Nachdem wir uns in den letzten Wochen hier intensiv mit ziemlich neuen Aufgaben beschäftigt hatten, wollen wir heute auch zeitlich einen echten “Blick zurück” werfen: Das Jahr 1972 — ich kann mich noch gut an die olympischen Spiele in München erinnern, an die wirklich fröhlichen Spiele bis zu dem grausamen Attentat auf das israelische Olympiateam, bis zu dessen schreckliches Ende in Fürstenfeldbruck.
In diesem Jahr, in diesem September erschien das heutige Stück, dessen eigentliche Geschichte aber noch weiter zurückgeht.
The Problemist 1972
#1 vor 35 Zügen, Hilfsretraktor (11+12)
Hier spielen also Weiß und Schwarz abwechselnd Züge zurück, sodass nach der 35. Rücknahme von Weiß dieser einzügig Matt setzen kann. Und Schwarz hilft mit seinen Rücknahmezügen dabei, solch eine Stellung herbeizuführen.
Wir sehen gleich, dass Schwarz mit der Rücknahme beginnen muss, da der weiße König im Diagramm im Schach, sogar matt ist. Also nimmt Schwarz Tc7-c8# zurück — kann er dabei auf c8 geschlagen haben?
Zunächst einmal sehen wir, dass sowohl Weiß als auch Schwarz viermal mit ihren Bauern geschlagen haben: Schwarz bxc, dxc und fxexd, Weiß b2xc3xd4xe5 und h5xg6.
Dabei kann der [Ba2] nicht durch einen Bauernschlag verschwinden, er kann auch selbst nicht geschlagen oder schlagfrei umgewandelt haben — er wurde also von einem schwarzen Offizier geschlagen, und damit sind alle fehlenden Steine geklärt.
Und es ist klar, dass bei der ersten Rücknahme nicht entschlagen werden kann.
Weiterhin erkennen wir, dass sBg5 von g7 kommt und der schwarze h-Bauer schlagfrei auf h1 umgewandelt haben muss. Deswegen können nun im Diagramm keine Bauernzüge zurückgenommen werden.
Nach der offensichtlichen Rücknahme des ersten schwarzen Zuges ist Weiß bis auf seinen König, der noch zwischen b8 und a8 pendeln kann, komplett eingeklemmt. Aber auch bei Schwarz ist nur der König beweglich, der, um im Nordwesten des Bretts eine Mattmöglichkeit bereitzustellen, Weiß zunächst Tempi verschaffen muss, um damit eine Umgruppierung mit Entschlag des weißen Mattsteins zu ermöglichen.
Und wie kann der König dem Weißen nun Tempozüge verschaffen? Das ist nach unseren Überlegungen von oben gar nicht so fernliegend, das wollt ihr nun sicherlich selbst finden?
Ich hatte es schon angedeutet: Das Stück hat schon eine längere Geschichte: Sie ist die Korrektur einer Gemeinschaftsaufgabe von Hugo August und Karl Fabel aus der Fairy Chess Review vom Dezember 1946, die es ins FIDE-Album 1945-1955 schaffte; Anfang der 1970er Jahre hatte darin J. G. Mauldon einen zerstörerischen Dual in den letzten zwei Rücknahmen entdeckt. Aber auch diese Aufgabe basierte auf einem noch früheren Stück, nämlich einem Matt vor 25 Zügen aus der Schwalbe August/September 1942, Nr. 6710 — übrigens Anlass zu einem Aufsatz Fabels in diesem Heft.
Ein klassisches Beispiel für das Thema “fortgesetzte Verbesserung”…
Compare also with N. Hoeg (https://pdb.dieschwalbe.de/P0001754), where the retro play is dualistic.
Very nice indeed.
“Ein klassisches Beispiel für das Thema ‚fortgesetzte Verbesserung‘…” This is the way to go, even if the path becomes increasingly slower.