Gesamtzahl der Züge gemäß unserer Rechnung 2+4+7+6=19 beträgt – alle weißen Züge sind erklärt.

Weiterlesen

Erinnerung(en)

Heute in einem Monat, am Himmelfahrtstag, am 9. Mai 2024, beginnt traditionell das Problemschachtreffen in Andernach, auf dem sich übrigen nicht nur Hardcore-Märchenschächer wohlfühlen, sondern auch orthodoxe Problemisten! Wer also Lust und Zeit hat, sollte sich ein Quartier in Andernach oder Umgebung suchen und vorbeikommen Und wer mag, ist herzlich eingeladen, auch inhaltlich beizutragen, etwa mit einem Vortrag?! Kurze Info an mich wäre prima!

Und wo wir gerade dabei sind: Gerade in diesem Jubiläumsjahr (100 Jahre Schwalbe) ist das Schwalbe-Jahrestreffen in direkter Nähe des Gründungsortes, am langen Feiertags-Wochenende vom 3. bis 6. Oktober, organisiert vom Schwalbe-Vorsitzenden eigentlich eine Pflichtveranstaltung für jede Schwalbe?!

Details findet ihr in den verlinkten Hinweisen!

Retro der Woche 15/2024

Ziemlich bald nach dem absoluten Zusammenbruch, nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erschienen 1946 bereits wieder – teilweise improvisiert – die ersten Problemschachzeitungen in Deutschland. Carl Schrader hatte die Druckgenehmigung der britischen Militärbehörde in Hamburg für den Neustart der Schwalbe erhalten, und am 1. Oktober diesen Jahres erschien auch die erste Ausgabe von „Schachmatt“ als einzelne, handgeschriebene und handgezeichnete und dann hektographierte Blätter, herausgegeben und produziert von Albert H. Kniest; Schachmatt widmete sich, wen wundert das bei dem Herausgeber, hauptsächlich dem Märchenschach.

Mit Blatt 74 stellte sich Karl Fabel am 21. März 1948 als „Bearbeiter für das Retrogebiet“ vor; von und bei ihm erschienen mehrere hochinteressante Artikel. In der Folge „Retro-Rekorde für jedermann!“ griff er ein halbes Jahr später zunächst eine eigene Idee aus dem Jahr 1934 auf, die dann Ende 1948, am Geburtstag des neuen Mit-Herausgebers Peter Kniest, verallgemeinert vorstellte.

Schauen wir uns eine Aufgabe mit dem gegebenen Thema an:

Hugo August
Schachmatt 15.12.1948
33 Einzelzüge, 14 ableitbar (15+12)

 

Die Stellung schaut eher nach einer Beweispartie aus, und das war auch die Idee: Es sollten (nicht-eindeutige) Beweispartien konstruiert werden, bei denen eine Anzahl letzter Züge retroanalytisch eindeutig ableitbar waren. Das ist bei „normalen“ Beweispartien ja nicht der Fall: Allein durch die zeitliche Beschränkung wird die Zugfolge eindeutig; hier geht es aber darum, ohne diese Zugvorgabe eine möglichst hohe Anzahl an eindeutigen letzten Zügen zu erreichen, dabei soll dann eine mögliche Beweispartie, die zu der „u.s.w.-Stellung“ führt, möglichst kurz sein.

Hier ist also nach den letzten 14 eindeutigen Einzelzügen gefragt; die dann resutierende Stellung soll in 33-14=19 Einzelzügen erspielbar sein. Das Verhältnis der Gesamtzügezahl zur Anzahl der eindeutigen soll möglichst klein sein; hier haben wir 33:14=2,36.

Weiterlesen

Retro der Woche 14/2024

Heute möchte ich auf ein Thema zurückkommen, das wir hier schon einmal behandelt haben: Den Nachweis erster Züge einer Figur.

Das erscheint für Läufer und Dame aber auch für den König nachweisbar zu sein, wenn etwa im Rückspiel einer dieser Steine auf sein Ausgangsfeld zurückzieht und anschließend, etwa um den Käfig zu öffnen, ein Bauer zurückzieht und damit den Stein vollständig einschließt.

Bei Turm und Springer erscheint dies nur im Zusammenhang mit Entwandlung möglich zu sein, denn beide können nicht so wie die anderen zu Haue eingekerkert werden. Doch es gibt eine Möglichkeit des Nachweises für einen ersten Turmzug.

Andrej Frolkin & Andrew Buchanan
Die Schwalbe 2020
Erster Zug des wTf6? (14+12)

 

Um die Stellung aufzulösen und dabei den ersten Zug des Turmes abzuleiten, gehen wir einfach „nach Kochbuch“ vor: Schauen wir nach fehlenden Steinen und möglichen Bauernschlägen.

Bei Weiß fehlen die beiden Springer, bei Schwarz fehlen jeweils Dame, Springer, Bauer und der weißfeldrige Läufer, der achte Bauer hat sich in einen schwarzfeldrigen Läufer umgewandelt.

Drei fehlende schwarze Steine sind durch weiße Bauernschläge zu erklären: cxd und fxgxh. Der vierte fehlende schwarze Stein kann wegen der Bauernstruktur nur von einem Offizier geschlagen worden sein. Also hat wBa6 nicht geschlagen, also hat der schwarze a-Bauer die beiden weißen Springer um diesen Bauern herumgeschlagen und [Bc7] hat sich auf c1 in den zusätzlichen Läufer umgewandelt. Auch [Bd5] hat nie geschlagen, daher können wir den erstgenannten Schlag schon etwas präzisieren: cxXd6.

Nun können wir uns der Frage nach der Öffnung des Nordostknotens widmen.

Weiterlesen

Retro der Woche 13/2024

Bleiben wir heute noch einmal bei den Aufgaben von Satoshi Hashimoto, den ich ja vor zwei Wochen bereits noch einmal vorgestellt hatte. Auch das heutige Stück finde ich wieder höchst interessant – auch weil es mal wieder mit unseren Erwartungen, unserer Intuition spielt.

Satoshi Hashimoto
Die Schwalbe 2001
Beweispartie in 23,5 Zügen (15+14)

 

Schauen wir zuerst einmal, welche Steine fehlen? Bei Weiß steht nur noch ein Springer auf dem Feld, bei Schwarz nur noch ein Turm, ferner fehlt ihm ein Bauer. Die fehlenden schwarzen Steine wurden eindeutig geschlagen dxTc3 und gxBf3, denn der fehlende schwarze Bauer konnte nicht auf die c-Linie gelangen. Also muss „irgendwo“ auch exf geschehen sein, und das Schlagopfer kennen wir auch: Das muss der Springer gewesen sein.

Der kann auf einem der Felder f3 bis f6 geschlagen worden sein, am „zugökonomischten“ wäre auf f3, da Weiß dann nur zwei Züge dafür benötigt – falls zu dem Zeitpunkt d2 schon frei ist. Ansonsten würde sich f4 anbieten mit drei erforderlichen weißen Zügen, die ebenfalls eindeutig wären: Sc3-d5-f4.

Weiterlesen